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Puck

Puck

Titel: Puck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans G. Bentz
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fragend an und setzte sich dann zwischen meine Füße.
    »Komm lieber heim!« sagte ich. Heim — die schützende Höhle. Er folgte mir ohne Widerspruch. Die Tür fiel hinter uns ins Schloß. Die heimische Höhle! Aber würde sie uns schützen können, gegen das, was da über uns allen heraufzog?
    Bei meiner Heimkehr aus dem Urlaub hatte ich einen Haufen Arbeit und Unannehmlichkeiten vorgefunden. Sie berührten mich jedoch kaum, verglichen mit dem allgemeinen Unheilsgefühl, das immer stärker in mir wuchs. Je mehr ich mich mit meiner Arbeit beschäftigte und die Meldungen las, desto beklommener wurde mir zumute. Nur selten noch hatte ich Zeit für einen längeren Spaziergang. Manchmal, wenn ich nach Hause kam und das Frauchen für ihre Arbeit noch unterwegs war, nahm ich mir das kleine Fellwesen, das mich mit dem Ball in der Schnauze erwartungsvoll empfangen hatte, auf den Schoß und klagte ihm mein Leid:
    »Ach, Puck, warum sind die Menschen nur so dumm? Sie sind nicht schlecht. Schlecht sein heißt: bewußt böse. Nein, das sind nur die wenigsten. Aber dumm sind sie, Puck, so dumm, daß sie ihr eigenes Glück zerstören, statt sich energisch zu wehren und diesen Verrückten, der das alles über uns bringt, zu beißen.«
    Puck hatte sich seufzend auf meinem Schoß zusammengerollt. Bei dem Wort >beißen< fuhr er hoch, machte einen langen Hals zum Fenster hin und knurrte.
    Ich mußte lachten, und meine Laune besserte sich.
    »Weißt du was«, sagte ich, »wir machen es so, wie wir es immer gemacht haben, wenn wir Sorgen hatten und das Geld knapp war, dann gingen wir erst recht ganz groß aus. Nein — warte mal, diesmal machen wir etwas anderes: Wir gehen nicht aus, wir laden unsere Freunde ein, aber die richtigen Freunde! Wir machen ein prima Abendessen mit Kerzenlicht und Hummer. Die Frauen im großen Abendkleid und die Männer im Smoking. Ja, das machen wir! Das wollen wir gleich dem Frauchen erzählen, wenn es zurückkommt.«
    Bei dem Wort >Frauchen< sauste er von meinem Schoß an die Tür. Ich hörte, wie er draußen, die Nase fest an die Türritze gepreßt, schnaufend die Luft einsaugte. Dann kam er mit hängenden Ohren zu mir zurück, entdeckte sein Bällchen, stürzte sich darauf, und nun zog er mich, zwanzigmal hin- und herlaufend, immer mit komisch verdrehtem Kopf und winkenden Augen, zur Tür.
    »Also gut«, sagte ich schließlich, »aber nur zehn Minuten, nicht länger!«
    Als wir an der Küche vorbeikamen, stutzte Puck plötzlich, drückte die Nase gegen die Küchentür und schniefte. Dann ließ er den Ball fallen, fing wie wahnsinnig an zu bellen und an der Schwelle zu kratzen, als könne er sie mit den Pfoten wegschaufeln und unter der Tür durchkriechen. Innen in der Küche hörte ich Dora schimpfen: »Du Lump! Du Dieb! Dir werde ich — hat der Mensch denn schon so was erlebt?« Sie riß die Tür auf, Puck schoß an ihr vorbei in die Küche. Dann ging eine Weile alles wild durcheinander. Puck stürzte sich auf etwas, das in einer Ecke lag, biß, winselte, sprang wieder an, winselte wieder. Dora derweilen bemühte sich, mir etwas klarzumachen: »Stellen Sie sich vor«, sagte sie, und ihr Gesicht war hochrot vor Ärger, »endlich habe ich ihn!«
    »Wen?«
    »Haben Sie so was schon gehört? Kriecht durch den Luftschacht in der Speisekammer oben auf das Regal und läßt sich von dort auf den Eierkorb ‘runterfallen! Die ganzen Tage haben wir uns schon gewundert, wieso immer die Eier kaputt sind und leere Schalen, ganz sauber ausgefressen, zwischen den ganzen Eiern liegen! Kriecht ‘rauf, läßt sich fallen, spießt die zerbrochenen Eier auf und leckte sie aus!«
    In der Küche derweilen, hinter ihrem Rücken, immer noch das wilde Getobe, das markerschütternde Bellen Pucks.
    »Ja — wer denn? Was denn, Dora? Wovon reden Sie eigentlich, und was ist los?«
    »Na, von dem Igel! So ein richtiger Igel! Ein Mistvieh von einem Igel, meine ich...«
    »Ein Igel? Aber das ist ja entzückend! Wo ist er denn? Ich liebe doch Igel!«
    »Großer Gott, das auch noch! Sehen Sie sich das liebe Vieh an!«
    Natürlich sah ich ihn mir an. Er saß ganz hinten in der Ecke, neben dem Kühlschrank, ein mächtiger Kerl! Im Augenblick allerdings war er nichts als ein brauner Haufen von Stacheln. Um ihn herum tanzte Puck. El winselte und gebärdete sich wie ein Verrückter. Immer wieder versuchte er, in die Stacheln zu beißen, und immer wieder gab er’s auf. Er lief zu mir, stieß mich an das Hosenbein. Ich sollte helfen! Ein

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