Psychologische Homöopathie
nahmen.
Der Hippie
In den sechziger Jahren schlossen sich viele junge Leute bis zu einem gewissen Grad der Hippiebewegung an. Darunter waren zweifellos ganz verschiedene Konstitutionstypen. Ich habe jedoch festgestellt, daß die Mehrheit der Menschen, die immer noch an diesem Lebensstil festhalten, entweder eine Lycopodium- oder eine Natrium-Konstitution haben. Zum Hippielebensstil gehört, daß man aus den geltenden gesellschaftlichen Normen aussteigt, und während es zunächst so aussieht, als widerspreche das dem Konformitätsstreben von Lycopodium, entspricht es doch sehr stark seiner Tendenz, sich vor Verantwortung zu drücken. Die meisten Hippies der Gegenwart gehen keiner regelmäßigen Arbeit nach, und viele leben von der Sozialhilfe. Sie rechtfertigen das gewöhnlich, indem sie sagen, das System sei korrupt und dürfe deshalb auch mißbraucht werden, oder indem sie ihren Lebensstil als positives Beispiel für die Gesellschaft bezeichnen. Beide Rechtfertigungen machen deutlich, wie Lycopodium rationalisieren kann. Zum Hippielebensstil gehört auch die »freie Liebe«, was gewöhnlich Sex ohne emotionale Bindung bedeutet, und das ist für viele Lycopodium-Typen ebenfalls sehr attraktiv. Außerdem ist die Hippiegesellschaft für diejenigen, die dazugehören, ein Hort bedingungsloser Liebe und Bestätigung, was der durchschnittliche Lycopodium ebenfalls sehr zu schätzen weiß. Ich habe einmal ungefähr zehn Mitglieder einer Gemeinschaft behandelt, die Jünger des verstorbenen indischen Gurus Bhagwan Shree Rajneesh waren. Rajneesh hatte einen sehr liberalen Ansatz und ermutigte seine Anhänger vor allem, das Leben zu genießen. Das führte innerhalb der Gemeinschaft zu einem sehr lockeren Sexualverhalten. Jeder dieser Patienten klagte über Verdauungsstörungen, und jeder von ihnen war konstitutionell Lycopodium. Es war irgendwie witzig – ich hielt das Lycopodium bereit und wartete auf den nächsten »Sannyasin« (Anhänger von Rajneesh). Ich tat mein Bestes, jeden neuen Fall unvoreingenommen zu prüfen, aber sie reagierten alle auf die Arznei.
Die Hippiegemeinschaft von heute ist stark von Marihuana abhängig, um das Leben angenehm zu machen, und das ist vielleicht ein Beispiel für die Fluchttendenzen von Lycopodium. Um Sorgen, Arbeit und das Gefühl von Unzulänglichkeit angesichts eines Konfliktes zu vermeiden, entwickeln viele Lycopodium-Typen eine spezifische Blindheit gegenüber Problemen. Diese beeinträchtigte Wahrnehmung wird durch den Gebrauch von Alkohol und Marihuana erleichtert, und das ermöglicht es vielen Lycopodium-Typen, einschließlich der meisten Hippies, in einer Art Narrenparadies zu leben. Eineher konventionelles Beispiel finden wir in der Cartoon-Gestalt des Andy Capp. Wann immer seine seit langem leidende Ehefrau ihm Vorwürfe macht, weil er sein Geld verspielt, statt die Rechnungen zu bezahlen, lautet seine Antwort: »Mach dir nichts draus, Liebling, komm und trink was.«
Innerhalb einer Gemeinschaft, wie sie die Hippies bilden, fühlt sich Lycopodium akzeptiert und dazugehörig, und deshalb macht es nichts aus, wenn er im Hinblick auf den Rest der Gesellschaft gegen den Strom schwimmt, denn er verhält sich immer noch konform zu einer akzeptablen Norm. (Denken Sie an die außergewöhnliche Konformität der Hippiekultur mit ihren Blumenhernden, den langen Haaren, dem selbstgemachten Schmuck und dem Ethos von Frieden und Liebe.) Der relativ sichere Lycopodium kann mehr Individualität entwickeln, und dieser Prozeß wird oft durch eine Dosis Lycopodium 10M ausgelöst.
Sentimentalität und ein weiches Herz
Lycopodium hat meist ein weiches Herz. Selbst der körperliche Angeber wird seiner Mutter zum Muttertag wahrscheinlich Blumen schicken. Die meisten Lycopodium-Typen empfinden echte Menschenliebe, wenn sie auch eher freundlich-zurückhaltend und ziemlich unpersönlich sind. Sie haben ein weiches Herz und lassen sich gewöhnlich durch Berichte über Kummer und Elend bewegen. Lycopodium hat selbst so oft unter dem Gefühl der Unzulänglichkeit gelitten, daß seine Sympathien in der Regel dem Verlierer gehören, in den er sich bis zu einem gewissen Maß einfühlen kann. (Aber er bewundert auch den Erfolg in jeder Form und versucht, dem Gewinner nachzueifern.) Der durchschnittliche Lycopodium-Mann ist ein recht guter und aufmerksamer Partner und ein nachsichtiger Vater. Das gilt besonders gegenüber seinen Töchtern, während er mit seinen Söhnen etwas härter umgeht, weil er durch
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