Pubertaet - wenn Erziehen nicht mehr geht
Bei diesen Themen wurde alles schon gesagt. Deswegen vermeidet man eigentlich immer wieder dasselbe, wie »Du hättest eigentlich …«. Das fällt schon untern Tisch, es wird nur angestoßen, es ist dann keine Kommunikation möglich. In erster Linie mit meinem Sohn, da ist es schwierig.
JUUL: Jetzt möchte ich gerne ein bisschen korrigieren. Denn was ich hier höre, da geht’s nicht um Kommunikation, da geht’s um Erziehung. Es bedeutet: Bei diesen Themen ist, bei uns, keine Erziehung mehr möglich!
VATER: Richtig.
JUUL: Gut, so ist es auch. Es ist wirklich so: Erziehung am Tisch stört jede Mahlzeit auch mit kleinen Kindern. Das sollte man meiner Erfahrung nach nie machen. Wie ich das verstehe, wird es ein tägliches Rollenspiel. Alle Rollen sind schon fest, alle haben das Handbuch mehrmals gelesen und können es auswendig sagen. Dieses Phänomen kann man unmöglich verbessern, das geht nicht. Entweder geht es so weiter, und ich glaube, das bringt niemand um, aber es ist auch so ein bisschen langweilig - oder die Eltern fangen mit einer neuen Kultur an. Das könnte so aussehen: »Ich habe Gedanken, ich mach’ mir Sorgen, ich
hab meine Meinungen über Schule usw.« Wo gibt’s eine Möglichkeit, das zu besprechen, wenn nicht am Tisch? Worüber macht ihr beide euch Sorgen, zum Beispiel bei eurer Tochter in ihrer Schule?
MUTTER: Bei ihr ist es eigentlich gar nicht so der Punkt, würde ich sagen. Klar, ich ermahne sie oder frage nach oder sage halt: »Am Wochenende fände ich es gut, wenn du nicht das ganze Wochenende weg bist, wenn du am Montag eine Schulaufgabe schreibst.«
JUUL (ZUR MUTTER): Und das hast du wie oft gesagt?
TOCHTER: Mindestens einmal pro Wochenende.
MUTTER: Vorm Wochenende, denn am Wochenende ist es schon zu spät.
VATER: Das ist kein so ernstes Thema. Was ärgerlich ist, dass sich beide unter ihren Möglichkeiten verkaufen in der Schule.
JUUL: So, das sind zwei Themen?
MUTTER: Im Sommer schrappt sie am Übergang immer gerade so entlang, sie schafft es dann und im Halbjahr im Winter sieht es so aus, als würde sie es nicht schaffen. Sie weiß das selber. Ich vertraue ihr da, dass sie das hinkriegt. Diesen Weg möchte ich ihr ein bisschen erleichtern, indem ich sie erinnere. Ich weiß, wie das ist, sie liebt es, auszugehen und ihre Freunde zu treffen, und das soll sie auch machen. Ich denke nur, dass sie das Maß verliert in der Freude und im Überschwang. Das möchte ich ihr so ein bisschen setzen, dieses Maß.
JUUL: Das ist ja völlig möglich und glaube ich auch wichtig. (Gedehnt) Aber … (Lachen) Aber bei 13-, 14-, 17-, 18-, 45-Jährigen ist es wichtig, dass man sich als Mutter oder Vater eine Einladung verschafft. Ich habe festgestellt: Das Gespräch am großen Tisch ist eine schlechte Idee. Aber am Abend oder morgens kann man zu seiner Tochter gehen, anklopfen und sagen: »Ich wollte dir gerne was sagen über deine Schule und deine Möglichkeiten. Möchtest du das hören?« Und wenn sie Nein
sagt, dann muss man weggehen. Zwei-, drei-, vier-, fünf-, sechs-, sieben-, acht-, neumal, wenn es so ist. Und dann ist es völlig erlaubt, beim zehnten Mal zu sagen: »Für mich ist das so wichtig, es brennt in meinem Mund. Ich muss dir das jetzt sagen.« Dann sag’ es, und dann ist es vorbei. Dann hat mein sein Optimales als Eltern gemacht, d.h. man muss außerhalb dieser Elternrolle treten und von Mensch zu Mensch reden.
MUTTER: Theoretisch ist mir das auch klar. Aber es ist schwierig, sich zurückzunehmen.
JUUL: Warum?
MUTTER: Da ist einfach diese Sorge, die in allen Familien rauskam. Immer wieder möchte man natürlich diesen Weg möglichst ebnen. Vom Kopf her weiß ich, dass das andere der bessere Weg wäre.
VATER: Es ist eine Alltagserfahrung, dass die Einflussmöglichkeiten von Eltern in solchen Situationen gering sind. Es ist eine Alltagserfahrung, dass man über die Kommunikation nicht mehr rankommt. Aber es ganz, ganz schwer zu akzeptieren, dass es so ist. Denn die Kinder liegen einem am Herzen, man möchte nur das Beste, man möchte unterstützen, Weg weisen, ihnen helfen, an das Ziel zu kommen, wo sie auch selber hinwollen.
JUUL: Wenn das passiert, und so ist es ja bei euch, dann ist es auch notwendig, dass man manchmal seine Kinder fragt: »Ich versuche, dich zu unterstützen. Gelingt es mir?« (Vater schüttelt den Kopf)
MUTTER: Begrenzt.
JUUL: Man muss doch die Kinder fragen! Genau wie ich jetzt versuche, euch zu helfen: Ich tu mein Bestes, entweder gelingt es oder es
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