Psychologische Homöopathie
oder davon, daß sie selbst begraben sei, und sie empfinde diese Träume nicht als Alpträume. Der Homöopath muß sich klarmachen, daß diese Art, vom Tod fasziniert zu sein, echt und tief verwurzelt ist und nicht etwa eine Marotte, die der Patient pflegt, um sich interessant zu machen. Gewöhnlich weiß der Syphilinum-Mensch, daß seine Interessen sonderbar sind, und behält sie deshalb für sich.
Mir sind keine Patienten mit sexuellen Fetischen begegnet, die etwas mit Verstorbenen zu tun gehabt hätten, aber die Porträts von zwei Menschen mit solchen Fetischen in den beiden Filmen Der Mann, der die Blumen liebte und Golden Braid , die der australische Regisseur Paul Cox kunstvoll inszeniert hat, erinnern sehr stark an Syphilinum. Beide Charaktere beschäftigen sich nicht nur besessen mit dem Tod und Verstorbenen, sondern sammeln auch zwanghaft schöne Dinge. Ich hatte eine Syphilinum-Patientin, deren liebstes Hobby es war, schöne Vasen zu sammeln, und die meisten Syphilinum-Patienten, die ich behandelt habe, liebten alles Schöne und neigten auch dazu, Dinge zu sammeln.
Zwanghaft-besessen
Alle syphilitischen Arzneimitteltypen neigen zu Zwangsverhalten. Die Pedanterie von Arsenicum ist allgemein bekannt, und das am besten bekannte mentale Symptom von Syphilinum ist gewöhnlich der Waschzwang. Davon sind zwar nicht alle Syphilinums betroffen, aber die meisten, die ich kennengelernt habe, hatten diesen Zwang an irgendeinem Punkt ihres Lebens bis zueinem gewissen Grad (Kent: »wäscht immer ihre Hände«). Am häufigsten findet man den Zwang, sich oft die Hände zu waschen. Der Betreffende hat in der Regel das Gefühl, vergiftet zu sein, und fürchtet sich vor Krankheitserregern; deshalb werden die Hände zigmal oder sogar hunderte Male am Tag gewaschen. Wenn eine solche Frau jemandem die Hand gegeben hat, fühlt sie sich verseucht und hat keine Ruhe, bis sie sich die Hände gewaschen hat. Eine Syphilinum-Patientin, die ganz klassisch von Beerdigungen, Spinnen und dergleichen fasziniert war, wusch sich auf eine andere, aber genauso zwanghafte Art. Jeden Morgen und jeden Abend verbrachte sie ungefähr eine Stunde im Badezimmer und schrubbte jeden Zentimeter ihres Körpers sauber. Als Kind hatte sie damit ihre Familie verärgert, die sich an ihr Reinigungsritual hatte anpassen müssen, Sie sagte, sie fühle sich schmutzig und habe auch Angst, wenn sie sich nicht so ausgiebig wasche.
Manchmal ist der Waschzwang von Syphilinum subtiler, oder die Patientin versucht, ihn wegzurationalisieren. Eine Frau, die sehr deutlich Syphilinum war, sagte, sie wasche ihre Hände zwar häufig, aber das habe damit zu tun, daß sie Köchin sei. Es kam mir so vor, als habe sie unbewußt einen Beruf gewählt, in dem sie ihren Waschzwang beibehalten konnte.
Wenn wir vom Ursprung der Nosode ausgehen, dann scheint es irgendwie passend, daß Syphilinum-Menschen sich oft vor Verseuchung fürchten. Eine junge Frau konsultierte mich, um ein sonderbares Syndrom behandeln zu lassen, das seine Ursache angeblich darin hatte, daß sie in ihrem Beruf als Druckerin mit einer Zyanidverbindung in Berührung gekommen war. Obwohl die fragliche Berührung vor etwa 18 Monaten stattgefunden hatte, sagte sie, ihre Haut scheide immer noch Zyanid aus, und alles, was sie anfasse, werde davon verseucht. Wenn sie es dann einen Tag später wieder berühre, bekomme sie dadurch Symptome wie Hautbrennen, Kopfschmerzen und geistige Verwirrung. Deswegen konnte sie keine Bücher lesen, kein Essen in den Kühlschrank stellen, und sie mußte ihre Kleidung nach einmaligem Tragen waschen. Sie war eine intelligente Frau und hatte sich die Mühe gemacht, Laborberichte zu beschaffen, die offenkundig bestätigten, daß sie kurz nach der angeblichen Exposition Spuren von Isozyanaten an ihrer Kleidung hatte. Sie konnte jedoch nicht nachweisen, daß ihre Haut anderthalb Jahre später immer noch das Toxin absonderte, und ich machte ihr klar, daß, selbst wenn es so sein sollte, die Symptome unabhängig davon auftreten würden, ob sie etwas zuvor durch sie »Infiziertes« anfaßte oder nicht. Dafür hatte sie eine ziemlich komplizierte Erklärung, daß nämlich die Toxine, die aus ihrer Haut kämen, sich nach einer Weile an der Luft chemisch veränderten und dannfreies Zyanid abgäben, was bei Berührung zu den entsprechenden Symptomenführe.
Ihre Erklärung erschien so überzeugend, daß ich dachte, es könnte möglicherweise doch etwas daran sein, aber um nicht irgendwelchen
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