Psalms of Isaak 01. Sündenfall
Regalstandorten aus einer Bibliothek, die nur noch ein Krater aus Asche und Knochen war. »Ich werde spazieren gehen«, sagte sie.
Er sah auf, nickte kurz, um sein Verstehen kundzutun, und fuhr mit seiner Arbeit fort.
Jin verließ die Waldresidenz, und ihre Zigeunerspäher reihten sich hinter ihr ein. Sie erkannte Edrys, einen jungen Sergeant, der mit ihnen im päpstlichen Sommerpalast gewesen war, und sie lächelte ihm zu.
Als sie die Tore der Waldresidenz hinter sich ließen, wandte sie sich zu ihnen um. »Heute wünsche ich, dass Ihr mit mir geht – nicht hinter mir. Ich möchte mehr über meine neue Heimat wissen.«
Die beiden Späher tauschten besorgte Blicke aus. »Edle Dame Tam«, stammelte Edrys, »ich weiß nicht …«
Sie hob eine Augenbraue. »Sergeant Edrys, hat man Euch verboten, sich mit mir zu unterhalten?«
»Nein, edle Dame Tam, ich meine einfach …«
Sie unterbrach ihn noch einmal. »Bin ich Euch irgendwie verabscheuenswert und Eurer Gesellschaft und Ansprache nicht würdig?«
Er wurde rot. »Nein, edle Dame Tam. Ich …«
»Gut«, sagte sie. »Geht ein Stück mit mir.«
Sie eilten beide an ihre Seite, und zusammen gingen sie auf die Straßen hinaus.
Ein leichter, kalter Regen fiel, und die Luft war schwer von der Verheißung auf Schnee. Tags zuvor war sie auf die Anhöhe hinaufgestiegen, die sie den Bibliothekshügel nannten, und hatte gesehen, dass der Drachenrücken bereits in Weiß gehüllt war wie eine Sumpfbraut an ihrem Hochzeitstag. In wenigen Tagen würde der Schnee auch sie erreicht haben, würde den Wald weiß werden lassen und das Gräserne Meer, das die Neun Wälder umgab, in eine weite Wüste aus Schneedünen verwandeln. Die eisige Kälte würde sogar an einigen Orten weiter im Norden die Flüsse gefrieren lassen.
Es war ein großer Unterschied zum sonnigen Klima der Stadtstaaten im entrolusischen Delta oder dem tropischen Wetter der Smaragdküsten weiter im Süden und Westen.
Und dies wird meine neue Heimat sein.
Sie gingen in einem gemächlichen Tempo nebeneinanderher, und Jin genoss die kalte Luft, auch wenn sie deswegen zitterte. Der Kürschner war damit beschäftigt, ihre Winterkleider zu machen – Stiefel, Hüte, schwere Mäntel und Hosen -, aber sie würden noch eine Woche auf sich warten lassen. Bis dahin trug sie eine gefütterte Jacke mit Kapuze, die sie weit hinten in ihrem Kleiderschrank gefunden hatte. Die Zigeunerspäher waren mit dem Wechsel der Jahreszeiten von Seide auf Wolle umgestiegen, die leuchtend gefärbt war wie die regenborgenfarbenen Häuser, denen sie dienten.
»Ich möchte mehr über meinen zukünftigen Gemahl erfahren«, sagte sie zu Edrys, während sie gingen.
Edrys wurde blass. »Edle Dame Tam, ich …«
Sie lachte. »Edrys, Ihr macht Euch zu viele Sorgen. Ich werde Euch nichts Ungebührliches fragen. Ich glaube, dass man anhand der Männer, mit denen er sich umgibt, viel über einen Mann erfahren kann. Oder wäre es Euch lieber, wenn ich meinen Ehemann durch die Prostituierten kennenlerne, die er auf seiner Runde aufsucht, oder durch die Hausangestellten, die ihn bedienen?«
Sein Gesicht wurde rot, als sie die Prostituierten erwähnte, und sie lächelte innerlich. Solche oberflächlichen Einzelheiten waren eigentlich leicht auszuspionieren. Genauso wie die mindestens sieben verborgenen Gänge innerhalb der Siebten Waldresidenz. Sie nahm an, dass eine jede der neun Residenzen eine eigene Welt voller Geheimnisse war.
Mit Rudolfo würde es sich genauso verhalten, dachte sie.
»Was wollt Ihr wissen, edle Dame Tam?«
»Wie lange dient Ihr ihm schon?«
Edrys antwortete bereitwillig. »Ich habe König Rudolfo mein ganzes Leben lang gedient.« Das wusste sie. Viele Zigeunerspäher waren die Söhne von Zigeunerspähern, genauso mit Magifizienten und Klingen groß geworden wie mit Muttermilch.
»Und was ist die eine, große Wahrheit, die es über ihn zu sagen gibt?«
Edrys dachte nur einen Augenblick lang nach. »Er weiß immer, welchen Pfad er einschlagen muss.« Er hielt inne. »Und er schlägt ihn immer ein, ganz gleich, wie hoch der Preis ist.«
Sie nickte. Dies schien auf jeden Fall auf ihn zuzutreffen. Ihre erste und wichtigste Ausbildung hatte darin bestanden, zu beobachten und zu lauschen. Sie hörte die Dinge, die gesagt wurden, und auch das Unausgesprochene. Ganz besonders achtete sie auf das, war gerne übersehen oder unterschätzt wurde. »War auch König Jakob so?«
Edrys lachte leise. »Ich bin viel zu jung, um König
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