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Puls

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Titel: Puls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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ziemlich sicher. So konnten sie sich aber mit knapper Not daran vorbeiquetschen, indem sie wegen der öligen Rauchschwaden die Luft anhielten. Im nächsten Augenblick taumelten sie durch eines der Drehkreuze: Jordan auf einer Seite des Rektors und Clay auf der anderen, den Alten mehr schleppend als führend. Clay bekam den Gehstock, mit dem der Rektor wild herumfuchtelte, zweimal ans Ohr, aber eine halbe Minute nachdem sie den Reifen passiert hatten, standen sie unter dem Torbogen und starrten die riesige Feuersäule, die über den Tribünen und der Pressebox in der Mitte aufstieg, mit identischer Miene an, eine Miene, aus der benommene Ungläubigkeit sprach.
    Ein hell brennendes Stück der fürs große Schulfest aufgehängten Girlanden segelte neben dem Hauptkassenhäuschen herab und sprühte ein paar Funken, bevor es zur Ruhe kam.
    »Hast du gewusst, dass das passieren würde?«, fragte Tom. Sein Gesicht war um die Augen herum weiß, auf Stirn und Wangen gerötet. Der Schnurrbart schien halb abgesengt zu sein. Clay konnte Toms Stimme hören, aber sie schien aus weiter Ferne zu kommen. Was für alle Geräusche galt. Als hätte er Watte in den Ohren -oder jene speziellen Ohrenstöpsel für Schützen, die Beth Nickersons Ehemann Arnie sie bestimmt immer hatte tragen lassen, wenn er mit ihr zu ihrem liebsten Schießplatz hinausgefahren war. Wo sie vermutlich mit ihren Handys an der einen Hüfte und ihren Piepsern an der anderen dem Schießen gefrönt hatten.
    »Hast du's gewusst?« Tom machte Anstalten, ihn zu schütteln, bekam aber nur sein Hemd zu fassen und riss es mit einem Ruck von oben bis unten durch.
    »Scheiße, nein, bist du verrückt?« Clays Stimme war mehr als nur heiser, mehr als nur ausgedörrt; sie klang gebacken. »Glaubst du, ich hätte mich dort mit einem Revolver hingestellt, wenn ich das gewusst hätte? Wäre die Stahlbetonbarriere nicht gewesen, wären wir zerfetzt worden. Oder verdampft.«
    Verblüffenderweise grinste Tom auf einmal. »Ich hab dir das Trikot zerfetzt, Batman.«
    Clay hätte ihm am liebsten den Kopf abgerissen. Oder ihn umarmt und abgeküsst, nur weil er noch lebte.
    »Ich will in die Lodge zurück«, sagte Jordan. Die Angst in seiner Stimme war unverkennbar.
    »Ja, wir sollten uns unbedingt in sichere Entfernung begeben«, stimmte der Rektor zu. Er zitterte am ganzen Leib, und sein Blick war starr auf das Inferno über dem Torbogen und den Tribünen gerichtet. »Gott sei Dank, dass der Wind in Richtung Akademiehügel weht.«
    »Können Sie gehen, Sir?«, fragte Tom.
    »Danke, ja. Wenn Jordan mir hilft, schaffe ich's bestimmt bis zur Lodge hinüber.«
    »Wir haben sie erledigt«, sagte Alice. Sie wischte sich fast geistesabwesend Blutspritzer vom Gesicht, verschmierte das Blut dadurch aber nur noch mehr. Ihre Augen glichen etwas, was Clay bisher nur auf ein paar Fotos und in einigen begnadeten Comics aus den Fünfziger- und Sechzigerjahren gesehen hatte. Er erinnerte sich an den Comic-Kongress, auf dem er einmal - selbst noch ein Jugendlicher - gewesen war; dort hatte Wallace Wood darüber gesprochen, wie man den Panikblick, wie er ihn nannte, am besten zeichnete. Jetzt sah Clay ihn in den Augen einer fünfzehnjährigen Schülerin aus irgendeinem Vorort von Boston.
    »Komm jetzt, Alice«, sagte er. »Wir müssen zur Lodge zurück, um unseren Kram zusammenzusuchen. Wir müssen schleunigst abhauen.« Und sobald er die Worte ausgesprochen hatte, musste er sie wiederholen, um zu hören, ob sie wahr klangen. Beim zweiten Mal klangen sie weit mehr als nur wahr; sie klangen ängstlich.
    Sie schien ihn nicht gehört zu haben. Sie war sichtbar in Hochstimmung. Von Triumph erfüllt. Und ihr war davon übel wie einem Kind, das auf dem Heimweg zu viele der an Halloween gesammelten Süßigkeiten gegessen hat. Ihre Pupillen waren voller Feuer. »Das kann nichts überlebt haben.«
    Tom packte Clay am Arm. Es tat so weh, als hätte er einen Sonnenbrand. »Was ist los mit dir?«
    »Ich glaube, wir haben einen Fehler gemacht«, sagte Clay.
    »Ist es wie in der Tankstelle?«, fragte Tom ihn. Hinter der verbogenen Brille blitzten seine Augen scharf. »Als der Mann und die Frau sich wegen den verdammten Süßig.«
    »Nein, ich glaube nur, dass wir einen Fehler gemacht haben«, sagte Clay. Irgendwie war dieses Wort zu schwach. Er wusste, dass sie einen Fehler gemacht hatten. »Los, kommt! Wir müssen noch heute Nacht weiter.«
    »Wenn du das sagst, okay«, antwortete Tom. »Komm, Alice.«
    Alice ging

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