Promenadendeck
Fehringer.
»Du siehst, Brüderchen: Einer muß der Klügere sein, und das warst und bist immer du. Ich erkenne das an und erlaube mir deshalb Dummheiten. Also dann – bis zum Mittagswechsel! Stell im Radio Kanal zwei ein, da spielen sie jetzt Opern vom Band. Viel Spaß!«
Er verließ die Kabine und ging vor sich hin pfeifend den Gang hinunter bis zum Hauptfoyer. In ohnmächtiger Wut blieb Herbert zurück. Er starrte aus dem Fenster über den unendlichen Stillen Ozean und zergrübelte sich den Kopf, wie man diesem gefährlichen Spiel ein Ende machen könnte. Es ging nur so, daß er anstelle von Hans diese Sylvia so miserabel behandelte, daß es zum großen Krach kam. Aber eine andere Version war auch denkbar: Er spielte die Rolle von Hans weiter und nahm Sylvia ebenfalls mit ins Bett. Das wäre ein Spiel, das Hans mitmachen mußte, um ihr Geheimnis zu bewahren.
Dieser Gedanke ließ Herbert Fehringer nicht mehr los. Er sah Sylvias aufreizenden Körper vor sich, spürte wieder ihre intensive erotische Ausstrahlung, die ihn wie ein Wärmemantel eingehüllt hatte, und plötzlich mißgönnte er Hans den Alleinbesitz dieser verteufelten Frau.
Dann also so, dachte Herbert Fehringer zufrieden und doch voll innerer Spannung. Machen wir es so wie beim Mittag- und Abendessen: Fliegender Wechsel am Tisch und auf dem Bett. So ist das Zwillingsproblem wieder gut in der Waage.
Hans Fehringer bummelte unterdessen über die Decks, bis er Sylvia und ihren Mann fand. In aufreizender Pose lag sie da und las ein Taschenbuch, er saß auf dem Rand der Liege und trank Bier. Im Schlenderschritt kam Hans näher.
»Prost!« sagte er, als er Knut de Jongh gegenüberstand. Sylvia ließ sofort das Buch sinken, in dem sie wirklich gelesen hatte. Daß man Napoleon ermordet haben sollte, war ihr neu; mein Gott, das war ja wie ein Krimi!
»Danke«, knurrte de Jongh zurück. »Ohne Sie schmeckt's mir besser.«
»Verzeihung!« Sie setzte sich auf und legte das Buch so auf ihren Leib, daß sein Blick auf ihr knappes Bikinihöschen gelenkt wurde. »Ich muß mich schon wieder für meinen Mann entschuldigen. Die Seeluft macht ihn immer aggressiv. Ist Ihnen nicht zu warm mit Hose und Jacke?«
»Ich hatte in der Olympia-Bar eine geschäftliche Besprechung.«
»Schade. Ich wollte gleich im Pool schwimmen.«
»Kein Problem, gnädige Frau.« Hans Fehringer lächelte breit und auffordernd. »Ich habe immer meine Badehose drunter. Nur ein paar Minütchen … ich pelle mich schnell aus meinem Anzug.«
Er lief zu einer der Umkleidekabinen, zog sich aus und legte seinen Anzug, Schuhe und Strümpfe über einen freien Liegestuhl abseits der sich sonnenden Passagiere.
»Nur ein paar Minütchen …« äffte de Jongh ihn nach, als Fehringer weggelaufen war. »Ich pelle mich aus … So ein Affe! Und du benimmst dich …«
»Ich will schwimmen, weiter nichts.«
»Du hast ihn animiert!«
»Du gehst ja nicht ins Wasser. Und wenn, klebst du am Beckenrand! Regt dich jetzt sogar mein Schwimmen auf?«
»Blödsinn!« Er starrte Hans Fehringer an, der mit seinem sportlich trainierten und muskulösen Körper über Deck trabte, ein rotes Frotteetuch um die Schulter gelegt. Er sah verdammt gut aus, der Kerl, vor allem mußte er schätzungsweise zwanzig Jahre jünger sein als er. Sylvia sprang auf und dehnte sich. Ihr unverschämt erotischer Körper glänzte in der Sonne. Knut de Jongh stellte sein Bierglas neben die Liege und blickte finster auf Fehringer, der sich erst duschte, dann in den Pool stieg und wartete, bis Sylvia ihm folgte. Gemeinsam schwammen sie dann, Seite an Seite, im Kreis herum. Das Wasser bewegte sich so, wie das Schiff ins Meer eintauchte und sich wieder heraushob. Es war, als schwimme man tatsächlich in Meereswellen.
»Warum sind Sie zurückgekommen?« fragte Sylvia und berührte unter Wasser mit einem Bein seinen Oberschenkel.
»Ich hielt es nicht mehr aus. Ich mußte Sie sehen. Als Sie mich vorhin ansahen, Sylvia …«
»Was war da, Hans?«
»Ich hätte Sie küssen mögen – aber Gott sei Dank waren wir nicht allein.«
»Warum Gott sei Dank?«
»Weil ich mich kenne.«
»Ich mich auch.« Sie lachte ihn an, tauchte unter, glitt unter ihm weg und berührte mit ihrem Körper seinen Unterleib. Wie ein silberner Fisch tauchte sie auf der anderen Seite wieder auf.
»Ihr Mann ist mißtrauisch, Sylvia«, sagte Hans, etwas heiser vor Erregung.
»Das ist er immer.«
»Er beobachtet uns wie ein Jäger sein Wild.«
»Und was sieht er? Nichts.
Weitere Kostenlose Bücher