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Propaganda

Propaganda

Titel: Propaganda Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Bernays
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neutralen Bezeichnung eine abschätzige werden lassen. Just in dem Augenblick, in dem die Propagandisten die Professionalisierung ihres Berufsstandes bejubelten, wurde aus der Bezeichnung Propagandist eine Beleidigung. 5
    Zufall war das nicht, sondern das paradoxe Ergebnis des Erfolgs der Kriegspropagandisten: Sie selbst waren es, die für eine negative Konnotierung des Worts gesorgt hatten, indem sie »Propaganda« ausschließlich mit den dunklen Machenschaften des Feindes in Verbindung brachten. »Wir nannten es nicht Propaganda, denn dieses Wort hatte in den Händen der Deutschen die Bedeutung von Lüge und Korruption angenommen«, schreibt George Creel, der Leiter der US-Behörde zur Kriegsinformation, 1920 in seinem Buch How We Advertised America (Wie wir Amerika vermarkteten). Da die Deutschen das Wort Propaganda beschmutzt hatten, wurde es, laut Creel, von den Amerikanern nie als Bezeichnung für ihre eigenen Veröffentlichungen verwendet. Sie zogen andere, wohlklingende Namen vor: »Unser Einsatz stand von Anfang bis Ende im Dienst von Bildung und Information, denn wir hatten so großes Vertrauen in unsere Sache, dass außer der einfachen und geradlinigen Offenlegung der Fakten keine zusätzlichen Argumente nötig waren .« 6
    Dieses Zitat ist natürlich selbst ein hervorragendes Beispiel für Propaganda. Es tut nichts anderes, als auf plumpe Art und Weise dasselbe Thema zu wiederholen, das Creel & Co während des Krieges Tag für Tag nach Hause gefunkt hatten: Deutsche lügen immer, Amerikaner sagen immer die Wahrheit. Wie es dazu kam, dass die deutsche Propaganda »mit Lüge und Korruption in Verbindung gebracht wird«, beantwortet Creel lieber nicht. Er verbirgt die Akteure geschickt (wenn man das geschickt nennen kann) in seiner Passiv-Konstruktion. Es gäbe viel über Creels Verschleierungstaktik zu sagen und darüber, wie seine eigenen Propagandisten die deutsche Propaganda in die Nähe von Lüge und Korruption rückten – sie taten das in genau der Weise, die Creel im zitierten Absatz anwendet. Uns geht es hier aber nicht um die konstituierende Selbstverleugnung von Propaganda, sondern um die pejorative Wirkung der alliierten Propaganda auf das heikle Wort selbst.
    Im Ersten Weltkrieg war es unsere eigene Propaganda, die »Propaganda« den negativen Beigeschmack verlieh. In die Nähe der Hunnen gerückt, konnte das Wort seine Unschuld nicht wiedergewinnen – nicht einmal dann, als die alliierte Propaganda in Friedenszeiten verkündete, der Hunne sei in letzter Zeit dank des Einflusses von Amerikanern und Briten nicht mehr so barbarisch wie früher. Als die Bürger mehr und mehr über die Lügen, Halbwahrheiten und Übertreibungen erfuhren, die ihnen die eigenen Regierungen aufgetischt hatten, betrachteten sie Propaganda als eine noch perfidere Waffe – denn erst jetzt verstanden sie, dass sie selbst das Ziel von Propaganda waren.
     
     
    II
     
    Den zweifellos ehrgeizigsten Versuch, den Begriff zu retten, unternahm Edward Bernays mit seinem Buch Propaganda von 1928. Mit der detailgenauen Beschreibung einer Reihe sehr unterschiedlicher Propaganda-Aktivitäten – allesamt ideenreich, einem guten Zweck dienend und ehrlich in ihrer Umsetzung – versucht Bernays, den Begriff von seiner Anrüchigkeit zu befreien. Seine Motivation ist jedoch doppelbödig. Bernays bezeichnete sich selbst mehrfach als »Wahrheitssucher und Propaganda-Propagandist«, so auch in einer anderen Legitimationsschrift aus dem Jahr 1929. 7 Bernays’ Anliegen ist zum Teil wissenschaftlicher Natur. Er ist davon überzeugt, dass sein Vorhaben, das Wort zu rehabilitieren, eine intellektuelle Notwendigkeit ist.
    Und Bernays hat recht, denn es gibt keinen gleichwertigen Ersatz für Propaganda, das einzige Wort, das im Unterschied zu all den Euphemismen die Sache beim Namen nennt. Sein Wunsch, die passende Beschreibung beizubehalten, ist Beweis für seinen ernst gemeinten Einsatz für präzise Sprache. Bernays war niemand, der die Dinge übertrieb, weder die Waren seiner Kunden, noch den Erfolg seiner Kunst. Bernays selbst gab seine Vorliebe für das Wort nie ganz auf. 8
    Weder in Propaganda noch in anderen Schriften von Bernays findet sich jener prahlerische Ton in Bezug auf die utopischen Ziele seiner Kunst, den man bei so vielen seiner Kollegen in den 20er-Jahren antrifft. Bernays’ Ton ist der des Managements, nicht der eines großen Utopisten. Er verspricht nicht, die Welt in ein modernes Paradies zu verwandeln. Seine Vision

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