Pulphead
letzte Nachricht, die ich bekam, lautete: »Sei gegrüßt, John, hier sind Fotos. One Love . Jah B. Wailer.« Ein Schnappschuss von ihm auf einem Parkplatz, in einem weißen Matrosenanzug, salutierend. Das konnte man verstehen, wie man wollte.
Das wirkliche Geschenk, das er mir machte, war die Gabe, nein zu sagen. Es war die Gabe, der Blackheart Man zu bleiben.
Das war die ganze Zeit die Grundmelodie gewesen – dass er noch immer am Leben ist.
Mitarbeit an der Übersetzung: Tobias Schnettler
Das Haus der Peyton Sawyer
Fast täglich halten Autos vor unserem Haus. Leute steigen aus, um es zu fotografieren – und uns auch, falls wir, meine Frau, meine Tochter und ich, gerade draußen sind. Oder sie fotografieren Tony, der in der ganzen Nachbarschaft den Rasen mäht. Tony findet das spitze. Grinsend posiert er mit seinem Rechen und seinen Rasensäcken und wirft in einer ausladenden Geste seinen Arm zur Seite, als wolle er sagen: »All das gehört mir, meine Freunde.« Ich habe ihm schon so oft geraten, er solle Geld dafür nehmen, aber er hört partout nicht auf mich. Er mache das, sagt er, weil er sich so wie ein Promi fühle. Manchmal ist es nur ein Auto pro Tag. Manchmal sind es aber auch acht oder neun. Das hängt von der Jahreszeit ab und davon, was gerade im Internet los ist. Einmal, als in der Stadt irgendein Event war, hatten wir mehr als zwanzig. Oft vergesse ich für lange Zeit, dass all das überhaupt passiert. Ich nehme die Leute wirklich nicht mehr wahr, verlasse allerdings auch nicht häufig das Haus, und sie verhalten sich immer ruhig, machen nie Stress. Vor einem Monat aber kam mein neuer Nachbar Nicholas vorbei, um sich vorzustellen, ein großer, dünner Mittfünfziger mit Brille und weißem Bart. Sehr nett, sehr gesellig. Im Gehen sagte er: »Kann ich Sie noch etwas fragen? Ist Ihnen schon mal aufgefallen, dass ständig jemand Ihr Haus fotografiert?«
»Klar«, sagte ich – und spulte wie auf Knopfdruck meinen Text ab –, »es ist albern, ich weiß, aber unser Haus war mal im Fernsehen, jetzt nicht mehr, und diese Leute sind Fans . . . Lustig, oder?«
»Aber das hört ja überhaupt nie auf«, sagte er.
»Ich weiß!«, sagte ich. »Hoffentlich stört es Sie nicht. Melden Sie sich, wenn's anfängt, Ihnen auf die Nerven zu gehen.«
»Nein, nein, mir macht das nichts aus«, sagte er. »Die Leute sind ja immer höflich. Es scheint ihnen fast ein bisschen peinlich zu sein.«
»Sagen Sie aber auf jeden Fall Bescheid, wenn sich daran etwas ändern sollte«, sagte ich.
»Ist gut«, meinte er. »Ich finde einfach nur unglaublich, wie viele es sind.«
Diese Unterhaltung haben Nicholas und ich mit minimalen Abweichungen schon dreimal geführt, einmal in jeder Woche, die er jetzt nebenan wohnt. Jedes Mal hätte ich ihm gerne gesagt, dass es nachlassen wird, aber ich weiß nicht, ob das jemals passiert. Es könnte auch schlimmer werden.
Mein Schwager verkauft in der Wüste von Arizona Wohnwagen – er behauptet sogar, das Trailer-Business in diesem Teil der Welt »im Schwitzkasten zu haben«. Vor nicht allzu langer Zeit hat er mir von Dem Stempel erzählt. Er und sein Chef arbeiteten im selben Wohnwagen, ihre Büros lagen sich direkt gegenüber. Sie verkauften also aus einem Wohnwagen heraus Wohnwägen. Der Chef hatte auf seinem Schreibtisch einen riesigen Gummistempel, eine Spezialanfertigung, der das Wort »Genehmigt« stempelte. Immer wenn die Situation im Büro meines Schwagers ungemütlich wurde und der Chef hörte, dass die Verhandlungen auf der Stelle traten – meistens über der Frage, wie die zukünftigen Käufer ihren Darlehensantrag bewilligt bekommen sollten –, kam er mit Dem Stempel hereingezuckelt. Mein Schwager hat mir seinen Gang vorgemacht – »zuckeln« beschreibt ihn nicht richtig. Der Chef war eher klein, und beim Gehen rollten seine Beine irgendwie aus seinem Körper heraus, vielleicht so, wie man es sich bei jemandem
mit einem degenerativen Hüftleiden vorstellt. Er rollte also auf den Schreibtisch zu, hieb mit einem lauten Bamm! Den Stempel auf den Antrag, »Genehmigt«, und rollte wieder davon, was die Käufer zunächst perplex und dann, sobald ihnen klar wurde, was gerade passiert war, hocherfreut zurückließ. »Du musst verstehen«, sagte mein Schwager, »dass ich damals viel an Zigeuner verkauft habe, Zigeuner im wörtlichen Sinn. Die hatten keine Postanschrift.«
Die Geschichte veranschaulicht vielleicht annähernd, auf welche Weise meine Frau
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