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Psalms of Isaak 01. Sündenfall

Psalms of Isaak 01. Sündenfall

Titel: Psalms of Isaak 01. Sündenfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Scholes
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Versammlung gewesen wären, und ihm wurde schwindelig. Er hatte die Frage der Rekrutierung in den letzten beiden Monaten mehrmals vor Petronus zur Sprache gebracht, aber der Papst war ihm ausgewichen. Anfangs hatte Neb geglaubt, es wären nur Zufälle, die Petronus von seinem Amt ablenkten, und hätte darüber hinaus mit der Erschöpfung, mit der er gewiss zu kämpfen hatte, zu tun. Immerhin schlief der alte Mann dieser Tage kaum noch, wälzte in seiner Schreibstube bis spät in die Nacht hinein Seite um Seite von Pergamenten und kam jeden Tag früh wieder, um noch einmal von vorne anzufangen.
    Aber inzwischen hatte sich dieses Ausweichen so oft wiederholt, dass Neb erkannt hatte, dass Petronus das Thema absichtlich mied. Dennoch, sein Verhalten konnte immer noch dem Wunsch entspringen, sich um die dringlicheren Angelegenheiten zu kümmern. Die Mechoservitoren arbeiteten inzwischen Tag und Nacht, um die Bibliothek aus ihrem Gedächtnis wiederherzustellen, ihre Hände verschwammen regelrecht, während sie die Federn über das Papier bewegten. Rudolfo hatte ein halbes Dutzend Buchbinder angeheuert und sie in Zelten in der Nähe ausgerüstet, bis angemessene Einrichtungen erbaut werden konnten. Schon füllte sich die Waldresidenz mit Stapeln von Büchern, in den Gängen und Zimmern roch es nach neuem Papier und frischer Tinte.
    Als ob das nicht genug wäre, um Petronus’ Aufmerksamkeit im Hier und Jetzt zu beanspruchen, gab es noch weitläufige Besitzstände der Androfranziner, die schwere Entscheidungen erforderlich machten. Eine Gruppe von tausend Menschen hatte nicht dieselben Bedürfnisse wie eine Gruppe, die hundertmal so groß war – aber welche Ländereien sollte man behalten, und welche sollten aufgegeben oder eingetauscht oder verkauft werden? Selbst wenn der Orden Rekrutierungen plante, es hatte zweitausend Jahre gedauert, um seine einstige Stärke aufzubauen, und Neb bezweifelte, dass er jemals wieder zur selben Größe zurückfinden würde, auch wenn er jetzt mit den Neun Häusern der Neun Wälder verbunden war.
    Und dann war da noch die Sache mit Sethbert und der Verhandlung. Der Gedanke an den vormaligen Aufseher ließ von Neuem einen Zorn aufflammen, der tief in Neb vergraben lag. Seit der Wagen mit dem kreischenden Mann eingetroffen war, hatte Neb aufgehört, von Winters und dem Wiedersehen zu träumen, nach dem er sich sehnte. Stattdessen träumte er davon, Sethbert zu töten.
    Isaak spürte ihn am Stadtrand auf, wo er zusah, wie die Androfranziner in ihrer kleinen Zeltstadt umherhuschten. »Papst Petronus lässt dich rufen.«
    »Wie geht es ihm heute?« Ihm waren die dunklen Augenringe aufgefallen, und er hatte am Tag zuvor sogar mitbekommen, wie Petronus einen der Diener angefahren hatte. Er war gereizt, wie Neb es noch nie erlebt hatte, selbst während der schlimmsten Phase ihrer Arbeit in Windwir nicht.
    Isaak zuckte die Schultern. »Er ist erschöpft. Er scheint … bedrückt zu sein.«
    Neb nickte. Er hatte Petronus nie gefragt, weshalb er vor so vielen Jahren gegangen war, aber er konnte sich nicht vorstellen, dass seine Rückkehr etwas war, das er sich gewünscht hatte.
    Ich habe ihn dazu gezwungen. Nein, rief er sich in Erinnerung, Sethberts gewalttätiger Akt hatte Petronus dazu gezwungen. Aber vor allem anderen war seine Rückkehr dadurch bedingt, was für ein Mensch Petronus war.
    »Wir tun, was wir tun müssen«, hatte ihm Petronus bei jenen Gelegenheiten geantwortet, als Neb es zur Sprache gebracht hatte. »Du hast getan, was du tun musstest, und ich werde es genauso tun.«
    Trotzdem bedauerte Neb die Rolle, die er dabei gespielt hatte. Er dankte Isaak und machte sich auf den Weg zurück zur Siebten Waldresidenz.
    Petronus’ Tür war geschlossen, als er das Schreibzimmer erreichte. Er klopfte, und eine barsche Stimme bat ihn herein.
    Als er den Ausdruck auf Petronus’ Gesicht sah, erstarrte er.
    Er weiß über die Waffe Bescheid, dachte er. Er hatte durchführen wollen, was man ihm aufgetragen hatte. Er war schon auf halbem Weg zum Waffenschmied, zu dessen Feuer und Hammer gewesen, hatte vorgehabt, sie in Stücke brechen und einschmelzen zu lassen. Aber am Ende hatte er sich damit im Wald wiedergefunden, hatte mit seinen Händen darübergestrichen und ihre Geschichte gespürt. Sie war vermutlich fünfhundert Jahre alt, zweifellos aus Rufellos Buch der Baupläne rekonstruiert. Sie stellte etwas dar – einen Teil des Lichts, seiner Meinung nach – und letztendlich konnte er es nicht

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