Puerta Oscura - 01 - Totenreise
Jules, was schließlich dazu führte, dass Dominique, der ebenfalls nicht losließ, aus dem Rollstuhl stürzte. Daphne zog mit Mühe ein Fläschchen Weihwasser aus ihrer Tasche, hob den Arm, so hoch sie konnte, und spritzte den Inhalt der Gestalt draußen ins Gesicht.
Der Vampir heulte laut auf, als er das Brennen spürte, das ihm das Weihwasser wie Säure auf seiner untoten Haut verursachte.
Für den Augenblick beschloss er, sich zurückzuziehen, um später noch einmal anzugreifen. Er ließ seine Beute schlagartig los, nachdem Jules’ Schreie bereits dazu geführt hatten, dass in der Nachbarschaft die Lichter angingen, und verschwand so plötzlich in der Dunkelheit, wie er aufgetaucht war.
Jules fiel schwer zu Boden, er schnappte nach Luft, die Augen geschlossen.
Alle drei waren erschöpft. Doch den ersten Angriff hatten sie abgewehrt – wenn auch die Schlacht noch nicht gewonnen war und die Nacht noch lange nicht vorbei.
***
Dem Blinken des Steins folgend, liefen Pascal und Beatrice auf dem breiten Weg hinter dem Dorf. Noch immer beeilten sie sich. Sie mussten die Tür zur nächsten Kammer finden. Die Stunden vergingen unaufhaltsam und brachten sie von Minute zu Minute der Verdammnis näher.
Zwei Männer begegneten ihnen. Sie trugen seltsame Kleider und Masken mit langen Schnäbeln und strebten auf ein Haus zu, das entfernt auf einem Hügel lag
»Wer sind die beiden Kostümierten? Und warum gehen sie dort rein?«, rief Pascal, ohne stehen zu bleiben. »Sind sie verrückt?«
»Das müssen Ärzte sein!« Atemlos verlangsamte Beatrice ihren Schritt. In dieser Welt konnte sie sich nicht so leicht bewegen. »Wie schade, ihr Aufzug schützt sie kein bisschen vor der Pest … Sie werden sterben.«
Pascal bewunderte den selbstlosen Mut, mit dem die Männer sich dieser so grauenvollen Krankheit stellten. Ihm wurde bewusst, dass sie kaum Kenntnisse über sie besaßen noch eine wirksame Medizin kannten, mit der sie um das Leben kämpfen konnten. Was für eine schlimme Zeit! Sie rasten weiter, und Pascal blickte wieder und wieder auf seinen Stein und wechselte mehrfach abrupt die Richtung. Jetzt ging es auf ein paar verlassene Scheunen zu.
»Der Stein schimmert sehr hell«, bemerkte er. »Die Kammer muss dort drin sein.«
Beatrice blickte sich um.
»Du …«
»Hast du gehört, was ich gesagt habe?«, fragte Pascal ungeduldig. »Was ist los?«
»Sieh mal!«
Pascal blickte in die Richtung, in die sie zeigte: Eine Gruppe Männer mit Fackeln war ihnen auf den Fersen.
»Jemand muss uns gesehen haben«, flüsterte Pascal. »Vorhin, als wir aus dem Fenster gesprungen sind, aus dem Fenster des Pesthauses. Merd e. «
»Was machen wir jetzt?« Beatrice überließ ihm die Entscheidung. »Wenn wir in die Scheune gehen und die Tür ist nicht dort, so schaffen wir es nicht mehr heraus. Sie werden das Gebäude niederbrennen mit dir, und ich werde dir nicht helfen können.«
Pascal überlegte fieberhaft. Sollten sie es riskieren?
***
Das fortgesetzte rhythmische Trommeln hallte in der Schlucht wie ein Donnern wider und gab den langsamen Takt vor, in dem sich der Tross vorwärtsbewegte. Michelle, deren Überlebensinstinkt langsam erwachte, stellte fest, dass ihre Passivität und Unterwerfung es ihren Entführern nur leicht machte. Das Gefühl von Einsamkeit und Kapitulation wich langsam dem Wunsch, sich zu wehren und den letzten Ausweg zu wagen: die Flucht.
Sogar die lähmende Angst vor den fürchterlichen Dingen, die sie links und rechts des Weges seit ihrer Entführung gesehen hatte, ließ nach. Immerhin stand ihr Leben auf dem Spiel.
Und auch das des Jungen, der reglos am anderen Ende des Karrens saß. Der zweite Gefangene. Mitfühlend sah sie ihn an. Sie kannten sich nicht, hatten sich noch nie gesehen, doch ihnen stand das gleiche Schicksal bevor.
Der Junge musste ungefähr zehn sein und er war sehr hübsch mit seinen großen Augen und dem blonden Haar, das ihm in Locken in die Stirn fiel. Wie konnte nur jemand zu diesem Kind so bösartig sein und ihm wehtun?
Sie musste irgendetwas unternehmen, selbst wenn die Aussicht auf Erfolg gering war. Sie musste fliehen, bevor sie das mysteriöse Ziel erreichten.
Michelle wünschte sich, der Weg wäre noch lang, um Zeit für einen Fluchtplan zu haben. Während sie nachdachte, tat sie so, als änderte sie ihre Sitzposition, und rieb die Seile, mit denen ihre Hände gefesselt waren, an einem der rollenden Räder des Karrens. Zum ersten Mal betrachtete sie die dunkle
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