Pulphead
und ich von einer Bank die Erlaubnis bekommen haben, ein riesiges, neokoloniales Backsteinhaus zu kaufen, und sie liefert gleichzeitig eine Erklärung dafür, wie die Weltwirtschaft in den freien Fall geraten konnte. Aber diese Geschichte soll ein andermal erzählt werden, von einem Schreiber, der nichts weiter zu tun hat – außer eben einen riesigen Berg an Recherche zu bewältigen. Meine Frau war im achten Monat schwanger, und wir wohnten in einer Ein-Zimmer-Wohnung, dem umgebauten Erdgeschoss einer Villa aus der Zeit vor dem Bürgerkrieg an einer lauten Straße im Zentrum, mit unserem exzentrischen Nachbarn Keef aus Leland über uns, der mir sagte, ich sei doch ein reicher Mann – und der uns außerdem erzählte, er wolle dem Freund seiner Tochter, der diese mit Drogen vollstopfe, mit seinem Superpräzisionsgewehr »unterhalb des Knies ins Bein schießen, weil sie einen so«, wie er meinte, »nicht wegen Tötungsvorsatz drankriegen können«. Keef war früher mal als niedriger Scherge bei irgendeiner Rassisten-Organisation unterwegs gewesen und trug immer noch ein paar unselige Tattoos. Er hatte uns jedoch erzählt, dass er mit Rassismus nichts mehr am Hut habe, seit er auf einer Kreuzfahrt zu den Bahamas einem schwarzen Jungen das Leben gerettet hatte, der im Begriff stand, im Schiffspool zu ertrinken. Seit diesem Bekehrungserlebnis könne er »ein paar Schwarze ganz gut leiden«. Später fiel er von einer zwei Stockwerke hohen Malerleiter und brach sich
sämtliche Knochen. Ein faszinierender Mann, allerdings nicht von der Sorte, mit der meine Tochter während ihrer prägenden Jahre unbeschränkten Umgang haben sollte. Nicht mein Engel. Wir gerieten in Nestbau-Panik. Wir wollten es groß und solide. Wir wollten ein Haus aus der Zeit der Greatest Generation , den Jahren zwischen der Großen Depression und dem Zweiten Weltkrieg, oder sogar aus der Zeit der Eltern dieser Generation, noch großartiger also. Wir fanden es. Es hatte ein Freiluftschlafzimmer und einen schiffsgleichen Dachboden, auf dem ich mich an meinem Lebensabend Dinge aus einem Schrankkoffer ziehen sah, deren Geschichten ich den Kleinen erzählen würde. Wir baten um Geld, und irgendwo in irgendeinem Büro kam der Boss von irgendjemandem mit Dem Stempel um die Ecke.
Ungefähr zu der Zeit, als uns klar wurde, dass wir uns finanziell übernommen hatten – und im Rückblick war das so etwas wie ein seismisches Zucken, ein Vorbote des Crashs, eine Botschaft aus dem tiefsten Inneren, die besagte, dass Leute wie der Typ mit den vier Handys und dem New-Jersey-Akzent, der in einer Garage in Charlotte saß und uns das Geld geliehen hatte, Leuten wie mir wahrscheinlich keine Hunderttausende von Dollar hätte leihen sollen, obwohl »freier Magazinautor« in der Pyramide der Arbeitsplatzsicherheit natürlich direkt unter »Beamter« kommt –, fiel uns ein, dass unser Makler Andy irgendwas von einer Fernsehserie erzählt hatte, die das Haus eventuell nutzen wollte, weswegen uns vielleicht mal jemand anrufen würde. Wir hatten seinen Namen aufgeschrieben. Greg.
Ich denke noch heute oft an Greg. Was für ein irrer Typ. So irre, dass wir wegen ihm in einem Irrgarten landeten. Dabei haben wir ihn nur ein einziges Mal getroffen. Und seitdem nie mehr. Dabei ist es eine kleine Stadt, man trifft eigentlich jeden irgendwann mal wieder. Es war, als ob man ihn nur für unser Treffen eingeflogen hätte. Er war dick und trug ein viel
zu weites Hawaiihemd. Kinnbärtchen, Sonnenbrille. Hat er mir gesagt, dass er Rugby spielt, oder sah er nur exakt wie ein Bekannter von mir aus, der Rugby spielt? Er saß uns gegenüber an unserem Küchentisch, einem vier Meter langen Tisch aus dunklem Holz, den man angeblich in seine Einzelteile zerlegt und aus einem norwegischen Bauernhaus direkt hierher gebracht hatte; ein Überbleibsel aus der Phase der Nestbau-Panik (langer Tisch, bestellen). Greg saß uns also gegenüber. Er erklärte uns, dass man meist nur die beiden vorderen Zimmer des Hauses nutzen würde. Dass hauptsächlich hier gedreht werden würde. Der Rest des Hauses von unserer Figur sei im Studio nachgebaut worden, und der Schnitt würde die Übergänge nahtlos aussehen lassen.
Er führte aus, welche Vereinbarung man mit den vorigen Eigentümern getroffen hatte. Sagte uns: Wir bringen euch im Hilton unter. Mahlzeiten plus Tagesspesen. Wir stellen alles so hin, wie es vorher war. Von euren Bücherregalen machen wir Polaroids, damit wir die Bücher auch wieder in der
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