Pubertaet - wenn Erziehen nicht mehr geht
der Situation ist, in der man Dinge tun muss, auch wenn man es direkt nicht tun möchte. Und so habe ich manchmal das Gefühl, diese Erfahrung fehlt unseren Kindern, weil immer alles schon da war, schon für alles gesorgt wurde. Auch bis in die kleinsten Dinge. Das geht um Wäsche, Aufstehen, Essen, Hygiene und alles: dass also letztendlich wir (Eltern) immer für alles geradestanden.
JUUL: Ich glaube eigentlich, dass es keinen Zusammenhang gibt zwischen Eigenverantwortung und Verpflichtung. Beides ist wichtig, hat aber eigentlich nichts miteinander zu tun. Du redest ja jetzt über diese Pflichten und Verpflichtungen als eine Art Vorübung.
VATER: Ja, ob man so etwas erfahren soll: »Das muss ich jetzt halt tun.« Und später in der Eigenverantwortung: »Das muss ich jetzt halt für mich tun.« Der Nutzen zeigt sich erst nachher, auch wenn ich es jetzt nicht tun will. Aber das ist halt die Frage, das habe ich mich gefragt: Ob vielleicht darin die Schwierigkeit liegt für unsere Kinder, Aufgaben zu erfüllen.
JUUL: Ich glaube, das hängt nicht zusammen. - Für mich ist es im Moment sehr schwierig. Entweder stelle ich die falschen Fragen, oder meine Ohren funktionieren nicht. Jetzt versuche ich mal ein paar Aussagen, und dann sagt ihr (Eltern) mir beide Bescheid, ob das aus eurer Sicht so stimmt oder nicht. Manchmal bekomme ich den Eindruck, dass ihr beide Eltern seid, die sagen: »Wir versuchen immer das Gute zuerst, wir wollen es nett, freundlich, gemütlich usw. machen, und wenn das nicht funktioniert, dann gibt’s Ärger, und dann wissen wir eigentlich nicht, was zu tun ist.« Das ist noch nicht ganz richtig, weil du sagst (zum Vater): »Ich weiß dann nicht, was zu tun ist«, du sagst (zur Mutter): »Eigentlich weiß ich, was zu tun ist, aber was ich mache, mag ich eigentlich nicht«, diesen durchgehenden Streit. Habe ich das richtig verstanden? Denkt ihr beide so? (Nicken)
Hm, ja, ok. Das ist ein bisschen gefährlich, denn das sogenannte Gute funktioniert oft nicht, und wenn wir dann zum Gegenteil gehen, dann funktioniert das auch nicht. Also zum Beispiel »Du musst Zähne putzen«: Wenn man das zehnmal sagt und es immer Streit gibt, dann kann man ja etwas davon lernen. Und das wäre? (Pause)
VATER: Das Zähneputzen wäre was, was ich schlecht in Eigenverantwortung abgeben könnte, aber auch nicht mit Belohnung versehen wollte. Sondern da denke ich einfach, das ist zu tun.
JUUL: Ok. Davon kann man lernen, dass die meisten Menschen auf dieser Welt (und das gilt auch für Kinder) es nicht mögen, dass jemand sagt: »Du musst jetzt.« Und besonders, wenn man so ein Krieger wie euer ältester Sohn ist, dann soll niemand mir sagen, was ich muss und was ich nicht muss. Das entscheide ich selbst.
MUTTER: Bei ihm trifft das jetzt ausgerechnet mit dem Zähneputzen nicht zu, aber bei allen anderen Sachen schon.
SOHN (12): Welche Sachen denn?
MUTTER: Du musst jetzt Hausaufgaben machen. Dann heißt es: »Ja, gleich. Ich komm gleich …«
VATER: Also Zähneputzen tut er schon immer sehr vorbildlich, das ist eher das Thema seines Bruders.
JUUL: Ja, vielleicht haben wir hier zwei Krieger, was weiß ich.
MUTTER: Manchmal denke ich mir, das gibt es doch gar nicht. Ein paar Sachen muss man doch einfach tun.
JUUL: Ja, das glauben ja Frauen immer … Irgendwas, das ich nicht genau spüren kann, funktioniert nicht zwischen euch beiden, ihr als Eltern und den beiden Kindern.
MUTTER: Ich denke immer, dass das was mit Autorität zu tun hat. Denn das hatte er schon immer, im Kindergarten mit den Erzieherinnen, in der Schule mit den Lehrern, auch innerhalb des Familienkreises herrscht die Meinung, dass er ganz große Schwierigkeiten hat, Autoritäten anzuerkennen. Und da frage
ich mich schon, was habe ich denn am einen oder anderen Punkt falsch gemacht. Er sagt: »Ich habe keinen Respekt vor dir, du machst ja auch nichts, dass ich welchen haben müsste.«
JUUL: Was verstehst du darunter?
MUTTER: Wenn er mich zum Beispiel im Laden fragt: »Wie findest du diesen Pulli?«, dann sage ich: »Ich finde diesen Pulli nicht gut, aber wenn du ihn magst, ist das gut, das ist ja dein Geschmack«, dann hat er das Gefühl, dass er den Pulli jetzt auch nicht gut finden kann, weil ich ihn blöd finde, und dann entsteht ein Streit.
SOHN (12): So ist das nun nicht. Ich nehme so einen Pulli und wenn ich den gut finde und du ihn nicht, dann sagst du das meistens so, als wäre der Pulli der letzte Dreck.
MUTTER: Das stimmt ja gar nicht, ich
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