Pubertaet - wenn Erziehen nicht mehr geht
das nicht möglich ist. »Meine Mutter sucht nach etwas, wo ich sie enttäusche, und sie will etwas finden.«
Ich denke ein bisschen darüber nach, wenn du sagst: »Ich habe in der Beziehung zu meinen Kindern dieses Misstrauen und dafür bin ich verantwortlich« - wie ist das für dich? Macht es dich böse oder traurig oder...?
MUTTER: Traurig.
JUUL: Traurig - so richtig traurig oder nur so ein bisschen traurig?
MUTTER: (ist sehr berührt und weint)
JUUL: Richtig traurig, ok. Das ist wichtig, damit fängt es an. Jetzt sind wir fertig. Danke.
FAMILIE 8
Spannungen in unserer Familie
DABEI SIND: VATER, MUTTER, TOCHTER (13), NICHT DABEI: SOHN (17)
VATER: Wir sind normalerweise zu viert, unser Sohn wollte sich dem nicht mehr aussetzen und ist heute nicht mehr mitgekommen. So sind wir zu dritt hier. Unsere Themen in der Familie sind sehr viele von denen, die schon besprochen wurden. Bei uns geht es um Medienkonsum, geht es um Schule, um die Art und Weise, wie man miteinander umgeht, wie man Aufgaben teilt, wie man delegiert. Ein Punkt, der mich im Besonderen interessiert, das ist die Art der Kommunikation, wie wir miteinander reden. Wir versuchen, was uns meistens auch gelingt, eine gemeinsame Mahlzeit am Tag zu haben. Was nicht immer ganz einfach ist, weil wir beide berufstätig sind mit manchmal ungewöhnlichen Arbeitszeiten, die Kinder ihre Pläne haben, aber es gelingt uns meistens. Wenn wir dann am Tisch sitzen, ist es zwar die wertvolle Zeit, die Zeit, in der man miteinander reden könnte, und da verplempern wir relativ viel Zeit, indem es lange dauert, bis wir so eine gemeinsame Kommunikationsebene haben. Was da reinspielt sind Spannungen in unserer Familie. Mal zwischen Mutter und Tochter, zwischen Vater und Sohn, kann dann auch mal ganz umgekehrt sein, wo Empfindlichkeiten da sind, die eine Kommunikation verhindern. Das fängt an: Der Sohn sagt irgendwas, ich verdrehe die Augen, aber nur ganz leicht, aber er hat ein feines Gespür dafür und bricht die Kommunikation ab. Zwischen Mutter und Tochter ist es ähnlich: Die
Stimmlage ist ganz normal, aber so, wie es beim anderen ankommt, ist die überhaupt nicht normal, was man daran sieht, wenn man sich hinterher zitiert und sagt: »Du hast gesagt«, und dann wird man zitiert auf eine Art und Weise, die man selber überhaupt nicht so wahrgenommen hat. Was oft darin endet, dass wir eine Stunde beim Essen beieinander sitzen und gar nicht zu dem Punkt kommen, wo wir reden können. Sondern nur über unsere gegenseitigen Empfindlichkeiten reden und gar nicht zu dem Punkt kommen, wo man sich wirklich austauschen könnte.
JUUL: Das würde ich ja unmittelbar eine sehr gelungene Mahlzeit nennen. (Lachen)
VATER: Was ist eine gelungene Mahlzeit?
JUUL: Genau so, wie du das beschreibst, denn deswegen macht dieses gemeinsame Essen Sinn. Mahlzeiten sind wie ein Marktplatz: Da kommt man zu sich und man sieht genau, wie es uns momentan geht. Und wenn es Spannungen oder Empfindlichkeiten am Tisch gibt, dann gibt es die auch außerhalb der Mahlzeiten. Das bedeutet: So sind wir. In diesem Sinn ist es sehr erfolgreich.
VATER: Ja, nur hilft es in dem Moment nicht weiter, weil die Zeit, die wir haben miteinander, die ist knapp, und man würde sich gerne austauschen und tauscht sich eigentlich nur über die eigenen Empfindlichkeiten aus.
JUUL: Ich möchte wenn möglich ein Beispiel haben, an das sich alle oder mindestens zwei erinnern können. So, dass ich Aussage auf Aussage hören kann.
MUTTER: Das kommt immer darauf an, um was es geht. Es ist oft Schule das Thema und dann kommt halt Aggressivität, und ich denke …
JUUL: Schule als Thema, aber wie? Wer fängt an?
MUTTER: Ich versuche es zu vermeiden, weil ich weiß, wo’s hinführt. Oft sogar die Kinder, die dann doch immer wieder erzählen
von irgendwelchen Begebenheiten. Ja, ich hab jetzt kein Beispiel.
VATER: Das Schulthema ist ein ganz sensibles, weil es da gewisse Probleme einfach gibt. Das auch für die Kinder ein sensibles Thema ist. Es kommt natürlich dann die Ermahnung: »Da hättest du mehr tun sollen« oder »Du hast demnächst Schulaufgabe, du musst was tun« oder »Da steht eine Prüfung an, knie dich ein bisschen mehr rein«, aber das ist dann schon haarscharf am Punkt. Diese Ermahnung, sich da reinzuhängen, seinen Job ordentlich zu machen, seine Aufgaben ordentlich zu machen - das ist eigentlich dann schon der Punkt, wo Reaktion kommt.
MUTTER: Die Schwelle der Empfindlichkeit ist schon sehr niedrig.
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