Psychologische Homöopathie
so lecker!« und zwei Minuten später: »Jazz liebe ich einfach, weil er so frei ist!« und so weiter. Ohne es zu merken, versucht sie attraktiver zu wirken, indem sie ihre Lebensfreude übertreibt. Und aus irgendeinem Grund denkt sie oft, es sei genauso attraktiv, wenn sie ihre negativen Gefühle übertreibt. So sagt sie beispielsweise: »Findest du es nicht auch entsetzlich, wie die Telefongebühren gestiegen sind?« und »Ich finde es einfach unerträglich, wie dieser Kellner geht!« Sie glaubt wahrscheinlich, der andere würde sie mögen, wenn sie viel Nähe demonstriert, aber statt dem anderen wirklich nahe zu sein, imitiert sie Nähe, indem sie triviale Gefühle übertreibt.
Einige Natrium-Frauen treiben diese Pseudointimität auf die Spitze. Sie krallen sich jemanden, den sie für mitfühlend halten, und erzählen ihm auf hochdramatische Weise intime Einzelheiten aus ihrem Leben: »Mein Mann mag keinen Sex, wissen Sie. All die Jahre, die ich vergeudet habe! Er hat mich überredet, mich sterilisieren zu lassen, weil er zu egoistisch war, den Eingriff bei sich selbst machen zu lassen, und anschließend hat er mich nicht mehr angerührt. Natürlich ist seine Trinkerei daran schuld, er ist ein Sklave des Alkohols!« und so weiter. Die Telefongespräche von Sybil in der Fernsehkomödie Fawlty Towers sind typisch für diese schwärmerische Art von Natrium,die versucht, durch Intimität Freunde zu gewinnen, und dabei häufig an eine andere schwärmerische Natrium-Frau gerät, mit der sie ein stillschweigendes Abkommen schließt nach dem Motto: »Du hörst mir zu, und ich höre dir zu.« (Eine lustige Parodie auf die schwärmerische Natrium-Frau ist auch Dame Edna Everage, die fiktive australische Hausfrau, die dramatisch überschwenglich und peinlich intim ist. Gleichzeitig ist sie sehr stolz darauf, wie großzügig sie ihr Leben mit der Öffentlichkeit teilt.)
Bei der emotional überschwenglichen Natrium-Frau ist es wichtig zu erkennen, daß sie sich so benimmt, um ihre wirklichen Gefühle nicht aushalten zu müssen. Wenn solche Frauen sich einer tiefergehenden Psychotherapie unterziehen (was nicht sehr oft geschieht), steht der Therapeut einem ununterbrochenen Strom von Worten gegenüber, bei denen die Patientin aber weder weint noch irgendwelche anderen Anzeichen echter Emotionen zeigt. Indem er der Patientin jedoch während des größten Teils der Sitzung das Sprechen verbietet und sie auffordert, sich auf ihren Körper und ihre Gefühle zu konzentrieren, kann er das oberflächliche Geschnatter schnell umgehen und zu den wirklichen Gefühlen vordringen, die sich dahinter verbergen. Manchmal genügt es, einfach zu sagen: »Sprechen Sie nicht«, um sofort eine Flut von Tränen auszulösen.
Einige Homöopathen sind beim Gedanken an eine emotional überschwengliche und dramatische Natrium-Frau vielleicht verwirrt. Die Verwirrung läßt jedoch nach, wenn man sich daran erinnert, daß dies nur eine weitere Spielart ist, wie Natrium es vermeidet, sich mit ihren wirklichen Gefühlen auseinanderzusetzen. In den alten Arzneimittellehren stehen keine genaueren Einzelheiten über die Geistessymptome der Arzneien. Kent sagt jedoch, Natrium sei »eine Arznei für hysterische Mädchen«. Wenn Natrium aber hysterisch sein kann, dann kann sie auch »prähysterisch« oder emotional überschwenglich sein.
Es ist nicht überraschend, daß viele Natrium-Menschen ihre dramatischen Fähigkeiten nutzen und als Amateure oder Profis Schauspielerinnen und Schauspieler werden. Die meisten Profis sind Natrium (obwohl viele auch zu den ebenso dramatischen Phosphor-, Ignatia- und Sulfur-Typen gehören), genauso wie die meisten Models, deren Beruf viel mit Schauspielerei zu tun hat. Elizabeth Taylor ist ein gutes Beispiel für eine Natrium-Schauspielerin, sowohl auf der Leinwand als auch im Privatleben.
Genauso wie viele Homöopathen erwarten, daß Natrium zurückhaltend ist, erwarten sie auch, daß Natrium das Rampenlicht meidet. Natürlich tun Schauspieler genau das Gegenteil, aber das gilt auch für viele »normale«Natriums, besonders für manche Frauen. Viele Natrium-Eltern ermutigen ihre Kinder ausdrücklich, zu tanzen, zu singen oder Gedichte vorzutragen. Das ist gesund, solange das Kind es selbst will und nicht zu herausragenden Leistungen getrieben wird, aber oft machen Eltern das Kind zum Stellvertreter für eigene unerfüllte Bedürfnisse und setzen es damit unter Druck. Das kann auch dazu führen, daß das Kind später immer im
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