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Puck

Puck

Titel: Puck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans G. Bentz
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Blick an: »Ja, aber man muß doch einen Arzt holen — reiß dich doch zusammen, Willi!«
    »Da ‘raus wollen Sie ihn schicken?« fragte ich sie und deutete gegen die Tür.
    »Dann mach’ ich’s, ihr Waschlappen!« schrie sie hysterisch, war mit ein paar Schritten an der Haustür. Sie riß sie auf und blieb, die Klinke in der Hand, unbeweglich stehen. Im Flur war es plötzlich taghell. Ich stürzte an ihre Seite, um sie von der Tür wegzureißen, und erstarrte ebenfalls: Wir standen mitten in einem Flammenmeer. Alles um uns herum brannte: die Nachbarblocks, die Möbelwagen gegenüber, die große Radiofabrik im Hintergrund. Auf dem Rasen vor unseren Fenstern lag ein großer Phosphorkanister und fauchte mit meterlanger Flamme.
    Ich trat einen Moment hinaus und schaute unseren Block auf und ab. Nirgends eine Flamme. Etwas kam mit dem Miauen einer Katze herunter, ein großer Flaksplitter, der vor meinen Füßen aufprallte und in dem grellen Geflacker ringsum verschwand. Schnell stürzte ich wieder ins Haus, riß die Tür hinter mir zu.
    Drinnen waren inzwischen mehrere der Kellerinsassen aufgetaucht. Meier, der wieder zu sich gekommen war, versuchte Ordnung in den Haufen zu bringen. Alle waren mit Kalk bepudert und schrien durcheinander. »Ruhe!« kommandierte Meier. »Es ist ja nichts passiert! Vor allem muß man sich um Frau Frank kümmern, das müssen die Frauen machen. Am besten ziehen wir einen Vorhang um ihre Ecke. Drei Taschenlampen dorthin.«
    »Heißes Wasser brauchen wir«, sagte eine ältere Frau.
    Meier drehte sich zu mir um: »Ihr macht heißes Wasser!«
    »Wir haben doch nur einen Elektroherd. Aber ihr habt doch Gas! Vielleicht funktioniert das noch.«
    »Dann bringen wir sie ‘rauf zu uns«, sagte Frau Meier. »Und ihr beiden seht zu, ob das Telefon geht. Ruft Dr. Sanders an!«
    Das Telefon war tot. Draußen kam gerade Entwarnung. Wir standen zu viert um den Apparat: der wieder von der To erstandene Karl, Frauchen mit dem immer noch zitternden Pucki auf dem Arm und ich, der gerade fragte: »Was machen wir nun?«
    »Hingehen natürlich«, sagte Frauchen. »Die Frau kann ja verbluten. Geh du mit Karl und nehmt Puckchen mit, der muß ja schließlich auch mal ‘raus. Nun geh schon, es ist ja entwarnt!«
    »Also meinetwegen«, sagte er beklommen. Er sah gegen die Fenster, wo das Flammenmeer durch die Ritzen der Jalousien leuchtete.
    »Gleich links um die Ecke«, sagte Frauchen. »Das schöne neue Haus vor dem Platz.«
    »Los!« sagte ich, bückte mich, nahm Puck an die Leine. Sobald wir auf der Straße standen, begannen wir zu husten. Der Block an der Ecke stand noch in hellen Flammen. Der Dachstuhl brannte und auch das Stockwerk darunter. Man sah die Schatten von Menschen, die mit Handspritzen und Feuerpatschen die Flammen zu bekämpfen suchten. Durch die Luft wirbelte ein Regen von verbranntem Papier. Aus den Kellern kamen Leute mit Bündeln und Koffern. Sie erstarrten beim Anblick der Flammenhölle. Manche faßten sich schnell und rannten weiter. Andere blieben unbeweglich, mit hängenden Armen — Zwei Pekinesen, die sonst keine Gelegenheit versäumten, um Puck in kaiserlich chinesischer Arroganz anzukläffen, standen ganz still neben einem Haufen verkohlter, noch glimmender Dachbalken und sagten keinen Ton, als Puck in einer ersten Anwandlung schwindenden Entsetzens sich ihnen zugesellte und das Bein an den Balken hob. Die beiden Pekinesen taten es ihm schweigend nach, setzten sich dann auf das Pflaster und starrten mit ihren vorquellenden großen Augen in die Flammen.
    »Dort hinten ist das Haus!« sagte ich. »Komm, Puckchen.« Er und Karl folgten zögernd, beide dauernd mißtrauisch in den Himmel blickend.
    Als wir am Hause des Doktors ankamen, sahen wir ein seltsames Bild: Die Fassade war weggerissen, so daß man wie in einem Puppenhaus das ganze Innere sah. Im zweiten Stock war eine Tafel festlich gedeckt, Damasttischtuch, viel Silber. Eine lange Batterie von Flaschen, darüber ein großer Kristalleuchter. Im Dachgeschoß fauchte eine große Phosphorbombe.
    Wir standen fasziniert und beobachteten, wie sich die Decke über der festlichen Tafel langsam zu bräunen begann, besonders um den Kronleuchter herum. Aus dem Haus kam ein großer, schlanker Mann mit einer Tasche in der Hand. Ich erkannte ihn im zuckenden Flammenschein. Es war Dr. Sanders, den ich auf irgendeiner Gesellschaft kennengelernt hatte. Er blieb vor seinem Haus stehen und beobachtete, wie wir, den makabren Gegensatz zwischen der

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