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Puck

Puck

Titel: Puck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans G. Bentz
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Tier, ein wildes Tier, ein wunderbar riechendes Tier, nur — es stach! Aber Herrchen, der bekanntlich alles konnte und wußte, würde auch hier Abhilfe schaffen!
    Ich schaffte auch Abhilfe, indem ich zunächst Puck am Genick griff und ihn vor die Tür setzte. Dann nahm ich mein Taschentuch, schob es der Stachelkugel unter den Bauch und hob sie hoch.’ Mit ihr zog ich mich vorsichtig in den Wintergarten zurück, setzte mich auf die Erde und wartete. Puck tobte derweilen eingeschlossen im Arbeitszimmer. Von der empörten Dora holte ich mir ein Schälchen mit Milch. Zunächst aber ereignete sich noch gar nichts. Draußen rauschte der Herbstwind durch die bunten Blätter und wirbelte einige von ihnen an den Scheiben vorüber. Ich beobachtete den Igel und sah, daß sich der Stachelwall ein wenig senkte. Millimeterweise rollte sich die Kugel auf, und schließlich erschien eine kleine braune Rüsselschnauze, wie die eines richtigen winzigen Wildschweines mit klugen Mausaugen.
    »Guten Tag, Willi«, sagte ich. Irgendwie war mir der Name zugeflogen. Willi setzte sich in Bewegung und inspizierte zunächst meine Schuhsohlen, dann rückte er langsam die Hose entlang bis an meine Hand. Hier zuckte er zusammen, zunächst erschreckt, rollte sich wieder zur Stachelkugel zusammen. Doch als sich weiter nichts ereignete, entrollte er sich wieder und geruhte meine Hand näher zu beschnuppern. Vorsichtig nahm ich die Hand weg, tauchte den Finger in die Milch und hielt sie ihm vor die Schnauze. Er verkroch sich zuerst wieder etwas, kam aber dann zurück und schlabberte mir die Milch vom Finger. Ich fühlte die ganze Glückseligkeit eines Menschen, der das Zutrauen eines scheuen Tieres errungen hat. Willi wendete sich nun entschlossen dem Milchschälchen zu und ließ die Flüssigkeit verschwinden. Er tat das mit lautem Schlürfen und Schmatzen. Dann wurde er mutiger und begann weiter den Wintergarten zu inspizieren, wobei seine harten Stacheln über den Boden raschelten. Schließlich kehrte er zu mir zurück, roch an der Tür, sah mich an, als wollte er sagen: Also, wie geht das nun hier weiter? Ich schob ihm wieder mein Taschentuch unter und trug ihn in die Küche zurück.
    »Wir müßten ihm vielleicht eine kleine Kiste geben, mit Sägespänen drin?« schlug ich Dora vor. »Ich weiß nur nicht, wie wir ihn und Puck nebeneinander halten können — was meinen Sie? Sehen Sie sich doch nur mal an, was für ein komischer kleiner Kerl das ist und wie er seine Rüsselschnauze hin und her bewegt, genau wie ein winziges Wildschwein!«
    »Ja, ein Wildschwein ist er, aber kein winziges! Dieses Stinktier wollen Sie behalten? Na, die gnädige Frau kommt ja bald zurück...«
    In diesem Augenblick hupte es vor dem Haus, Puck verdoppelte sein Toben, und es gab ein wildes Durcheinander. Die Gefährtin stand in der Küche, den Arm voller Pakete, die ihr niemand abnahm. Dora erzählte noch einmal die Geschichte von den Eiern und dem Korb, und ich erzählte gleichzeitig von den Wonnen meines Igel-Erlebnisses. Hinter der Tür kratzte Puck und jammerte kläglich. Zwischen uns in der Küche hockte Willi, der zunächst in Abwehrstellung gegangen war. Nun entrollte er sich ein wenig und beschnüffelte Frauchens Schuhe.
    »Ach Gott, süß ist er ja«, sagte Frauchen, worauf Dora die Augen verdrehte. »Mein Kleiner!« Frauchen beugte sich nieder und streichelte sein Schweineschnäuzchen. Dora aber verdoppelte ihre Vorwürfe.
    Das brachte die Gefährtin etwas zu sich: »Wir wollen’s uns überlegen, aber zunächst wollen wir mal was essen. Vielleicht nimmt mir einer die Pakete ab...«
    »...und ich habe ihn Willi genannt«, sagte ich.
    »Willi? Wie kommst du denn darauf? Komm, Willi, ich bringe dich erst mal ins Bad, damit du zu dir kommst und damit Puck da vorn ‘raus kann.«
    Willi schien ein Mann zu sein, denn er ließ sich von ihr ohne weiteres anfassen und ins Bad tragen.
    Puck wurde nun erlöst, und nach einem sehr flüchtigen Begrüßungswedeln an Frauchens Rock stürzte er sich mit seinem ganzen Gewicht an die Badezimmertür. Dann jedoch verlagerte sich der Schauplatz in den Wintergarten, wo wir zu Mittag aßen. Puck blieb bei uns, da ja dort noch alles nach Willi roch. Gewissenhaft saugte er jede, auch die feinste Geruchsspur in seine vor Erregung schwarzglänzende Nase. Er arbeitete mit der Präzision eines Staubsaugers und warf uns nur einen empörten Blick zu, als wir ihn durch das Angebot eines Kotelettknochens in dieser Tätigkeit unterbrechen

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