Pubertaet - wenn Erziehen nicht mehr geht
wurde. Und zum Beispiel morgens haben sie jeder einen Wecker und stellen sich den Wecker und stehen alleine auf, und ich muss sagen, das klappt wirklich super. Deshalb sehe ich das auch ein. Nur mit der Schule klappt es nicht so ganz.
VATER: Konkret wurde die Kontrolle der Hausaufgaben nicht mehr von uns durchgeführt, was vorher immer noch viel Zeit in Anspruch genommen und den Nachmittag geprägt hat. Die Kontrolle, welche Hausaufgaben sind anzufertigen, dann noch mal das Ergebnis der angefertigten Hausaufgaben zu kontrollieren, das haben wir losgelassen. Und haben gesagt, das geben wir in die Eigenverantwortung.
MUTTER: Ja, und ich war auch froh, dass das so war, denn ich hatte auch keine Lust mehr dazu.
JUUL: Das ist meine Frage. War das sozusagen ein gemeinsamer Prozess, war der Älteste einverstanden: Ja, ich übernehme das jetzt. Denn das ist ja richtig, er kann selber verantwortlich sein. Kinder können alles selber, aber meistens nicht alleine. Und es hört sich so an, als ob er es jetzt alleine macht. Diese Übertragung von Verantwortung ist sehr, sehr wichtig. Aber nicht so, dass die Eltern sagen: »Jetzt schaffe ich es nicht mehr, jetzt musst du verantwortlich sein.«
MUTTER: Nein, so war es nicht. Nicht, dass ich das nicht schaffe. Aber es ist halt auch dieser eine Eckpfeiler mit dem Vertrauen. Denn es war eher so eine Art Kontrolle, weil ich kein Vertrauen
hatte. Er sagte: »Wir haben nichts auf und ich muss nichts machen«, dann war aber ein Test mit einer Fünf im Ranzen und ein blauer Brief, aber angeblich war ja gar nichts auf in Französisch, aber da war dann trotzdem plötzlich ein blauer Brief. Deshalb fehlt auch eigentlich das Vertrauen dabei.
JUUL: Ich frage mich, wo sollen wir eigentlich mit dieser ganzen Geschichte anfangen. Denn es ist für mich, wenn ich das alles höre, eine sehr alte Geschichte. Eine Idee habe ich, nämlich dass irgendwie von Anfang an die Führerschaft unklar war oder ein bisschen romantisch oder es kommt daher, dass der Älteste eigentlich sehr viele Schwierigkeiten hat, seine Eltern zufrieden zu machen. (Zum Ältesten) Hast du es immer so erlebt, dass deine Eltern eigentlich nicht mit dir zufrieden sind?
SOHN (12): Du fragst, ob ich das einmal erlebt habe?
JUUL: Nein, nicht einmal, sondern durchgehend.
SOHN (12): Ach so, eigentlich nicht. Eigentlich habe ich das gar nicht erlebt.
JUUL: Du hast das noch gar nicht erlebt, du weißt also ganz genau, die sind mit mir völlig zufrieden?
SOHN (12): Ja.
JUUL: Gut.
SOHN (12): Eigentlich schon, mit der Schule nicht so, aber sonst schon.
JUUL: Ok. Freut mich. Denn für mich ist es noch schwierig zu verstehen. Ich glaube, für euren Sohn ist es so, dass es eine gewisse Ordnung geben muss, ein System, und dann kann man mitarbeiten oder dagegen arbeiten. Im Moment bin ich ein bisschen mit dem Ältesten, wenn er sagt: Warum müssen wir immer so viel darüber reden, warum einen halben Roman darüber sagen? Es ist, wie es ist, und es gibt mindestens zwei temperamentvolle Mitglieder in dieser Familie.
MUTTER: Ja, wir sind uns auch sehr ähnlich, deshalb knallt es auch, und damit hab’ ich auch kein Problem. Das Problem habe
ich dann, wenn er zu mir sagt, ich bin ein Stück Scheiße in seinem Leben, dann krieg ich schon Probleme, und das ist das, wo ich nicht weiß, wo setze ich da die Grenze. Wir können uns streiten, wir können uns von mir aus auch fünfmal am Tag streiten.
JUUL: Du weißt eigentlich genau, wo du die Grenze gerne setzen möchtest.
MUTTER: Ja, dass er im Streit nicht solche Wörter zu mir sagt.
JUUL: Meiner Erfahrung nach gibt es nur einen Weg: Das sollte man als Elternteil nicht persönlich nehmen. (Lachen)
MUTTER: Das wurde mir auch irgendwann gesagt, und dann habe ich gedacht ok, und dann wurde es eigentlich auch besser. Ich rege mich dann nicht weiter auf. Und er weiß auch ganz genau, dass er mich damit provoziert.
JUUL: Ich weiß nicht, ob er in der Situation gerade eine Strategie hat, wie kann ich jetzt Mama umkippen. Das glaube ich nicht. Aber es kommt, und es entwickelt sich so, und ich glaube, so muss es sein. Ich sehe nichts, wenn ich diese Beispiele höre, wo ich sagen würde: Mein Gott, das ist ja ungesund, das sollte nicht so sein.
MUTTER: Ja, wir nehmen uns dann hinterher wieder in den Arm und dann sagt er: »Ich hab dich manchmal so lieb und manchmal so scheiße«, und so ist es wahrscheinlich einfach.
JUUL: Ja. So ist es.
MUTTER: Es ist auch nicht so, dass solche Streits
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