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Psychologische Homöopathie

Psychologische Homöopathie

Titel: Psychologische Homöopathie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip M. Bailey
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himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt. In solchen Phasen kämpft Graphites vielleicht mit vielen Selbstzweifeln oder sogar Selbstanklagen. Eine junge Graphites-Frau, deren prämenstruelle Spannungen hervorragend auf das Mittel ansprachen, beschrieb sich als »sehr selbstsüchtig« während ihrer depressiven Phasen, obwohl sie wie ein sensibler und großzügiger Mensch wirkte und keine Anzeichen von Selbstsucht zeigte, wenn sie sich gut fühlte. Das geringe Selbstwertgefühl ist ähnlich wie bei Natrium-Frauen, wird aber von Graphites meist leichter überwunden, weil es nur vorübergehend auftritt. Wie Natrium muriaticum ist Graphites in der Öffentlichkeit oft sehr befangen und errötet leichter als jeder andere Typ, wenn sie in Verlegenheit gebracht wird.
    Die emotionale Labilität von Graphites führt auch zur Unentschlossenheit (Kent: »Sie weiß nicht, was sie will«). Wenn sie übermäßig emotional wird, ist ihr ansonsten fähiger und sensibler Intellekt gelähmt, und sie ringt verzweifelt mit der kleinsten Entscheidung. In solchen Phasen verläßt sie sich sehr auf andere, die für sie die Entscheidungen treffen sollen. Aber auch wenn sie nicht besonders emotional ist, kann Graphites Schwierigkeiten haben, sichzwischen verschiedenen Möglichkeiten zu entscheiden. Das gilt besonders für wichtige Entscheidungen, beispielsweise, welches Fach sie studieren oder welchen Beruf sie ergreifen soll, weil sie nicht genügend Selbstvertrauen hat, um ein Risiko einzugehen. Alle freundlichen, sensiblen Konstitutionstypen leiden unter Unentschlossenheit, weil sie Angst haben, eine »falsche Entscheidung« zu treffen, und die negativen Folgen fürchten (Kent: »Furcht vor Unglück«).
    Da wir gerade beim Thema Furcht sind, sollten wir auch einen Blick auf die allgemeine Furchtsamkeit von Graphites werfen. Wie die meisten empfindsamen Typen kann Graphites sehr ängstlich sein. Abhängig von ihrer Erziehung kann sie anderen Menschen gegenüber schüchtern sein, sich vor riskanten Sportarten wie Segeln oder Bergsteigen fürchten, nervös werden, wenn ihr Mann etwas zu schnell Auto fährt, oder bei Nacht überempfindlich auf das geringste Geräusch reagieren. Eine Graphites-Patientin gab zu, daß sie ihren Mann nachts immer beim geringsten Geräusch wecke, weil sie Angst vor Einbrechern habe. Diese Frau fürchtete sich auch, wenn sie nachts in einer einsamen Gegend war, nicht vor Angreifern, sondern vor Gespenstern. (Die Tatsache, daß Graphites in Kents Repertorium nicht unter der Rubrik »Furcht vor Gespenstern« steht, sollte den Homöopathen nicht irritieren. Kents Repertorium ist keineswegs »vollständig«.)
    Die bei Graphites am weitesten verbreitete Furcht ist eine allgemeine Zukunftsangst. Es gibt eine Tendenz zum Pessimismus, oder besser, das Schlimmste von der Zukunft zu erwarten, und diese Furcht kann Graphites manchmal handlungsunfähig machen. Dieselben Ängste findet man auch bei Sepia, Calcium, Arsenicum und Phosphor. Bei Graphites sind sie in der Regel vorübergehend und dominieren nicht sehr lange. Wenn das Leben einigermaßen glatt läuft, ist Graphites im allgemeinen ziemlich sorglos wie Calcium und Phosphor und hält nicht wie Arsenicum ständig Ausschau nach Schwierigkeiten.
    Recht verbreitet ist bei Graphites auch die Angst, einen nahestehenden Menschen zu verlieren. Graphites-Menschen hängen sehr an ihrer Familie und ihren Freunden und sind sich gewöhnlich auch ihrer eigenen Abhängigkeit von diesen sehr bewußt. Dadurch kann die nagende Angst entstehen: »Was würde ich tun, wenn Soundso stürbe. Wie würde ich damit fertig werden?« Graphites steht kursiv in Kents Repertorium unter Gram, ein Hinweis darauf, daß diese Menschen stark unter schmerzlichen Verlusten leiden.
Der Graphites-Mann
    Graphites-Männer haben in modernen Gesellschaften einen entscheidenden Nachteil. Sie sind schüchtern, und die Attribute der Männlichkeit, die von der Gesellschaft so besonders geschätzt werden, sind bei ihnen vergleichsweise schwach entwickelt. Graphites-Jungen sind im allgemeinen weich und sensibel und werden in der Schule als » Weichlinge« gehänselt. Meist kommen sie mit ihrer Mutter besser zurecht als mit ihrem Vater, und sie interessieren sich oft für eher weibliche Tätigkeiten wie Kochen und Gärtnern. Besonders benachteiligt ist der Graphites-Junge mit einem traditionellen Vater, der erwartet, daß der Junge sich männlich verhält, Fußball mag und nicht weint. Solch ein Junge wächst mit dem

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