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Promenadendeck

Promenadendeck

Titel: Promenadendeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Ehemänner mit tödlichen Rachegedanken.
    Was will man noch mehr von einer fröhlichen Kreuzfahrt?

13.
    Eine der auffallendsten Erscheinungen unter den neuen Passagieren, die in Valparaiso an Bord gekommen waren, war Theodor Pflugmair, Stoßdämpferfabrikant aus dem bayerischen Moosbruch. Dieser winzige Ort lebte hauptsächlich von der Arbeit in Pflugmairs Fabrik und den landwirtschaftlichen Nebenbetrieben – wie es so schön in der Amtssprache heißt – und verdankte das nur dem Umstand, daß Theodor Pflugmair hier geboren worden war und einen überschwenglichen Heimattrieb geerbt hatte. Die Pflugmairs wurden schon in der Dorfchronik von 1367 erwähnt, und im Dreißigjährigen Krieg hatte es einer von ihnen sogar bis zum Hauptmann gebracht, geriet in Gefangenschaft und wurde von den Schweden gehenkt. So kam es, daß einige Jahrhunderte später Theodor Pflugmair fast die ganze Welt kannte, aber sein Fuß nie Schweden betreten würde. Er hatte seinen Kraftfahrzeugmeister gemacht und sich immer wieder so sehr über die Stoßdämpfer aufgeregt, die durchschlugen, daß er auf der grünen Wiese hinter dem Familiensitz eine Fabrik gründete. Innerhalb von dreißig Jahren waren die › PM -Stoßdämpfer‹ in der Branche zu einem Begriff geworden, Pflugmair mehrfacher Millionär und der kleine Ort Moosbruch eine wohlhabende Gemeinde.
    Jedermann betete, daß Pflugmair noch recht lange leben möge, denn seine beiden Söhne zeigten kein Interesse an Stoßdämpfern, und die einzige Tochter hatte einen ›artfremden‹ Kerl geheiratet: einen Importeur für Ostasien und Preuße dazu. Für Pflugmair ein wahrer Schicksalsschlag. Und das mit dem ›recht lange leben‹ war auch ein Problem, denn Theodor fraß wie ein Wildschwein und soff wie ein Elefant. Allerdings: Zum Erstaunen der Ärzte hatte er weder eine Arterienverkalkung noch eine Fettleber und schon gar keinen Diabetes. Vom Medizinischen her hätte er längst ein Wrack sein müssen – das Gegenteil war der Fall. Es war Pflugmairs große Nummer, bei der Kirmes – in Moosbruch Kirchweih genannt – den Winderer-Stein, einen gewaltigen Findling, zehn Zentimeter vom Boden zu ziehen, was allgemein als Weltrekord angesehen wurde. Viermal hatte man ihn für das ›Guinness-Buch der Rekorde‹ gemeldet, aber er war nie darin aufgenommen worden. »Wer macht das Buch?« hatte Pflugmair gebrüllt. »Na, wer schon? Preußen!« Damit war der Fall für ihn erledigt.
    Der einzige Luxus, den er sich gönnte, waren Kreuzfahrten auf der Atlantis. Er war geradezu süchtig darauf, mindestens drei Monate im Jahr, verteilt auf zwei Reisen, über die Planken zu donnern, er kannte jeden der Besatzung, war spendabel mit seinen Trinkgeldern, traf immer wieder Freunde auf dem Schiff und hatte rund um die Welt eine Menge Leute kennengelernt. Zwar hatte er schon ein paarmal einen kleinen Ausrutscher gemacht und andere Schiffe gebucht, war aber immer reumütig zur Atlantis zurückgekehrt und sagte zu Kapitän Teyendorf: »Es geht nichts über Ihren Kahn!« Er war vielleicht der einzige, der Teyendorfs Schiff als ›Kahn‹ bezeichnen durfte, ohne in Ungnade zu fallen. Sein ›Besatzungsabend‹ im Kino bei jeder Fahrt war berühmt: Er zeichnete die Rechnung ab, ohne draufzublicken.
    Die jetzige Reise bescherte ihm von Valparaiso bis Sydney ein besonderes Erlebnis. Zum erstenmal nämlich traf er auf einen Preußen, der genauso beherrschend war wie er: Knut de Jongh. Zwar lag de Jongh zur Zeit im Hospital und würde dort auch noch eine Weile bleiben, aber Pflugmair, der natürlich sofort von der Messerstecherei erfuhr, bekam von Dr. Paterna die Erlaubnis, de Jongh zu besuchen. Und damit begann eine erstaunliche Koexistenz zwischen Bayern und Preußen.
    Kurz vor den Osterinseln erschien Pflugmair im Krankenzimmer, stellte sich ans Fußende des Bettes und starrte den Verletzten an. De Jongh wiederum musterte den dicken Pflugmair mit mißtrauischen Blicken. Man hätte die Spannung knistern hören müssen.
    »Morjen!« sagte Pflugmair endlich. Er bemühte sich, hochdeutsch zu sprechen. Bis auf Kleinigkeiten gelang ihm das auch. »So a Messer ist schnell, was? Schneller als a große Schnauzen. I hab g'hört, Sie wollten die Indianer ausrotten. Immer die Preuß'n!«
    »Sie können mich kreuzweise!« antwortete de Jongh erwartungsgemäß. »Was sind denn Sie für'n Clown?«
    »Pflugmair!«
    »So seh'n Sie auch aus.«
    »Mi hat noch niemals nie einer ang'falln, sag i! Weil i ka Protz bin, verstehst

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