Pubertaet - wenn Erziehen nicht mehr geht
Fernsehspots usw., und keine Kunden kommen. Und dann fragt mein Boss, ob wir ein bisschen was verändern sollen, und ich sage: »Nein, so ist es richtig, so mache ich weiter, und wenn die Kunden nicht kommen, dann sind die Kunden schuld, ich nicht.« Darum geht es. Es geht nicht um den Inhalt, es geht um den Ton. Wenn dieser Elternton, dieses Besserwissen kommt, kann niemand zuhören. Deshalb ist es eine wichtige Wahl für Eltern: Will ich diese Rolle spielen mit immer weniger Zuschauern, oder will ich eine neue Art von Beziehung zu meinen fast erwachsenen Kindern aufbauen? Ich glaube, deshalb seid ihr beide ja hier. Das ist eine gute Möglichkeit und dann muss man von den Kindern lernen. In diesem Moment geht das Lernen einen anderen Weg - von den Kindern zu den Eltern. »Wie kann ich dich hören, was ist für mich wichtig, was ist für dich wichtig?« Ich sage nicht, man muss sich auf die Prämissen von Jugendlichen
einlassen und nur das sagen, was für sie angenehm ist. Aber man muss irgendwie diese neue Beziehung anfangen. Es gibt mehrere Möglichkeiten. Zum Beispiel kann man in eurer Familie beim Abendessen sagen: »Wir beiden Alten haben uns entschieden, ab heute wird an diesem Tisch nicht mehr über Schule geredet. Das wird schwierig für uns, wir haben fast so etwas wie Entzugssymptome.« Und wirklich schwierig ist, dass wir vielleicht entdecken: Wenn wir nicht über Schule reden, wenn wir nicht erziehen, dann haben wir eigentlich nicht viel zu sagen, und dieses Schweigen, diese Stille, kann schwierig sein. Ist aber für diese Transitphase wichtig.
Früher war es ja nicht so. Meine Mutter spielt noch heute Mutter. Als ich 13 Jahre alt war, habe ich sie traumatisiert. Ich habe meine Haare wachsen lassen usw., und noch heute legt sie ihre Hand auf meinen Kopf und sagt »Tststs …« Ich bin jetzt 61, und sie spielt noch immer Mutter. (Lachen) Das ist lustig, aber es ist auch tragisch, denn wir haben sonst überhaupt keine Beziehung, es kommt alles aus Pflicht.
MUTTER: Deshalb möchte ich es gar nicht so machen, damit es mir nicht genauso geht.
JUUL: Ich habe eine kleine inoffizielle Untersuchung gemacht. 25 Elternpaare haben teilgenommen und einen ganzen Sonntag, als sie mit den Kindern zu Hause waren, alle Gespräche aufgenommen und sich nachher angehört. Alle waren schockiert. Alle haben genau dieselbe Statistik aufgestellt: »50 Prozent von dem, was wir zu unseren Kindern sagen, ist nicht notwendig oder wir meinen es gar nicht. Es kommt nur so unbedacht einfach raus … Sobald ein Kind reinkommt, fangen wir an zu reden. Dann kommen so ungefähr zu 15 Prozent, und die sind wirklich schockierend, denn da sage ich genau das, was ich mir selber versprochen habe, dass ich das nie zu meinen Kindern sagen werde, denn genau das hat mein Vater oder meine Mutter gesagt und das hat weh getan. Und jetzt höre ich in
15 Prozent von dem, was ich zu meinen Kindern sage, genau dasselbe.« Ich will das jetzt nicht alles durchgehen, aber am Ende gibt es etwa 15 bis 18 Prozent, wo die Eltern sich selber zuhören und sagen: »Ja, so eine Mutter möchte ich gerne sein, aber nicht nur 18 Prozent der Zeit, sondern 100 Prozent.« Dieses Feedback, diese Möglichkeit, das zu verändern, bekommen wir von unseren Kindern. Wenn die nicht mehr zuhören oder über jedes Wort, über jeden Satz kämpfen, dann bedeutet das: »Bitte ihr beiden, zieht euch zurück, wir essen gerne mit euch, aber so, wie ihr beiden redet, das geht nicht mehr länger.« Aber so können sich die meisten Jugendlichen ja nicht ausdrücken und die meisten Erwachsenen auch nicht.
Deshalb zurück zur Mahlzeit: Am Marktplatz gibt es zwei Eltern, die versuchen, ihre Sachen zu verkaufen. Kundschaft ist mittlerweile abwesend und d.h., irgendwas muss man ändern. Meiner Meinung nach heißt das nicht: Man muss als Eltern aufgeben, unsere Kinder brauchen uns nicht mehr. Das ist sehr selten richtig. Wichtig ist auch: Das, was ihr beide habt, ist wertvoll und auch notwendig. Aber es muss in einer anderen Form kommen. Damit die Kinder die Nährstoffe rausziehen können. Im Moment nehmen die es gar nicht in den Mund. - So, das war ein kleiner Vortrag. Was denkt ihr beide darüber?
MUTTER: Das klingt alles sehr richtig, was du sagst, und ich hoffe, dass ich es in die Praxis umsetzen kann.
JUUL: Richtig ist nicht immer richtig. Ich möchte ja gerne, dass es inspiriert und verwendbar ist. Da möchte ich gerne weiterarbeiten, wenn das notwendig ist. Mein Sohn war 17, als er
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