Pubertaet - wenn Erziehen nicht mehr geht
teilst du mit Tausenden von Menschen, die ebenfalls nicht aus Musterfamilien stammen.
Man könnte natürlich darüber diskutieren, ob deine Eltern dir und deinen Geschwistern nicht ein besseres Leben hätten bieten können, aber so eine Diskussion würde niemand nützen. Deine Eltern haben ihr Leben gelebt, so gut sie es vermochten, und ihr Kinder habt ihr Leben sicher mehr bereichert als sie eures.
Es wäre eine große Hilfe für dich, wenn deine Eltern zu dieser Tatsache stehen würden, aber das wäre vermutlich zu viel verlangt. Die Einsamkeit und Hilflosigkeit deiner Mutter ist groß, und dein Vater muss mit enormen Schuldgefühlen leben - sowohl seinen Kindern als auch seiner Frau gegenüber. Sie haben also beide jede Menge mit sich selbst zu tun, und das wird auch sicher so bleiben, auch wenn deine Mutter sich scheiden ließe. Du bist schon immer einsam gewesen, also brauchst du die Einsamkeit nicht zu fürchten. Alles, was du fürchten musst, ist die Resignation.
Umgang mit Alkohol
LIEBER JESPER JUUL,
loszulassen und Vertrauen zu haben ist oft nicht einfach. Von unseren drei Jungs sind zwei bereits 16 und 17 Jahre alt und deutlich keine kleinen Kinder mehr. Wir Eltern bekommen den Drang unserer Söhne, ihre Flügel auszubreiten, um allen Abenteuern, die die Erwachsenenwelt zu bieten hat, entgegenfliegen zu können, stark zu spüren. Dabei bleiben unterschiedliche Ansichten selbstverständlich nicht aus. Einer unserer ständigen Reibungspunkte ist der Hang der Jungs, bei Treffen mit Freunden gerne und nicht immer wenig Alkohol zu konsumieren. Bis sie 16 wurden, missachteten sie des Öfteren unsere Vorgabe, dass Alkohol überhaupt tabu sei. Gegen unser Verbot kämpften sie mit vielen Argumenten, insbesondere mit dem, dass man überall auf der Straße Jugendliche sehen könne, die mit Bierflaschen in der Hand unterwegs seien, und wie unzeitgemäß doch unsere Einstellung wäre. Mit dem Erreichen des ersehnten 16. Lebensjahrs wollten meine Frau und ich unseren Jungs aber trotzdem keine ausufernden Alkoholexzesse zubilligen, sondern stellten uns einen kontrollierten, gemäßigten Umgang mit Alkohol vor. Sie können sich sicher vorstellen, dass hier unterschiedliche Ansichten aufeinander prallten.
Es ist nicht leicht, wenn man als antiquiert und hinterwäldlerisch abgestempelt wird, weil man letztlich Sorge hat um seine Kinder. Noch weniger möchte man ihnen den Spaß verderben, muss aber zunehmend auch noch mit den schlechten Vorbildern der Erwachsenen klarkommen, die genauso in öffentlichen Verkehrsmitteln ihre Feierabendbierchen trinken.
Ich würde mich freuen, wenn Sie zu diesem Dilemma etwas schreiben könnten. Wie sagen doch meine Jungs so schön? Du
kannst die Augen vor dem Alkohol nicht verschließen, Spaß muss sein.
Ein Vater
ANTWORT
Die Qualitäten eines Vaters bemessen sich nicht nach den Regeln, die er seinen Söhnen vorgibt, sondern nach der Art seiner Reaktion, wenn diese Regeln gebrochen werden. Das bedeutet nicht, dass ein Regelbruch glorifiziert werden soll oder dass man von vornherein darauf verzichten könnte, für einen gewissen Ordnungsrahmen zu sorgen. Denn dieser Rahmen, dem jeder Jugendliche im Grunde seines Herzens positiv gegenübersteht, ist doch Ausdruck der Fürsorge und Besorgnis der Eltern und zwingt die Jugendlichen ihrerseits, eine bestimmte Haltung einzunehmen und Verantwortung für ihr eigenes Handeln an den Tag zu legen.
Es bedarf einiger Jahre in diesem Spannungsfeld von Liebe, Freiheitsdrang, Angst und Besorgnis, damit die Jugendlichen erwachsen werden und ihre Erwachsenen loslassen können.
Für Sie und Ihre Frau ist der Alkohol zum primären Feind geworden, und die Angst vor dem Alkoholmissbrauch Ihrer Söhne liefert Ihnen die Energie, den Kampf gegen diesen Feind aufrechtzuerhalten.
Sie können sich glücklich schätzen, Söhne zu haben, die zu ihrem eigenen Verhalten stehen, was einiges über Ihren Erziehungsstil in den ersten zehn bis zwölf Lebensjahren Ihrer Kinder aussagt. Diese suchen die offene Diskussion mit Ihnen, statt sich zu verstellen oder Sie anzulügen. Das würde ich an Ihrer Stelle mit einem »kleinen Gläschen« feiern!
Missbrauch und Abhängigkeit sind ein furchtbares Schicksal, und wir wissen inzwischen, dass Jugendliche wie Erwachsene von verschiedensten Dingen abhängig werden können: von
Alkohol, Drogen, Shopping, Sex, Computerspielen, Internetsurfen, Psychopharmaka, Glücksspielen etc. Der missbräuchliche Konsum der Erwachsenen
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