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Puck

Puck

Titel: Puck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans G. Bentz
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veranstalteten Riesenjux auf. Mit dem Bällchen in der Schnauze, so daß sein Gebell dumpf und erstickt klang, flog er über die Hecken und schüttelte vor jeder hochfahrenden Jalousie wie rasend den Kopf. Der Musiker im dritten Stock, der immer bis Lokalschluß spielen mußte und entsprechend lange schlief, steckte seine gedunsene Alkoholbirne aus dem Fenster und lachte über Puck. Der lieferte daraufhin eine Extravorstellung und schüttelte den Kopf mit dem Bällchen so, daß ihm die Hinterbeine unter dem Leib wegflogen.
    Als ich von der Garage her hinaufkam, nickte mir der Musiker zu: »Das ist doch wenigstens noch’n Leben!« sagte er. »Apropos Leben: Wenn ich diese kleine weiße Giftspritze sehe, weiß ich genau, was ich im nächsten Leben werde: Hund bei Ihnen!«

Tennis

    Die große Bereicherung, die unser Leben durch Puck erfuhr, bestand aber nicht nur darin, daß er uns von unseren Sorgen und der allgemeinen Bedrohung ablenkte, die rings um uns langsam, aber unaufhaltsam wuchs. Er erweiterte unseren Lebenskreis, machte uns die Umgebung, in der wir lebten und die wir, sorgenbeschwert, sonst kaum eines Blickes würdigten, zum ersten Male bewußt. Wir entdeckten durch ihn ein neues Leben.
    Da war — zum Beispiel — die Sache mit dem Tennis. Ich habe mir nie etwas aus Tennis gemacht und kannte die Plätze in unserer Nachbarschaft nur vom Vorbeifahren. Bis ich an einem Sonntagvormittag im Wintergarten saß und las. Der Raum mit seinen großen Fenstern stand bis an die Decke voll Licht, war überschwemmt von einem müden, feinen Blau. Ich arbeitete ein dickes Buch durch, dessen Materie mich interessierte. Plötzlich bekam der Band einen Stoß. Unter dem Buch hindurch schob sich eine weiße Fellschnauze und pustete aus der feucht glänzenden, schwarzen Nase entrüstet in meinen Schoß.
    »Puck, du mußt artig sein, Herrchen liest.«
    Die Fellschnauze verschwand, ein empörter Blick aus kastanienbraunen Augen traf mich, der Störenfried setzte sich trostlos und ganz verquer auf den Fellpopo und behielt mich unentwegt im Auge. Ich mußte lächeln, verbarg aber schnell das Gesicht hinter dem Buch. Zu spät: Er hatte das Lächeln von meinem Gesicht abgelesen. Im selben Moment hatte ich zwei Krallenpfoten auf dem Ärmel, mit der einen Pfote langte er jetzt sogar nach meiner Brille. Das Fellwesen machte sich lang wie ein Regenwurm, leckte Herrchen unter dem Kinn und hinter dem Ohr. Dann hockte es sich verzweifelt wieder hin, riß den Rachen auf, daß ich ihm beinahe in den Magen sehen konnte, gähnte schallend mit einem kleinen, ungeduldigen Jaultriller hintendran. Als das alles nichts nutzte, kam eine neue Attacke. Herrchens scheußliches Buch wurde mit den Pfoten einfach hinuntergebogen und der Kopf fest draufgepreßt, damit es nicht wieder heraufschnellte, dann machte man einen kleinen Hopser, hing halb auf Herrchens Knie und strampelte mit den Hinterbeinen: Ich bin ein armes, schwaches, hilfloses Tier, hilf mir doch bitte auf deinen Schoß! Ich tat, als ob ich ihm seine Schwäche glaubte, und hob ihn herauf, wo er sich, glücklich schmatzend, zusammenkringelte. Als Übergang immerhin ein Erfolg.
    Ich hatte es aber diesmal mit dem Lesen und stellte ihm das dicke Buch rücksichtslos auf den Rücken. Gerade als ich wieder in die fremde Welt eingesunken war, erfolgte die Explosion. Das pustende und schmatzende Wesen auf meinen Schenkeln richtete sich plötzlich auf, das Buch flog mit einem Ruck auf die Erde, Puck sprang hinterher, tiefe Verbeugung vorn und hinten, und dann wurde eine Struppelschnauze auf mich gerichtet wie eine Kanone. Die Ohren hingen dabei freundlich seitwärts ab: »Bioouurrr!«
    »Nun aber ‘raus mit dir!« Ich packte den Störenfried am Genick, beutelte ihn hin und her. »Ungezogener Hund du!« Er sah hoch und merkte sofort, daß mein Zorn nicht echt war. So wedelte er nur, raste zur Tür, kam zurück, wieder zur Tür, halb rückwärts, den Körper zu mir hingekrümmt in einem so engen Winkel, daß der Schwanz fast den Kopf berührte. Mit allem, was Ausdruck an ihm war, zog er mich förmlich dem Ausgang zu. Konnte man da noch widerstehen? Seufzend zog ich den Sommermantel über, während man zu meinen Füßen aufgeregt hin- und herraste. In vollem Galopp ging’s um die Ecken, daß das Hinterteil auf dem glatten Parkett ausrutschte. Unter die Couch und unter sämtliche Schränke wurde die Nase gesteckt — wo war das Spielzeug? Aber das Bällchen war verschwunden, nicht wieder aufzutreiben, und

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