Pubertaet - wenn Erziehen nicht mehr geht
schon so, dass ich ihn auf der einen Seite gut unterstützen und ihn verstehen kann und das auch erlauben kann, weil ich aus meiner eigenen Kindheit weiß, dass es nicht gut ist, wenn etwas total verboten wird.
Auf der anderen Seite habe ich ein Werteproblem damit. Wie viel ist gut, kann er seinen Medienkonsum wirklich schon eigenhändig regeln, weiß er, wann genug ist? Ich möchte nicht den ganzen Nachmittag in seinem Zimmer sitzen müssen, um es zu kontrollieren. Genauso natürlich mit dem Computer. Das ist jetzt so das Thema.
JUUL: Wenn du über einen Wertekonflikt oder ein Werteproblem redest, was heißt das: Was sind deine Werte?
MUTTER: Wenn ich ganz ehrlich bin, ist tief in mir drinnen: zu viel ist schlecht. Da ist eine Stimme in mir: zu viel ist für die Kinder schlecht. Ich möchte ihn da vor etwas schützen, gerade
vor gewaltsamen Computerspielen zum Beispiel oder Fernsehsendungen, wo ich denke, das ist nicht gut für ihn.
JUUL: Und gut heißt?
MUTTER: Das beeinflusst ihn nicht günstig, ist für seine Entwicklung nicht gut.
JUUL: Und das heißt?
MUTTER: Ja, was heißt das? … Schwierig. Kann er damit umgehen, kann er diese Computerspiele, die oft sehr gewaltsam sind - überträgt er das dann nicht in sein Leben? Irgendwann mal?
JUUL (ZUM SOHN): Kannst du deiner Mutter die Frage kurz beantworten?
SOHN (13): Ich denke, dass es jetzt nicht so schlimm ist, denn ich mache ja zum Beispiel noch Sport oder treffe mich mit Freunden oder so. Ich sitze ja auch nicht den ganzen Tag davor, ich muss ja auch noch ein bisschen Schule machen. Deshalb denke ich, dass es nicht so problematisch ist. Weil ich gerne noch andere Sachen mache.
JUUL: Was denkst du darüber?
MUTTER: Das ist gut so, ja.
JUUL: Aber?
MUTTER: Manchmal ist es mir trotzdem zu viel (lacht) .
JUUL: Deswegen frage ich.
MUTTER: Aha.
JUUL: Denn eine Aussage ist: »Manchmal ist es mir zu viel«, und eine andere ist: »Manchmal ist es dir zu viel«.
MUTTER: Ihm, zu viel?
JUUL: Ja, denn dass es dir zu viel ist, das ist ja nicht wichtig. Oder anders gesagt, das hat nichts mit seiner Entwicklung zu tun. (Zum Vater) Mittlerweile möchte ich gerne hören: Was meinst du dazu?
VATER: Ich sehe es von den Werten her ein bisschen anders, also: »Fernsehen ist schlecht«, überspitzt formuliert, persönlich sehe
ich das nicht so. Wir beide (Sohn/Vater) kommen oft in eine Unterhaltung rein, die eher über die Qualität des Fernsehens geht. Was mich persönlich am meisten stört, das sind diese absolut niveaulosen Sendungen, wo man sagt, da gewöhnst du dir einfach irgendwas an, was ich nicht mittragen möchte. Das ist die eine Geschichte. Die andere Geschichte ist, dass ich sehr oft mitkriege - beim Fernsehen jetzt weniger, eher wenn er so vorm PC sitzt -, er sagt ursprünglich, er geht jetzt runter und spielt ein bisschen, um sich zu erholen, und kommt dann entweder total frustriert oder total geladen vom PC weg. Da merke ich halt, das ist irgendwas, was ihm zumindest in dem Moment nicht gut tut.
JUUL (ZUM SOHN): Erkennst du dich wieder in diesem Bild?
SOHN: Ja, manchmal schon, aber ich würde sagen, es kommt halt nicht so häufig vor, das ist eher weniger problematisch.
JUUL: Ok.
VATER: Was mir noch eingefallen ist: Also für mich ist auch ein Knackpunkt, wenn niemand da ist, der ihn an bestimmte Sachen erinnert, dass dann halt alles Mögliche liegenbleibt, was er eigentlich machen sollte. Was er also im Normalfall, wenn ich jetzt da wäre, auch machen würde, aber weil gerade keiner da ist, ist die Verlockung des PCs oder des Fernsehers höher, und dann passiert beiden (Sohn/Tochter) , dass sie alles liegenlassen und sich dann lieber vor den Fernseher setzen und sich da berieseln lassen.
JUUL: Weißt du, wann sich das ändert?
VATER: Wissen tue ich es nicht, wissen tue ich es nur dann, wenn ich lange genug zuschaue. Ich hab so eine Ahnung, die ich vielleicht tief in mir drin gar nicht wahrhaben will. Wenn sie aus i hrer Sicht genug fernsehen dürften, dann würden sie es nicht dann tun, wenn sie es nicht »sollen«. Das ist sicher eine Komponente, die da mit reinspielt.
JUUL: Das hört auf, wenn wir alle Glück haben, wenn die beiden
selber Eltern werden, dann hört es auf. Früher nicht. Ich verstehe diese Überlegungen, das ist ja alles neu, die Experten können sich nicht einigen untereinander. Ich hab keine Ahnung, was ist genug, was ist zu viel. Was ich weiß, ist Folgendes: Es gibt immer Phänomene, die für einige Jugendliche
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