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Puna - Toedliche Spurensuche

Puna - Toedliche Spurensuche

Titel: Puna - Toedliche Spurensuche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Scholze
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geflüchtet war. Sie war Trotzkistin. Ihr Freund war Kommunist. Und beide wurden von den Nazis verfolgt ...«
    Paulino trank einen Schluck Kaffee.
    »Ihr Freund hatte es nicht mehr geschafft, zu flüchten. Meine Mutter ist nach Chile gekommen. Dort hatte sie sich wieder in einen Kommunisten verliebt. Einen chilenischen Journalisten, Eduardo. Sie heirateten. Dieses Mal hielt sie sich aber im Hintergrund. Aber ihr Mann, also mein Vater, trat für seine Überzeugung ein. Was denken Sie, wem hat das geholfen ...? Als Familie haben wir immer Probleme gehabt .«
    Anja blickte ihn an und sah, wie schwer es ihm fiel, darüber zu reden.
    »Eines Tages sind Männer abends zu uns gekommen. Sie haben meinen Vater abgeholt. Er sei Kommunist, haben sie gebrüllt. Aber er war in erster Linie mein Vater. Sie hatten ihn zusammengeschlagen und ein paar Straßen weiter wieder aus dem Auto geworfen. Wie Abfall. Niemand hat sich dafür interessiert. Wir haben diese Menschen angezeigt. Aber nichts passierte. Ein paar Wochen später ...«, Paulino geriet ins Stocken.
    »Ein paar Wochen später haben wir von einer Nachbarin erfahren, dass zwei Männer meinen Vater auf der Straße angesprochen hatten. Er musste ihnen folgen. Das ist das Letzte, was ich je von meinem Vater gehört habe ...«
    »Wir haben alles Mögliche versucht. Niemand konnte uns helfen. Keine Polizei. Niemand. Mein Vater war verschwunden. Bis heute gibt es keine Spur von ihm. Meine Mutter hatte bis dahin zwei wichtige Männer in ihrem Leben verloren ...«

    Paulino drehte die Kaffeetasse auf dem Tisch und presste dabei immer wieder die Lippen aufeinander.
    »Als die Männer das erste Mal zu uns ins Haus kamen, hielten Sie meinem Vater auch vor, mit La Gringa zusammengearbeitet zu haben ... Kennen Sie La Gringa ? ... Sie stammte aus Deutschland. Monika Ertl. Sie war nach Che Guevaras Tod eine wichtige Person der Führungsebene der ELN. Das war die Ejército de Liberación Nacional , die nationale Befreiungsarmee, eine bolivianische Guerillaorganisation, die von Che Guevara unterstützt wurde. Zusammen mit Regis Debray, einem Kampfgenossen Che Guevaras, versuchte Monika Ertl, Klaus Barbie zu entführen. Der Versuch misslang. Und Monika Ertl wurde erschossen«.
    Es entstand eine Pause. Anja ließ Paulino nicht aus dem Auge. Sie wollte ihm Zeit lassen.
    »1977. Ich werde das nie vergessen ... ich war Bergbaustudent in Oruro, als unbekannte Männer in der Mensa auf mich zukamen und mir mitteilten, dass sie mich befragen müssten. Über ..., ja, das weiß ich bis heute nicht. Ich musste ihnen folgen .«
    »...«
    »Zu Beginn waren sie noch höflich und freundlich und haben einige Fragen gestellt. Alles Mögliche. Belangloses Zeug. Dann kam ich in eine dunkle Zelle. Irgendwann wurde ich wieder geholt. Kapuze auf dem Kopf. Erneute Befragung. Immer wieder Schläge, gleichzeitig auf beide Ohren. Immer wieder verlor ich das Bewusstsein. Dann kam ich zurück in die Zelle«.
    Paulino stockte. Er blickte lange auf seine Hände auf dem Tisch. Als er seinen Blick hob, fuhr er fort:
    »Mehrere Studenten wurden mit mir in den Innenhof gebracht. Wir mussten in einen Graben steigen. Dann wurden wir mit Tränengas besprüht und mit Erde beworfen. Einige der Männer schossen mit Platzpatronen auf uns. Wir dachten, es sei zu Ende mit uns ... Erneute Befragungen. Wieder Schläge, mit Stöcken, mit Fäusten ... Wir mussten falsche Geständnisse unterschreiben. Immer wieder ... Dann wurde ich verlegt. In der Zelle, in die ich dann kam, waren 30 Männer eingepfercht. Die Zelle war nicht größer als zwei mal drei Meter. Können Sie sich das vorstellen? 40 Tage habe ich in dieser Zelle gelebt. Es gab weder Nahrung noch Wasser. Wir hielten uns durch das am Leben, was andere von Angehörigen zugesteckt bekamen .«
    Anja goss Paulino Kaffee nach.
    »Ich wurde in eine andere Einrichtung verlegt. Zunächst lag ich mehrere Tage in einem kleinen dunklen Raum. Wieder gab es weder Wasser noch etwas zu essen. Dann wieder Verhöre. Sie schlugen mich, bis ich das Bewusstsein verlor. Wieder kam ich für mehrere Tage in den dunklen Raum. Und dann kamen die nächsten Verhöre ... Schließlich wurde ich in einer drei Mal vier Meter große Zelle gesperrt. Zusammen mit 60 anderen ...«
    »Und wann sind sie wieder entlassen worden ?« , fragte Anja.
    »1983. Ich wurde entlassen, ohne je verurteilt worden zu sein. Ich weiß bis heute nicht, weshalb ich im Gefängnis gewesen bin. Meine Mutter war zu dem Zeitpunkt schon

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