Pubertaet - wenn Erziehen nicht mehr geht
mir nichts zu sagen und du bist …« und dann kann ich mich auch nicht zurückhalten … Wie man es sich klassisch vorstellen kann. Bis dann die Türen knallen. Drehe ich mich
dann um und gehe weg? Ich weiß dann einfach nicht, was ich machen soll. Weil ich der Meinung bin, man kann sich streiten, aber man muss irgendwo noch Respekt bewahren, und da habe ich das Gefühl, dass haben wir schon immer bei ihm, dass so eine Art Respekt fehlt. Im Kindergarten, in der Schule und nicht nur mit mir, sondern auch insgesamt. Dann ist ganz oft Streit, dass die beiden Brüder sich untereinander streiten und unser ältester Sohn drei viertel des Tages damit beschäftigt ist, den Jüngeren zu ärgern. Und ich hab das Gefühl, ich weiß nicht, warum er es tut. Ganz oft kommt es mir so vor, als müsste er dann von sich ablenken. Der Jüngere hat jetzt lange Haare. Das hatte der Ältere in dem Alter ungefähr auch drei Jahre lang, und trotzdem kriegt der Jüngere ungefähr zehnmal am Tag den Spruch zu hören, dass er Scheiße aussieht, dass er seine Haare abschneiden soll.
SOHN (12): Da ist noch eine Sache. Als wir gestern im Hotel im Fahrstuhl waren, kam irgendwie so ein Mann rein, der hat gesagt: »Kannst du mal Platz machen«, und dann kam irgendwie eine Frau rein und die hat meinen Bruder auch wieder für ein Mädchen gehalten.
MUTTER: Ja, jetzt haben wir das klassische Beispiel, dazu sag ich dann jedes Mal, dass wir das …
SOHN (12): Das ist mir unangenehm!
MUTTER: Dann schämt er sich für seinen Bruder. Aber als er in dem Alter war, war es dasselbe wie sein jüngerer Bruder heute, da hatte er die gleichen langen Haare, und das versuche ich ihm jedes Mal zu sagen: dass das jetzt die Sache seines Bruders ist, dass das seine Haare und seine Frisur sind und er das so möchte. Und dass ihm damals, mit den langen Haaren, auch keiner zehnmal am Tag gesagt hat, dass es doof ist.
SOHN (12): Mit neun hatte ich noch keine langen Haare!
MUTTER: Das ist genau die Situation! So ist es dann und das schaukelt sich jetzt so hoch bis … ja. Und so fangen dann oft die
Mahlzeiten an, dass wir am Tisch sitzen, und er erst mal sagt: »Oh, du siehst so scheiße aus mit deinen Haaren.« Und der Jüngere lässt sich das mittlerweile nicht mehr gefallen. Es ist dann schwierig und ich weiß nicht, wo ich da ansetzen soll. Ich sag dann, wenn der Tisch gedeckt ist oder jeder sitzt: »Ich will jetzt in Ruhe essen.« Dann ist es an der Regel, dass noch drei-, vier-, fünfmal Sätze hinterher kommen müssen. Und ich kann auch noch fünfmal sagen: »Ich will jetzt in Ruhe essen«, und dann halten sie sich nicht dran. Das ist die Frage, wo setze ich denn eine Grenze? Nehme ich meinen Teller und gehe raus oder gehen die Kinder mit ihrem Teller raus, oder?
JUUL (ZUM ÄLTEREN): Hast du einen Vorschlag?
SOHN (12): Das war gerade wieder die typische Mama-Art, irgendwie alle Beispiele aufzurufen und dann einen halben Roman draus zu machen.
MUTTER: Genau: Wenn ich dann versuche, mit ihm drüber zu reden, dann gehen schon gleich die Ohren zu, weil: »Oh, jetzt laberst du mich wieder voll.«
SOHN (12): Das ist ja auch so. (Lachen)
MUTTER: Dann die Frage mit der Eigenverantwortlichkeit. Wir haben irgendwann letztes Jahr im Herbst gesagt: Du bist jetzt für deine Schule verantwortlich. Denn bei ihm (beim älteren Sohn) ist es schon, seit er zur Schule geht, das Thema, dass er die Hausaufgaben häufig vergisst, dass sein Arbeitsverhalten nicht so ist, dass er dies und das vertrödelt und irgendwo vor sich hinträumt, und da haben wir gesagt: Ok, du machst jetzt deine Sachen. Und ich geb zu, es ist wirklich schwerer, loszulassen und sich rauszuhalten, als zu sagen: Jetzt machst du das und jetzt machst du das. Das Ganze hat jetzt so geendet, dass er von sich aus sagt: Kannst du mir bei den Hausaufgaben helfen? Die Zensuren sind so, dass jetzt was passieren muss. Entweder bei ihm oder … Er hat jetzt gesehen, dass er die Eigenverantwortlichkeit so handhabt, dass er gar nichts mehr macht. Er ist auf
Null runter gefahren, und auf dem Gymnasium kriegt man dann die Quittung. Und nun ist die Quittung da und jetzt ist die Frage, wie geht man damit um.
JUUL: Wie ist das passiert damals? Diese Übertragung von Verantwortlichkeit?
MUTTER: Ich habe beim Yoga öfter mit einer guten Freundin darüber geredet, und die hat mir das dann mit der Eigenverantwortlichkeit erklärt und gesagt, er kann seine Schule selber regeln. Genau das, was eigentlich vorhin hier gesagt
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