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Psalms of Isaak 01. Sündenfall

Psalms of Isaak 01. Sündenfall

Titel: Psalms of Isaak 01. Sündenfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Scholes
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sagte er, »ganz gleich, ob diese Vergangenheit hell oder dunkel war.«
    »Ja«, antwortete Petronus. »Und manchmal versuchen wir die Zukunft als ein Abbild der Vergangenheit zu formen. Wenn wir das tun, dann entehren wir die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft.«
    Diese Worte trafen Rudolfo, und nun verstand er den letzten Teil von Petronus’ Strategie. »Ihr glaubt nicht, dass die Androfranziner einen Papst brauchen. Darum seid Ihr damals gegangen.«
    Petronus wedelte mit der Hand. »Es lag an vielen Dingen. Auch daran, dass ich meine eigene Seele nur allzu gut kannte. Hätte ich weitergemacht, wären alle meine Taten eine Lüge gewesen.«
    Rudolfo beugte sich vor. »Woher habt Ihr es gewusst? Was hat Euch an den Ort dieser Erkenntnis geführt?«
    Petronus zuckte die Schultern und lachte laut. »Mein ganzes Leben hat mich an diesen Ort der Erkenntnis geführt. Es gab keinen einzelnen Grund. Ich bin eines Morgens aufgewacht und habe es einfach gewusst.« Er klopfte seine Pfeife aus. »Ihr werdet es allzu bald verstehen.«
    Rudolfo hob die Augenbrauen. »Weshalb sagt Ihr das?«
    Der alte Mann lächelte. »Euer Leben hat sich verändert, Rudolfo. Eure Streunende Armee wird bald nicht mehr streunen, und Eure Zigeunerspäher werden ohne ihren Zigeunerkönig durch die Wälder ziehen. Ihr werdet in einem Haus und mit einer Frau leben. Und bald wird Eure Bibliothek der Mittelpunkt der Welt sein. Diese kleine Stadt wird über ihre Vergangenheit hinauswachsen, genauso wie Ihr über die Eure hinausgewachsen seid. Noch ein paar Kinder dazu, vielleicht einen Erben, den ihr aufzieht …« Petronus ließ seine Worte ausklingen. »Ich weiß, dass Ihr diese Dinge versteht. Ich weiß, dass Ihr darüber nachdenkt.«
    Rudolfos Wachsamkeit ließ einen Augenblick nach, und dabei entschlüpfte ihm ein Gedanke, den er mit leiser Stimme aussprach. »Was, wenn mein Leben zur Lüge wird?«
    »Und was, wenn es erst wahr wird?« Petronus erhob sich.
    Rudolfo schüttelte den plötzlichen Zweifel ab und stand ebenfalls auf.
    »Werdet Ihr Sethbert aus dem Foltertrakt entlassen und ihn in eine einfache Zelle stecken?«
    Rudolfo spürte einen Stich. »Ich werde den Befehl dazu geben.«
    »Ich werde mich morgen mit ihm treffen.« Petronus ging zu den Stufen, dann wandte er sich noch einmal an Rudolfo. »Die Verhandlung wird zum Abschluss des Bischofsrates stattfinden.«
    Rudolfo nickte. »Einverstanden.«
    Petronus blieb am oberen Ende der Stufen stehen. »Erinnert Ihr Euch daran, was Ihr über Neb gesagt habt? Dass er einen guten Hauptmann abgeben würde?«
    Rudolfo nickte. Der Junge war klug und talentiert, ein starker Anführer, der andere beeinflusste, ohne es zu wissen. Er war eine Klinge, die man schleifen konnte, bis sie die unerbittliche Schärfe eines bewussten Strategen aufwies. »Ich erinnere mich. Der Orden kann sich glücklich schätzen, ihn zu haben.«
    Ein finsterer Ausdruck huschte über Petronus’ Gesicht, und Rudolfo erkannte den Verlust, der sich dahinter verbarg. »Erinnert Euch an diese Worte, Rudolfo.«
    Rudolfo sagte nichts. Er spürte einen Stich, etwas, das sich unter der Oberfläche von allem ruhelos regte. Er spürte, wie sich seine Augenbrauen zusammenzogen, aber wenn Petronus es bemerkte, so zeigte er es zumindest nicht.
    »Schlaft gut«, sagte Petronus, als er sich auf den Weg in die Waldresidenz begab.
    »Das werde ich«, gab Rudolfo zurück. Aber er wusste, dass das Gegenteil der Fall sein würde. Ein nagendes Gefühl der Furcht kam in seinem Magen auf, was den kommenden Rat anbetraf, und im Mittelpunkt stand ein Mann mit einer Strategie, die Rudolfo noch nicht zur Gänze verstand.
    Neb
    Neb stellte mehr und mehr fest, dass er sich in den Neun Wäldern zu Hause fühlte. Die Arbeit befriedigte ihn und die Waldzigeuner faszinierten ihn. Und die Sümpfler des Nordens waren von hier aus gleich jenseits des Gräsernen Meers.
    Während die Tage vorüberglitten, beobachtete Neb, wie sich die kleine Stadt füllte und beinahe aus den Nähten platzte. Die letzte große Karawane vom päpstlichen Sommerpalast traf an diesem Morgen ein, und noch mehr Zelte wurden auf der großen, offenen Wiese aufgebaut, auf der der Pavillon für den Rat stand.
    Das ist alles, was noch übrig ist, dachte er, als er die Männer sah, die in ihren Talaren zwischen den Zigeunern in ihren regenbogenfarbenen Gewändern herumgingen. Er rief sich in Erinnerung, dass vor nicht allzu langer Zeit so viele schwarze Talare noch eine relativ kleine

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