Promenadendeck
wahr ich der Ältere von uns beiden bin.
»Knut!« sagte draußen Sylvia betroffen. »Wo kommst denn du her? Ich denke, du übst am Trimmrad?«
»Alles Scheiße! Setze mich auf das Ding, stelle es auf größten Widerstand und strampele los. Da kommt der Bademeister, dieser Halbgedroschene, und sagt doch zu mir: ›Machen Sie mir nicht das Rad kaputt. Sie treten ja wie ein Bulle …‹ Da ist mir die Lust vergangen. Die scheinen hier an Bord nur Leute mit Muskelschwund gewöhnt zu sein.« Er schnupperte, kräuselte die Nase und sah sie aus wütenden Augen an. »Du hast ja gesoffen!«
»Saufen ist dein Privileg.«
»Himmel, red nicht immer so geschwollen!«
»Ich habe nur einen Cocktail getrunken. Ich hatte mal Lust darauf.«
»Allein?«
»Nein. Um mich herum saßen sieben Herren, und hinter der Theke standen drei Stewards. Die kannst du jetzt alle verprügeln. Knut, der Schmied …«
»Dein Spott ist zum Kotzen!« Knut de Jongh sah sich um, entdeckte noch zwei freie Liegestühle und zeigte auf sie: »Da. Dort legen wir uns hin bis zum Mittagessen. Genehmigen gnädige Frau, daß ich mir dann ein Bier bestelle?«
»Von mir aus kannst du ein Faß saufen …« Sie ging mit betont aufreizenden Schritten zu dem freien Liegestuhl, und Knut blickte ihr mit zusammengekniffenen Augen nach. Ein verdammtes Weib, dachte er. Verdammt schön! Man muß sich immer wieder sagen: So etwas gehört dir! Mit Haut und Haaren. Im Bett ist sie Göttin und Furie zugleich. Wenn ich über ihre glatte, straffe Haut streichle, über die Brüste, die Schenkel, den Bauch … Er zog den Gürtel seines Bademantels enger und war froh, daß niemand seine Erregung sehen konnte. Jetzt müßten wir in der Kabine sein, dachte er – das Bett würde krachen wie von Granateinschlägen.
Er ging ihr langsam nach – es war gar nicht so einfach, ohne aufzufallen mit einer gewaltigen Erektion in einer engen Badehose und einem knappen Bademantel zu gehen –, setzte sich auf den Liegestuhl neben sie und konnte nicht verhindern, daß der Bademantel etwas aufklaffte. Sie sah sofort seinen Zustand.
»Du hättest länger Trimmrad fahren müssen«, zischte sie leise, »bestell dir Eiswasser und schütt es drüber.«
»Sylvie!« Knut de Jongh atmete schwer. »Ich kann doch nichts dafür. Ich liebe dich, trotz allem, was du mir so am Tag alles an den Kopf knallst. Wenn ich dich nur ansehe mit deinem höllisch geilen Arsch … du bist das größte Aas, das die Natur geschaffen hat.«
»Ordinär warst du schon immer und wirst es auch bleiben, selbst wenn du ein neuer Krupp werden solltest«, sagte sie. »Leg dich hin und mach den Bademantel zu. Glaub nicht, daß so ein Anblick anregt.«
»Früher war das für dich ein Signal zum Sprung ins Bett, als bliesen die Trompeten von Jericho.« Er legte sich zurück, zupfte den Bademantel zu und war froh, daß seine Erregung nachließ. Ich darf sie jetzt bloß nicht ansehen, dachte er. Dieser kaum bedeckte, himmlische Körper. Ich muß mir sagen: Ich hasse sie! Ich hasse sie! Nur das hilft.
Mit gerunzelter Stirn musterte er die Männer, die an ihren Liegestühlen vorbeigingen und ungeniert auf die kaum bekleidete Sylvia blickten. Sie lag auch so provozierend da, daß es kein Wunder war – die langen Beine etwas angewinkelt, das knappe Bikinioberteil sogar noch etwas herabgezogen. Eine ungezügelte Aufforderung zur Sünde.
»Muß das sein?« knurrte er zur Seite.
»Was?« Ihre Stimme war von träger Abwehr.
»Wie du daliegst!«
»Mir ist es so bequem. Was stört dich denn? Willst du wieder Streit anfangen?«
Er brummte etwas in den Bart, legte sich zurück und schloß die Augen. Manchmal könnte man sie durchdreschen, dachte er, bis sie nicht mehr sitzen und stehen kann. Aber dann sind da wieder die Nächte, in denen sie mich zur Raserei bringt. Ich bin ihr verfallen, einfach verfallen, das ist es. Der starke Knut de Jongh ein Äffchen, dem man Zucker gibt!
Er seufzte in sich hinein und langweilte sich dann. Ihm fehlte die Tageszeitung mit den Sportberichten und den kleinen Sensationen aus aller Welt. Die mitgebrachten Illustrierten kannte er schon auswendig. In Acapulco – so hatte man ihm gesagt – sollte ein deutsches Magazin an Bord kommen. Die Bücherauswahl im Shop war nicht sein Geschmack; kein Jerry Cotton oder Goldmann-Krimi dabei. Nur drei uralte Konsaliks, die er längst kannte. Dafür aber jede Menge ›schwere Literatur‹, die keiner auf einer solchen erholsamen Kreuzfahrt lesen wollte.
Das
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