Puck
und er stürzte ziemlich oft, er stürzte bei jeder Gelegenheit! Puck zeigte sich als wilder Fighter: je stärker der Gegner, desto größer der Spaß — wenigstens auf seiner Seite — , während wir in solcher Angst schwebten, daß uns die dunklen Schatten gar nicht bewußt wurden, die um unser aller Leben aufstiegen. Hatte man die geifernde kleine Kampfmaschine endlich wieder an der Leine verstaut, so konnte man sich dank ihres wilden Zerrens nur in jener Schräglage vorwärts bewegen, die für alle Foxlbesitzer bezeichnend ist.
Um aber zu unserem typischen Tagesablauf zurückzukehren: Vorerst waren wir noch am Beginn des Tages, und nun wurde ernsthaft aufgestanden. Als erster ging ich ins Bad, und Puck bestand darauf, mich zu begleiten, obwohl der Vorgang wenig Interessantes für ihn bot. Er begnügte sich damit, sich an der glatten Kachelwanne aufzurichten und mir ein paarmal die nasse Schulter zu lecken. Mitunter bereitete ich ihm auch einige Abwechslung, indem ich sein Bällchen in der Wanne schwimmen ließ. Er tatzte mit den Pfoten danach, holte es sich wohl auch mit einem geschickten Biß heraus, aber warmes Wasser war ihm im allgemeinen unsympathisch. Nach einer Weile stelzte er dann in sein Körbchen, schnappte nach einer Fliege, beobachtete sie mit scheelem Blick, seufzte, rollte sich zusammen und entschlummerte. Es war aber nur der halbe Schlummer des wilden Tieres, bei dem er jede meiner Bewegungen belauerte. Er bewachte mich, denn ich war ja jetzt sein Eigentum, das er möglichst wenig aus den Augen lassen wollte.
War meine Prozedur beendet, wanderten wir gemeinsam ins Ankleidezimmer, um Frauchen von dort in feierlicher Form mitzuteilen, daß das Bad nun für sie frei war.
Sie stieg aus dem Bett und nahm das Hündchen in den Arm. Ach, plötzlich war Puck wirklich nur ein kleines Hündchen. Er wußte nämlich, daß er frisiert werden sollte, und das war ein Vorgang, dessen Sinn und Zweck er niemals einsah. Sonst sprang er anderthalb Meter aus dem Stand, jetzt aber schaffte er nicht einmal den halben Meter bis auf den Toilettendeckel, wo die scheußliche Affäre vonstatten ging. Er ächzte wie ein rheumatischer alter Herr, als ihn das Frauchen hinaufhob. Mit der müden Grazie einer blasierten Filmdiva reichte er seine Pfoten hin, auf daß sie gekämmt und gebürstet würden. Die Frisur des Bartes war eine besonders dumme Angelegenheit, der er durch wildes Verrenken des Kopfes Widerstand entgegensetzte. Das Bürsten der Rückenpartie dagegen war ein ausgesprochener Genuß, und er machte einen Katzenbuckel dabei. Das Auswischen der Augen wiederum gehörte zu den Dingen, die ihm nicht angenehm waren, deren Nützlichkeit er aber anerkannte. Vergaß man es einmal, so machte er deutlich auf das Versäumnis aufmerksam, indem er sich Frauchen vor die Füße warf und sich selbst mit der Pfote im Auge herumwischte.
Auf die Bemerkung: »Na, ist ja gut!« sprang er dann mit wildem Satz vom Thron, raste um die Ecke, daß das Hinterteil auf den glatten Fliesen entgleiste, und kam mit einem seiner Bällchen wieder: Zeit, aufs Gäßchen zu gehen! In der Frühe war er schon einmal mit Dora draußen gewesen, aber das war gewissermaßen nur ein Dienstgang zur Erledigung dringender Geschäfte, jetzt dagegen kam das erste Hauptvergnügen des Tages: Ausgang mit Herrchen!
Mit Mühe und Not konnte man ihm sein Halsband anlegen, so ungeduldig trippelte er hin und her.
»Na — Puckchen«, fragte ich dann gedehnt, »wollen wir denn aufs Gäßchen gehen?«
Der Kopf verdrehte sich schief, die Augen zwinkerten lustig, und dann stieg das weiße Fellwesen wie ein Luftballon unzählige Male hoch und schnappte nach meiner Nase.
Die Haustür öffnete sich. Wie ein Pfeil schoß er los, setzte wie ein Rennpferd langgestreckt über die hohen Hecken der Vorgärten und jagte mit übermütigem Gekläff die Stare und Amseln hoch, die den Rasen nach Würmern absuchten.
Es ging nur um die Ecke in die Garage. Aber ich hatte keine Eile, dehnte den Weg und grübelte darüber nach, worin eigentlich die Veränderung bestand, die so ein kleiner Kerl in unser Leben brachte. Ja — das könnte es sein: Der Schwerpunkt meines Interesses hatte sich aus mir herausverlagert, galt einem anderen Wesen, das ich liebte.
Puck hatte sich inzwischen ganz großartig amüsiert. Bei den Spätaufstehern — und es gab deren mehrere in unserem Häuserblock — wurden die schweren eisernen Jalousien hochgezogen, und das faßte Puck als einen besonders für ihn
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