Promenadendeck
was! An Deck sind an die hundert Leut.«
»Ist so ein großer Blonder neben ihr oder in der Nähe? So'n Typ ›Jede Frau gehört mir‹?«
»Nix g'sehn.« Pflugmair ließ den Kronenkorken springen. »Geht's fremd, dei Prachtstück?«
»Ich weiß es nicht.« De Jongh trank jetzt langsamer sein Bier. Schluck für Schluck, mit Genuß. »Dieser Kerl ist immer in ihrer Nähe, tanzt mit ihr, natürlich nicht, ohne mich vorher zu fragen, sie schwimmen zusammen im Pool … Wenn ich nur wüßte, ob hinter meinem Rücken mehr ist …«
»Wär das schlimm?«
»Pflugmair, ich liebe Sylvia. Wer einmal in ihren Armen gelegen hat, ist wie mit Rauschgift vollgepumpt.«
»Das glaub i dir sofort.«
»Einmal habe ich sie überrascht, wie sie mit dem Kerl auf dem FKK-Deck gelegen hat.«
»Ganz nackert?«
»Ganz. Ich bin wieder weggeschlichen. Sie wissen nicht, daß ich sie beobachtet habe. Sie lagen nebeneinander in der Sonne. Natürlich waren um sie herum andere Sonnenanbeter, aber immerhin: Sie kennen sich jetzt nackt. Das läßt mir keine Ruhe. Und da muß dieser dämliche Überfall in Cusco kommen. Sie läuft frei herum, und ich lieg fest im Bett. Das bringt mich fast um.«
»Soll i für dich auf sie aufpassen?« Pflugmair wedelte mit der dicken Hand durch die Luft. »I tu ihr bestimmt nix. Mit sechzig bin i sowieso zu alt für sie, und mei drei Zentner Schlachtgewicht sind nur was für Expertinnen.«
Er lachte dröhnend und trank jetzt aus der Flasche. De Jongh schloß einen Augenblick die Lider und dachte nach. »Wenn Sie das wirklich für mich tun würden, Pflugmair …«
»I bin der Theo …«
»Also gut, Theo, ich bin der Knut.«
»Knut? O mei! A zweihundertprozentiger Preuß! Aber dafür kannst nix. Verlaß dich drauf – i lass' sie nicht mehr aus den Augen.«
»Aber nachts, Theo …«
»Das hab'n wir schnell. Wenn i von der Bar in mei Kojen gehe, lauf i bei deiner vorbei und klopf an die Tür. Wenn's von drinnen ruft: ›Wer ist denn da?‹, ist alles in Ordnung … Kabinennummer?«
»147.«
»Vornehm!«
»Und du?«
»Nummer 442. Ganz unten. Sind alle gleich, die Kabinen. Gleich groß, gleiche Einrichtungen, gleicher Service. Nur unten ist es einige tausend Märker billiger. Vom Rechnen und Sparen bin i wer geworden. Das begreifen mei Söhn' nicht, sie spielen Playboys. Deshalb kriegen sie auch nix von der Fabrik. Nicht einen Stein!«
»Und wer soll sie übernehmen?«
»Eine Stiftung wird das. An die Kirche. I bin a gläubiger Mensch, Knut. Und du?«
»Ich nicht, Theo.« De Jongh kam zum Thema zurück. »Und wenn du klopfst und sie ist nicht in der Kabine?«
»Dann geh i im Schiff suchen. Ist sie nirgends zu finden, hast du den Beweis: Sie bumst in a anderen Kabine. I kenn jeden Winkel vom Schiff, das sag i dir. Da geht mir nix aus. Das ist meine zehnte Reise auf der Atlantis. Der Kapitän will deswegen a kleines Fest geben.« Er sah de Jongh nachdenklich an. »Was machst du, wenn deine Sylvia wirklich bumst?«
»Ich bringe sie und den Kerl um!«
»Falsch, Knut, falsch! Was hast davon? Drei bis fünf Jahre wegen Totschlag im Affekt, die kriegst allemal. Und die brummst du ab. Wennst wieder hoam kommst, ist alles im Arsch. Deine Fabrik, dein Ansehen – du bleibst a Mörder! Mach's anders: Bums auch!«
»Es gibt keine Frau mehr wie Sylvia. Und wenn deine Frau fremdgeht?«
»Tut sie. Tut sie. I bin doch kein Depp, daß i glaub, sie liegt an der Riviera nur im Sand. Die kauft sich an Pappagallo und dann – juchhe! ist mir Wurscht. Mei Ruh will i hab'n und mit der Atlantis fahren. I war schon dreimal auf dieser Tour. Südpazifik. I kenn hier alles.«
»Und ich sehe nichts, nur was vor dem Fenster ist. Eine Scheiße, was? Aber das sag ich dir: Sobald ich wieder kriechen kann, komm ich an Deck. Soll Dr. Paterna ruhig brüllen: ›Auf ihre Verantwortung!‹ – Ich übernehme sie. Sogar schriftlich.«
»Bis dahin mach i Schatten bei deiner Frau.« Theodor Pflugmair reichte de Jongh die Hand. Der schlug ein und nickte. »Du bist der erste Preuße, den i mag, kruzitürken noch mal!« sagte Pflugmair.
Von da an war de Jongh sichtlich beruhigt. Sylvia stand unter Bewachung, Tag und Nacht, und er wünschte sich innigst, daß Pflugmair nie kommen würde und sagte: »I hab sie erwischt …«
Der obligate Cocktailempfang des Kapitäns für die neuen Passagiere war vorüber. Auch das Begrüßungs-Galadinner war durchgestanden. Der Kapitänstisch mit den beiden Vorstandsehepaaren verhieß schon jetzt, eine
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