Psychose: Thriller (German Edition)
immer schmaleren Vorsprüngen festhalten.
Anfangs hatte er nach jeder Bewegung kurz innegehalten und jeden weiteren Vorsprung mehrfach geprüft, doch das konnte er sich jetzt nicht mehr erlauben. Seine Beine verspannten sich bereits und der erste Krampf schien nicht mehr lange auf sich warten zu lassen. Wenn er hier oben an der Wand unter Krämpfen litt, wäre das sein Ende.
Und so kletterte er, so schnell er konnte, nutzte jeden akzeptablen Felsvorsprung, den er entdecken konnte, und versuchte, Trost in dem Wissen zu finden, dass die Distanz zum Boden immer größer wurde und es bei einem Sturz besser für ihn wäre, sofort zu sterben, anstatt mit einem gebrochenen Bein oder Rückgrat in der nackten Wildnis zu liegen und einem langsamen, schmerzvollen Tod entgegenzusehen.
Trotzdem wuchs seine Angst, je höher er kletterte. Ethan kämpfte gegen den Drang an, nach unten zu sehen, doch er konnte sich der morbiden Faszination irgendwann nicht mehr erwehren und musste einfach wissen, wie hoch er schon über dem Boden war.
Endlich legte er seine rechte Hand auf den rettenden Sims.
Er wollte sich hochziehen und sein linkes Knie auf den Vorsprung schieben.
Als er erkannte, dass er mit der linken Hand ins Leere griff, war es bereits zu spät.
Eine endlose Sekunde lang hing Ethan in der Luft, ein Knie auf dem Vorsprung, während seine Körpermitte durch die Schwerkraft nach unten gezogen wurde und in die schreckliche Leere nach unten zu fallen drohte.
Dann stürzte er sich voller Verzweiflung nach vorn, klammerte sich mit beiden Händen an den Felsen und konnte sich mit der linken auf Brusthöhe festklammern.
Einen Moment lang wusste er nicht, ob er sich festhalten und auf den Sims schwingen konnte oder ob die Schwerkraft siegen würde – seine Finger schienen abzurutschen und seine Knöchel liefen weiß an.
Doch seine Rückwärtsbewegung wurde aufgehalten und er zog sich an den Fingerspitzen nach oben, während seine Stirn über den Stein schabte.
Er musste seine ganze Kraft zusammennehmen, um das rechte Bein nach oben zu schwingen und sich auf den Sims zu stellen.
Der Vorsprung war nur etwa halb so breit wie der letzte, und seine Füße standen über den Rand.
Hier konnte er sich unmöglich hinsetzen oder längere Zeit aufhalten.
Der Riss in der Wand, durch den er die restliche Distanz bis zu dem Metallstück überbrücken konnte, befand sich direkt über ihm. Er sah breit genug aus, dass sich Ethan hineinquetschen könnte, wenn er nur dorthin gelangte, aber im Augenblick hatte er nicht die Kraft, sich hochzuziehen.
Er wäre beinahe ums Leben gekommen und zitterte am ganzen Körper.
Der Schrei ließ ihn seine Furcht vergessen.
Erstaunt sah er fünfzehn Meter nach unten auf den Boden der Schlucht.
Er hatte den Schädel des Monsters zertrümmert.
Wie zum Teufel …
Moment mal.
Es bewegte sich nicht und besaß auch keinen Mund mehr, um ein derartiges Geräusch ausstoßen zu können.
Dann hallte der nächste Schrei, der etwas tiefer klang als der erste, durch die Schlucht, wurde von den Wänden reflektiert und Ethan sah zurück zum Zaun.
Oh Gott.
Es waren fünf, die sich fast schon wie ein Geschwader durch die Schlucht bewegten und die großen Felsen mit schnellen, eleganten Sprüngen überbrückten.
Ethan drückte den Rücken gegen den Felsen und versuchte, so still zu stehen, wie er nur konnte.
Der Anführer des Rudels lief mit voller Geschwindigkeit aus dem Feld aus großen Felsen heraus, und als er das Wesen erreichte, das Ethan getötet hatte, kam er schlitternd zum Stillstand und senkte den Kopf auf den Boden, um am zertrümmerten Schädel seines Artgenossen zu schnuppern.
Als die anderen näher kamen, hob er den Kopf zum Himmel und stieß ein langes, herzergreifendes Jaulen aus, das auch von einem Wolf hätte stammen können.
Die anderen vier gesellten sich zu ihm und zehn Sekunden später jaulten sie alle wie ein trauernder Chor, sodass es Ethan, der reglos auf dem Vorsprung stand und lauschte, eiskalt den Rücken herunterlief, während sein Schweiß und das Blut dieser Kreatur auf seinem Gesicht trockneten.
Er versuchte zu begreifen, was er da sah und hörte, aber es schien keine Erklärung dafür zu geben.
Es überstieg alles, was er je erlebt hatte, und sprengte jegliche Vorstellungskraft.
Als das Jaulen aufhörte, wandten sich die Wesen einander zu und kommunizierten in der seltsamsten Sprache, die Ethan je gehört hatte.
Sie klang wie das furchterregende, abgehackte Schreien
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