Pubertaet - wenn Erziehen nicht mehr geht
hartes Regiment führt, vor allem nicht gegenüber einem 14-jährigen Jugendlichen. Dennoch habe ich das entschiedene Gefühl, dass ich in der Erziehung einen anderen Kurs einschlagen muss. So, wie es jetzt ist, lebt er nur in den Tag hinein, ohne die langfristigen Folgen seines Verhaltens zu bedenken. Was kann ich tun?
Eine ratlose Mutter
ANTWORT
Es ist nicht leicht, Ihnen zu helfen, ohne Ihre Familie näher zu kennen. Doch lassen Sie mich trotzdem ein paar qualifizierte Vermutungen äußern, die auf dem basieren, was ich im langjährigen Umgang mit Diplomatenfamilien erfahren habe, die sich alle vier Jahre an ein neues Milieu gewöhnen müssen und irgendwann in ihr Heimatland zurückkehren. Aber zunächst etwas zu A und seinem Vater.
Die allermeisten Kinder haben nur zu einem Elternteil ein besonders ausgeprägtes Verhältnis, und das hat nichts mit Liebe oder dem täglichen Miteinander zu tun. In aller Kürze bedeutet dies, dass es dieser Elternteil ist, auf den das Kind seine Existenz maßgeblich ausrichtet. Steht dieser Elternteil nicht zur Verfügung, muss es allein zurechtkommen. Der andere Elternteil kann dies nicht kompensieren. Ich vermute, dass A ein solches Verhältnis zu seinem Vater hat. Vielleicht vermisst er ihn auf emotionaler Ebene, vielleicht auch nicht, aber das Entscheidende ist, dass er ihn entbehren muss - als Inspirationsquelle und Rollenvorbild. Das gilt vor allem für die Pubertät, in der er eben nicht von seiner Mutter lernen kann, was es heißt, Mann zu sein. Auch die liebevollste Mutter kann einen abwesenden Vater nicht ersetzen. Im Grunde müsste Ihr Mann zu Hause also sehr viel präsenter sein - nicht als Erzieher, sondern als erwachsener Gefährte und primäre Bezugsperson.
Zum ersten Mal hat A dieses Bedürfnis vermutlich sehr stark gespürt, nachdem Sie in Ihr Heimatland zurückgezogen waren. Die internationalen, amerikanisch geprägten Schulen haben eine ganze eigene Kultur, in der großer Wert auf Leistung und Ehrgeiz gelegt wird, und unsere nordischen Schulen sind meist sehr schlecht darauf vorbereitet, Schülern, die von solchen Schulen kommen, ein sinnvolles fachliches Angebot zu machen und die sozialen Umstellungsschwierigkeiten aufzufangen.
Ihr Mann hat diesen Integrationsprozess offenbar A und Ihnen überlassen, was eine große Einsamkeit bei A zur Folge hatte, der sich schließlich neue Freunde als Bezugspersonen gewählt hat. Das soll keine Kritik an Ihren Bemühungen als Mutter sein, sondern eine Feststellung, dass es sich um eine Aufgabe handelte, die nur der Vater gemeinsam mit seinem Sohn hätte lösen können.
Was die Schule betrifft, hat A ebenso reagiert: Wenn ihr mich und meine Bedürfnisse nicht ernst nehmt, warum sollte ich dann eure Forderungen erfüllen? Er behandelt die Schule in derselben Art und Weise, wie sie ihn behandelt hat. Dass wir Erwachsenen die Kurzsichtigkeit dieses Verhaltens sehen, versteht sich von selbst.
Ich vermute, dass Ihr Mann (wie viele andere Männer auch) mehr in und für die Zukunft lebt als in der Gegenwart. Ein Verhalten, das weder seiner eigenen Lebensqualität noch seiner Familie zugutekommt. Daher ist es in gewisser Weise verständlich und klug, dass sich A für eine andere Lebenseinstellung entscheidet. Nicht als bewusster Protest, sondern als logische Konsequenz daraus, dass er seinen Vater in wichtigen Phasen seiner Entwicklung entbehren musste.
Er mag seine Talente und seine Ausbildung vernachlässigen, doch in existenzieller Hinsicht tut er das Beste, was er kann: Er akzeptiert seine familiäre Einsamkeit, ohne seine Familie anzugreifen oder zu zerstören, und konzentriert sich ganz darauf,
was seinem Leben einen Sinn verleiht. Vielleicht handhabt er sein Leben zurzeit nicht besonders intelligent, aber sehr klug! Ich bin optimistisch, dass sein Verhalten in drei, vier Jahren wieder sehr viel konstruktiver sein wird, wenn Sie seine Einsamkeit und ihre logische Folge - dass er seine eigenen Entscheidungen trifft - akzeptieren und anerkennen.
Ihre äußerst wichtige Rolle besteht darin, dass er diesen Weg nicht allein gehen muss. Sie können für ihn da sein, wenn dieser Weg besonders schmerzhaft ist und er um Fürsorge bittet. Sie sollten dies nur nicht dadurch kompensieren, dass Sie ihn zu sehr bemuttern!
Wenn Sie etwas ändern wollen, können Sie das nicht allein tun. Falls das, was ich geschrieben habe, überhaupt relevant für Sie ist, schlage ich vor, dass Sie einen Familienrat einberufen und Ihrem Mann und
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