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Puls

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Titel: Puls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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war eben schon sehr müde. »Ach, die sind auch nicht anders, Sir«, sagte er. »Die kommen auch nicht herein. Das tut niemand. Wir versuchen's morgen Nacht wieder. Ich will schlafen.«
    Und Clay wusste, dass sie - müde oder nicht - herausbekommen würden, was der alte Mann wollte ... das hieß, falls Tom und Alice sich nicht total weigerten. Teils weil der Gefährte des Alten ihn an Johnny erinnerte, ja, aber hauptsächlich deshalb, weil der Junge zu dem Schluss gekommen war, in dieser nicht-sehr-schönen neuen Welt werde ihnen niemand helfen - er und der alte Mann, den er Sir nannte, waren auf sich allein gestellt, weil das heutzutage eben so war. Nur würde es bald nichts mehr geben, was sich zu bewahren lohnte, wenn das stimmte.
    »Los, geh schon«, ermutigte der Alte ihn. Er stieß Jordan noch einmal mit dem Krückstock an, wenn auch nicht fest. Nicht schmerzhaft. »Sag ihnen, dass wir ihnen eine Zuflucht bieten können, dass wir reichlich Platz haben, aber dass sie es sich erst ansehen sollen. Irgendjemand muss es sich ansehen. Wenn auch sie Nein sagen, geben wir in der Tat für heute Nacht auf.«
    »In Ordnung, Sir.«
    Der alte Mann lächelte und ließ dabei einen Mund voller Pferdezähne sehen. »Danke, Jordan.«
    Der Junge kam ohne jegliche Begeisterung auf sie zu. Er ließ die staubigen Schuhe über den Boden schlurfen, und unter seinem Pullover hing ein Hemdzipfel heraus. In einer Hand hielt er seine leise summende Lampe. Die dunklen Ringe unter den Augen zeugten von Schlafmangel, und sein Haar war schrecklich ungewaschen.
    »Tom?«, sagte Clay.
    »Wir lassen uns sagen, was er will«, sagte Tom, »weil ich sehe, dass du das willst, aber ...«
    »Sirs? Entschuldigung, Sirs?«
    »Sekunde«, sagte Tom zu dem Jungen und wandte sich wieder an Clay. Er hatte eine ernste Miene aufgesetzt. »Aber in einer Stunde wird's hell. Vielleicht schon früher. Also können wir nur hoffen, dass der alte Kerl Recht hat, wenn er behauptet, dass es hier Platz für uns gibt.«
    »O ja, Sir«, sagte Jordan. Er erweckte den Eindruck, wider besseres Wissen zu hoffen. »Massenhaft Platz. Hunderte von Zimmern in Wohnheimen, von der Cheatham Lodge ganz zu schweigen. Tobias Wolff war letztes Jahr hier, hat hier übernachtet. Er hat einen Vortrag über sein Buch Alte Schule gehalten.«
    »Das habe ich gelesen«, sagte Alice. Ihre Stimme klang nachdenklich.
    »Die Jungs, die keine Handys hatten, sind alle weggelaufen. Die anderen, die welche hatten .«
    »Wir wissen Bescheid«, sagte Alice.
    »Ich bin mit einem Stipendium hier. Ich komme aus Holloway. Ich hatte kein Handy. Ich musste das Telefon der Wohnheimaufsicht benützen, wenn ich zu Hause anrufen wollte. Die anderen Jungs haben sich da immer über mich lustig gemacht.«
    »Sieht so aus, als hättest du zuletzt am besten gelacht, Jordan«, sagte Tom.
    »Ja, Sir«, sagte der Junge pflichtbewusst, aber im Licht seiner summenden Lampe sah Clay kein Lachen, nur Kummer und Müdigkeit. »Wollen Sie nicht bitte mitkommen und den Rektor kennen lernen?«
    Und obwohl Tom selbst sehr müde sein musste, antwortete er so vollendet höflich, als stünden sie auf einer sonnigen Veranda -an einem Elternbesuchstag beim Tee etwa - statt um Viertel nach vier Uhr morgens auf dem mit Abfällen übersäten Gehsteig der Academy Avenue. »Das wäre uns ein Vergnügen, Jordan«, sagte er.

12
    »Satans Sprechfunk, so habe ich sie genannt«, sagte Charles Ardai, der fünfundzwanzig Jahre lang der Fachleiter für Englisch gewesen war und zum Zeitpunkt des Pulses amtierender Rektor der gesamten Academy. Jetzt stapfte er in erstaunlichem Tempo mit seinem Krückstock den Hügel hinauf und blieb dabei auf dem Gehsteig, um die Abfallflut zu meiden, die den Academy Drive bedeckte. Jordan ging wachsam neben ihm her, die anderen drei folgten ihnen. Jordan fürchtete sicherlich, der Alte könnte das Gleichgewicht verlieren. Clay fürchtete, den Mann könnte der Schlag treffen, wenn er gleichzeitig redete und einen Hügel - selbst einen relativ flachen wie diesen - ersteigen wollte.
    »Natürlich habe ich das nie ernst gemeint; das war ein Scherz, Spott, eine komische Übertreibung, aber ich habe die Dinger tatsächlich nie leiden können, vor allem nicht auf dem Schulgelände. Ich hätte natürlich beantragen können, sie aus der Schule zu verbannen, wäre dann aber mit ziemlicher Sicherheit natürlich überstimmt worden. Ebenso gut könnte man versuchen, ein Gesetz gegen das Ansteigen der Flut zu erlassen, was?« Er

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