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Puppenbraut: Psychothriller (German Edition)

Puppenbraut: Psychothriller (German Edition)

Titel: Puppenbraut: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: May B. Aweley
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gerade näherte, sah sehr gepflegt aus. Doppelhäuser mit hübsch angelegten Vorgärten und ordentlichen Einfahrten gehörten in diesem Teil von New York zum guten Ton. Just in dem Augenblick, als sie genau vor der gesuchten Eingangstür eingebogen war, sah Doreen, wie sich die Gardine leicht bewegte. Im unteren Bereich des Hauses kläffte ein Hund. Die Einfahrt war voll von Büschen blühender Rosen und Blumen, deren Namen sie noch nicht einmal kannte. Es sah hinreißend aus. ‘Offensichtlich verbringen die Hausbesitzer sehr viel Zeit an der frischen Luft’, dachte sie.
     
    Nach dem ersten Klingeln an der Tür verstärkte sich noch das unerträgliche Gebell des Hundes. Offenbar wollte man sie vor dem Eingang warten lassen. Sie war jetzt sicher, dass sich vorher die Gardine nicht von einem Luftzug bewegt hatte, denn alle Fenster schienen wie hermetisch abgeriegelt. Auch der Hund hätte sie nicht bewegt haben können, da er direkt an der Tür lautstark sein Bellen von sich gab.
     
    Als sie ihre Alternativen im Kopf durchging, wie sie den Bewohnern doch noch begegnen könnte, hörte sie ein gedämpftes: „AUS! Daisy! AUS! AUS, sagte ich doch!“ In diesem Moment verstummte der Lärm ein wenig, und die Tür öffnete sich.
     
    Im Rahmen stand ein älterer Mann im korrekt gebügelten Hemd, einer ebenfalls korrekt gebügelten Hose, glatt gekämmt. Seine Füße steckten in typischen Rentner-Pantoffeln, die man in jedem Supermarkt an der Ecke zusammen mit einem Bund Möhren kaufen konnte. Die Ärmel hatte er hochgekrempelt. Zu seiner Rechten bemaß sie ein kleiner brauner Kurzhaardackel mit einem sehr giftigen Blick. Der Köter war im Notfall bereit, jeden Gegner zu Fall zu bringen, und hatte derweil sichtliche Probleme, seine Schnauze weiterhin geschlossen zu halten. Doch er folgte der Anweisung des Herrchens. Es war lediglich ein grollendes Geräusch der Unzufriedenheit über den Besuch zu vernehmen.
     
    „Guten Tag, mein Name ist Doreen Bertani. Wir haben soeben telefoniert“, stellte sie sich vor.
     
    Der Fremde betrachtete sie mit einer Strenge, die für gewöhnlich der „älteren“ Generation angedichtet wurde. Offenbar schien er derjenige zu sein, der sich um die Pflanzen im Freien bemühte, schloss Doreen aus seinem dunklen Teint und den vielen kleinen Kratzspuren auf seinen Armen. Oliver Bradley erschien ihr etwas drahtig und deutlich beweglicher, als dass er so lange Zeit zum Öffnen der Tür gebraucht hätte, wie er ihr vorzugaukeln versuchte. Er schaute zerstreut.
     
    „Guten Tag!“, antwortete er, vielleicht eine Spur zu laut. ‘Offenbar haben die anderen Häuser Ohren, mit denen sie mithören sollen’, dachte Doreen. „Sie sind doch die JOURNALISTIN, nicht wahr? Sie wollen ein INTERVIEW mit mir führen, nicht wahr?“
     
    „Könnte ich bitte eintreten?“ Doreen wollte sich nicht auf dieses ihr längst bekannte Spiel einlassen. Ihr Beruf hatte ihr immer schon eine besondere Position verschafft. Die Situation wurde langsam unangenehm. ‘Hoffentlich werde ich im Alter eine ausfüllende Beschäftigung haben, dass mich nicht jeder Besuch so durcheinander wirft’, dachte sie. Eine gegenteilige Vorstellung jagte ihre Nackenhaare in eine aufrechte Position. „Bitte, kommen Sie herein!“ Die Stimme des Mannes bekam endlich einen beinahe „normalen“ Tonfall.
     
    „Mein Name ist Oliver Bradley.“ Der kleine Dackel gab bei Doreens Betreten der Hausschwelle einen warnenden Laut von sich und wurde mit einem scharfen „MACH PLATZ!“ in sein Körbchen verbannt. Sie staunte über den Gehorsam des Tieres. Die in der Luft wahrzunehmende Konsequenz des Mannes stand seinem biederen Erscheinungsbild in krasser Weise entgegen.
     
    Im Inneren des Hauses war es angenehm kühl. Auf dem Boden lagen Teppiche in mächtigem Bordeaux, der Flur war vollgestopft mit alten Möbeln und Sachen, die halbwegs aufgeräumt erschienen. Über dem ganzen düsteren Ensemble lag ein muffiger Geruch, der förmlich nach einem offenen Fenster schrie. Die Hausbesitzer legten offenbar keinen großen Wert auf eine korrekte Luftzirkulation. Doreen kämpfte mit sich gegen das aufsteigende Verlangen, ihren Inhalator herauszuholen. Ihre Lungen schienen sich wieder einzuengen. Das Gefühl der Platzangst beherrschte Rees Gedanken. Unterbewusst verspürte sie das Verlangen, schnellstens aus diesem Vorraum zu flüchten. Daher war sie froh, als Oliver Bradley sie ins Wohnzimmer führte. Weit weg von diesem engen, vollgestopften Raum.

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