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Prost Mathilda - von Wolke sieben ab in den Vollrausch

Prost Mathilda - von Wolke sieben ab in den Vollrausch

Titel: Prost Mathilda - von Wolke sieben ab in den Vollrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Szillat
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sie sofort hellwach, strampelte mit den Füßen die Zudecke zur Seite und war mit einem Satz auf den Beinen. Für Menschen, denen das Aufstehen regelmäßig fast körperliche Qualen bereitete – die sich immer wieder die Bettdecke über den Kopf zogen, darunter schwitzten und fast erstickten, nur um noch ein paar Minuten herauszuschinden –, hatte Mathilda überhaupt kein Verständnis. Sie liebte den Morgen. Ganz egal was für ein Wetter hinter den geblümten Vorhängen auf sie wartete.
    Heute kündigte sich ein sonniger Frühlingstag an. Mathilda zog die Vorhänge ganz zur Seite, öffnete das Fenster und lehnte sich mit dem Oberkörper weit über das Fensterbrett hinaus. Sie schloss die Augen und atmete die frische Luft tief ein. Ihr langes hellblondes Haar wehte wie ein dichter Schleier sanft im Morgenwind hin und her. Aus dem Garten ertönte das laute Konzert der Vögel in den Bäumen.
    Mathilda öffnete die Augen, nahm einen letzten tiefen Atemzug und löste sich vom Fenster. Dann schnappte sie sich die helle Jeans und das gestreifte Shirt, das sie sich mit Kati und Franzi im Partnerlook im Einkaufszentrum gekauft hatte, und eilte damit ins Bad.
    Wie immer war sie lange vor ihrer Mutter Conni und ihrer vier Jahre älteren Schwester Merle auf den Beinen. Aus Merles Zimmer war noch kein Lebenszeichen zu vernehmen. Auch Connis Schlafzimmertür war geschlossen. Sicher wälzte sie sich gerade wieder schnaufend auf der Matratze hin und her, vermutete Mathilda. Und garantiert hatte sie wieder schlechte Laune – das kam vom Rotwein, den sie fast jeden Abend trank, seitdem Mathildas Dad weg war. Meistens ging es ihr erst wieder besser, wenn sie mindestens zwei große Tassen Kaffee in sich hineingeschüttet hatte.
    Mathilda ging ins Bad und begann sich zu entkleiden. Sie wollte gerade die Duschkabine öffnen, als sie es sich plötzlich anders überlegte. Schnell nahm sie ihren hellblauen Morgenmantel vom Haken und schlüpfte hinein. Dann ging sie in die Küche und bereitete eine große Kanne schwarzen Bohnenkaffee zu. Mathilda kam es kurz in den Sinn, frische Waffeln zu backen. Doch dann fiel ihr ein, dass Conni gerade mal wieder auf Diät war und der Anblick von frisch-gebackenen Waffeln ihre Laune eher noch verschlechtern würde.
    Also beließ sie es bei dem Kaffee, presste stattdessen ein paar Orangen aus und verteilte den Saft zu gleichen Teilen in drei Gläser.
    Bewaffnet mit einem großen Pott Kaffee in der einen und einem Glas Orangensaft in der anderen Hand, wagte Mathilda sich vor die Schlafzimmertür ihrer Mutter. Sie drückte mit dem Ellbogen die Klinke herunter und schob die Tür mit ihrem Oberkörper auf.
    Conni befand sich bereits
im Kampf
, wie Mathilda schmunzelnd feststellte. Sie quengelte wie ein Kleinkind, rollte sich zur Seite, umklammerte den Rand der Bettdecke, als ob sie befürchtete, Mathilda könnte sie ihr mit einem Ruck entreißen, und presste die Augen fest zu.
    „Conni, der Kaffee ist fertig ...“, begann Mathilda leise zu singen. „Klingt das nicht unheimlich zärtlich ...“
    Conni zog sich die Decke über den Kopf.
    „Von wegen zärtlich. Hinterhältig und gemein finde ich viel treffender“, schimpfte es unter der Bettdecke hervor.
    „Na gut, dann nehme ich den Kaffee eben wieder mit.“ Mathilda spielte die Beleidigte.
    „Bloß nicht!“ Mit Schwung flog die Decke zur Seite. Eine wirre Menge knallroter Locken, die im deutlichen Kontrast zu der blassen Gesichtsfarbe standen, kam zum Vorschein.
    „Gib mir fünf Minuten. Dann bin ich ansprechbar“, murmelte Conni, während sie gierig nach der Kaffeetasse griff, die Mathilda zusammen mit dem Orangensaft auf das kleine Nachtschränkchen direkt neben dem Bett abgestellt hatte.
    „Ich geh duschen.“
    „Kannst du vorher bitte deine Schwester wecken?“
    „Ich bin doch nicht lebensmüde“, antwortete Mathilda und übersah absichtlich Connis flehenden Blick.
    Später einmal dachte sie: Was wäre geschehen, wenn ich an diesem Morgen das gemacht hätte, worum Conni mich gebeten hatte? Was hätte ich anders gemacht, wenn ich gewusst hätte, was an diesem „perfekten“ Tag beginnen würde?
    Ich wäre im Bett liegen geblieben und hätte die Vorhänge noch fester zugezogen, war ihr sofort eingefallen. Oder ich hätte Merle geweckt, mich von ihr deswegen beschimpfen lassen und wäre gemeinsam mit ihr zur Schule gegangen. Aber sie hatte es nicht gewusst. Niemand hatte ihr gesagt, was geschehen würde. Niemand konnte es voraussehen.
    Als

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