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Pubertaet - wenn Erziehen nicht mehr geht

Titel: Pubertaet - wenn Erziehen nicht mehr geht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jesper Juul
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ja eh nicht viel rum, aber bei meinem leiblichen Vater traue ich mich das nicht.
    JUUL: Ja, das verstehe ich.
    TOCHTER (14): Ich habe ihm das letzte Mal gesagt, dass er wie ein Jugendlicher ist, und dann ist er gleich wieder so stur gewesen und meinte: »Toll, wenn du meinst, dann lass es halt. Ich finde es nicht.« Er benimmt sich dann wie meine sechsjährige Schwester.

    JUUL: Das heißt aber, dass dein Stiefvater ab und zu ein bisschen mehr abkriegt, als ihm eigentlich zukommt, und so muss es ja sein.
    VATER: Das ist auch völlig in Ordnung, so soll es ja auch sein, wo soll sie denn sonst hin? Mit ihrem leiblichen Vater kann sie ja nichts anfangen.
    JUUL (ZUR MUTTER): Wir haben noch Zeit, wenn du noch irgendetwas auf deiner Agenda hast.
    MUTTER: Die Überleitung ist jetzt gar nicht so einfach. Ich denk auch, dass meine älteste Tochter viel an ihrem Stiefvater ablässt, was eigentlich ihm nicht gehört.
    TOCHTER (14): Das macht er aber auch bei mir.
    MUTTER: Ja, und umgekehrt auch, das stimmt schon. Er ist auf mich wütend, da gibt’s auch diese Tendenz, und er lässt es an ihr aus. Also das findet auch statt bei uns. Und dann passiert es in der ganzen Familie, wenn wir die ganze nehmen, dass wir beiden Eltern oft an eine Grenze kommen. Total überfordert sind, wirklich, da das Wickelkind und dann dieser Zirkus mit der großen Tochter dauernd. Wie wir da einen Weg finden können.
    JUUL: Was ist das für ein dauernder Zirkus mit der großen Tochter?
    MUTTER: Na ja, ich mein, sie ist klassisch jugendlich. Forderungen eine nach der anderen: »Das will ich, das will ich.« Es ist dieses Schnell-was-Hinwerfen: »Darf ich das«, und dabei bin ich gerade so beschäftigt, und ich habe mir jetzt eh’ schon angewöhnt zu sagen: »Ich denke drüber nach«, um mir ein bisschen Spielraum zu geben. In letzter Zeit geht das jetzt relativ gut, aber nicht immer, und die bombardieren einen immer so, die Kinder. Also das finde ich schlimm.
    Es ist wirklich schwierig zu sagen, wo wir anfangen können. Es ist viel, also angefangen bei der Patchworkfamilie, bis hin auch eine Art Großfamilie zu sein, Schulproblematiken, Eigenverantwortlichkeit,
ganz viele Themen gibt es bei uns. Eigentlich alles aufeinander. Wo kann ich auch loslassen, bei der großen Tochter, weil ich auch noch viele Kleine habe, wo noch nicht?
    JUUL: Sag mir, was du denkst. Welche Möglichkeiten gibt es, loszulassen?
    MUTTER: Es ist, wie bei der Familie vorher, schwierig für mich zu sagen. Da ist die Schule, da denke ich, habe ich losgelassen. Dann ist es dieses anfangende Weggehen, wo sie immer weggehen möchte. Da kann ich noch nicht loslassen, weil ich zu viel Angst habe.
    JUUL: Weggehen, Freunde besuchen?
    MUTTER: Ja, nach München, alleine in die Großstadt gehen, wir kommen vom Land. (Tochter: Untertags. ) Und sie möchte alleine mit einer Freundin, das finde ich einfach noch nicht so dran. Das sind alles so Themen, wo’s ums Alleinemachen geht. Dann ist das nächste Thema, das mir schwer ist, dieses Bombardieren, diese Sprache, die sich dann auf alle, auch auf die Kleinen, und die Lautstärke auswirkt. Also, ich find es einfach im Gesamten wahnsinnig schwer auszuhalten bei uns. Was von der Jugendseite rein kommt, finde ich manchmal so richtig schade, dass das Schöne mit den kleinen Kindern so verloren geht.
    JUUL: Das waren ja alles Punkte, wo du denkst: Da kann ich nicht loslassen.
    MUTTER: Also loslassen kann ich seit einem guten halben Jahr. Die älteste Tochter hat einen Schulwechsel hinter sich und hat jetzt Freunde, mit denen ich absolut einverstanden bin, was vorher nicht der Fall war. Da kann ich jetzt loslassen.
    JUUL: Ich muss sagen, meine Sorgen gehen nicht Richtung eurer ältesten Tochter. Das läuft, wie das laufen soll und muss, glaube ich. Meine Sorgen gehen in deine Richtung. Denn wie es aussieht, macht es dir keinen Spaß mehr.
    MUTTER: Im Moment nicht.

    JUUL: Dieser Moment hat wie lange gedauert?
    MUTTER: Ja, das ist etwa ein halbes Jahr, wo es wirklich so ist, dass ich es sehr beschwerlich finde und mühsam alles, ja.
    JUUL: Kannst du dir vorstellen, wie sich das ab morgen verbessern kann?
    MUTTER: Schwer vorstellbar im Moment. Ich steck so drin in dem ganzen Alltag, also ich kann es mir schwer vorstellen. Da bräuchte ich Hilfe.
    JUUL: Ja, ich hab keine Antwort dafür, aber ich wollte nur wissen, ob du das auf lange Sicht so sagen kannst: »Ja, jetzt muss ich noch zehn Jahre mitmachen und dann, hoffentlich, ist es vorbei«, oder

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