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Puck

Puck

Titel: Puck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans G. Bentz
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verlassenen Festtafel und dem Gewüte der Flammen ein paar Meter darüber.
    Plötzlich stürzte der Kronleuchter krachend auf die Tafel, eine Flut brennenden Phosphors hinterher. Mit einem Husch war alles ein Flammenmeer. Noch einmal bäumte sich das Tischtuch auf, ehe es sich in Asche verwandelte. Dann verhüllten Flammen den Untergang alles übrigen.
    Ich schüttelte die schaurige Faszination ab und ging über die Straße: »Dr. Sanders?«
    Der Mann brauchte ein paar Sekunden, um zu sich zu kommen: »Ja — bitte?«
    »Bei uns im Haus liegt eine Frau Frank, wurde durch Luftdruck umgeschleudert. Wahrscheinlich eine Frühgeburt. Ich bringe Sie hin.«
    Wieder sah er auf sein flammendes Heim, brach dann plötzlich aus: »Wir Idioten — wir gottverdammten Feiglinge — warum findet sich keiner, der….« Er stockte, sah mich an.
    »Seien Sie vorsichtig«, sagte ich. »Man weiß nicht, wer uns hört. Frühgeburt — Lebensgefahr — bitte, entschuldigen Sie, wenn ich Sie erinnere...«
    Er räusperte sich: »Im Erdgeschoß habe ich meine Praxis. Ich will mir nur ein paar Instrumente und neues Verbandszeug holen. Habe alles im Keller an der Ecke verbraucht. Drei Schwerverletzte.« Nach ein paar Minuten war er wieder bei mir. Karl lehnte wie hypnotisiert an einer windschiefen Laterne, Puck saß auf einem Steinhaufen und löste sich eben. »Nimm Puck an die Leine und komm!« rief ich. Dann rannte ich hinter dem Arzt her. Wir brauchten auf Hindernisse nicht zu achten, die Straße war taghell.
    »Na?« sagte ich zu Karl, als wir wieder daheim waren. »Nun kannst du wirklich was erzählen.«
    Er hatte sich ans Radio gesetzt, streckte die Beine weit von sich und gähnte: »Ich hätte so was nie für möglich gehalten.«
    »Ich auch nicht.«
    Wieder gähnte er: »Bin nur froh, daß ich mein Manuskript bei den Salzers in Schlachtensee gelassen habe.«
    Ich suchte und fand die Gefährtin im Ankleidezimmer. Sie hatte Puck auf die Couch gelegt und mit einer Decke umhüllt. Er schlief und zuckte mit den Beinen. Manchmal fuhr er hoch, blickte mit hochgerichtetem Kopf wild um sich. Rundum hallten noch dumpfe Explosionen, Blindgänger oder Spätzünder, weiß der Teufel.
    »Was machst du da eigentlich?« fragte ich sie.
    Sie ließ die Arme sinken: »Ich habe mal nachgesehen, was ich für die armen Leute entbehren kann, die alles verloren haben.«
    »Vielleicht stehen wir auch bald so da.«
    »Dann nutzt es uns auch nichts, wenn die Sachen hier im Schrank verbrennen.«
    Ich trat zu ihr: »Wir sind uns wohl beide klar, daß wir all unseren lieben Kram hier um uns herum nur noch auf Zeit haben — auf sehr kurze Zeit wahrscheinlich!«
    »Daran will ich jetzt gar nicht denken. Was ist mit dir, du zitterst ja. Und deine Beine sind ganz naß!«
    »Sicher Löschwasser, als ich auf Dr. Sanders wartete.«
    »Zieh dich lieber aus und geh zu Bett. Ich werde dir auf dem Spirituskocher einen Grog machen.«
    Ich ging ins Bett. Puck kam zu mir. Ich legte ihn mir so, daß ich meine eisigen Füße an ihm wärmen konnte. Ein schmerzhaftes Ziehen spürte ich im Leib. Hoffentlich hatte ich mir nichts geholt. Plötzlich verschlang mich die Erschöpfung. Einmal hörte ich Stimmen im Ankleidezimmer. Frauchen sagte: »Ich möchte Ihnen die Couch hier anbieten, Doktor. Bis Sie wieder irgendein Dach über dem Kopf haben. Du kannst in Doras^ Bett schlafen, Karl, sie kommt ja erst morgen wieder.«
    Darauf Karls Stimme: »In Ordnung. Mit irgendwas werde ich wohl morgen nach Schlachtensee kommen. Was macht denn der Hannes?«
    »Schläft, mit Pucki. Er wird morgen einen schweren Tag in der Redaktion haben.«
    Mit dem Schlaf war es nicht weit her. Ein von Flammen durchleuchteter Halbschlaf. Dazu Schritte und Stimmen auf der Treppe, vor dem Fenster. Einmal eine schwere Explosion, bei der Puck aus dem Schlaf fuhr und eine lange Weile zitterte. Ich schlief darüber ein, hatte aber das Gefühl, Fieber zu bekommen. Ausgerechnet!
    Es erforderte erhebliche Anstrengungen, mich am nächsten Morgen hochzubringen. Es roch bitter nach Rauch, und ich fühlte mich saumäßig. Puck schlief noch fest zu meinen Füßen, machte nur ein verschleiertes Auge auf, wackelte mit dem Bart und schlummerte gleich wieder ein. Die Gefährtin war schon auf. Aus dem Ankleidezimmer kam, noch völlig benommen und mit dicken Säcken unter den Augen, Dr. Sanders, bekleidet mit einem Pyjama von mir.
    »Entschuldigen Sie«, sagte er, »aber mir blieb nichts anderes übrig, als das liebenswürdige Angebot

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