Puppenbraut: Psychothriller (German Edition)
mit einem Belästigungsfall an einer Minderjährigen in den Fokus der Polizei gerückt, doch aus Mangel an Beweisen wieder freigelassen worden. Des Weiteren fand die Polizei genetisches Material am Tatort, was als ein Beweis für die Anwesenheit des Tatverdächtigen...“ Plötzliche Stille. Der Fernseher wurde abgeschaltet. Gleich darauf hörte sie die bekannten Schritte.
„Hallo, meine wunderschöne Zoey! Ich habe für dich Abendbrot vorbereitet. Sogar Nutella ist heute dabei.“ Die inzwischen fast vertraute Stimme klang bedrohlich, trotz des amüsierten Untertons. Er öffnete die Zimmertür, bevor er den Lichtschalter betätigte. „Sie haben endlich einen Tatverdächtigen, die Trottel! Wunderbar! Dann lassen sie uns beide endlich in Ruhe!“
Ihre Tränen kullerten, ohne dass sie es wollte. „Ich will zu meiner Mommy.“ Es wurde schlagartig grell. Zoey rieb sich die Augen.
„Ach Schatz, deine Mutter ist jetzt mit deinem Vater beschäftigt. Sie hat für dich überhaupt keine Zeit! Braucht sie auch nicht, denn du bist jetzt bei mir! Wenn sie dich wiedersehen möchte, dann bringe ich dich natürlich zu ihr! Sie braucht mich nur anzurufen! Sie weiß doch, wo wir sind! Doch bisher tat sie es nicht! Warum? Weil sie beschäftigt ist!“ Er packte sie am Arm, so fest, bis es ihr wehtat. Zoey konnte seinen komischen Geruch wahrnehmen. ‘So wie Daddy, wenn er sich frisch rasiert hatte. Nur anders!’, dachte sie mit kindlicher Logik, während sie sich schnell die Tränen wegwischte. Wenn sie an ihre Eltern dachte, dann musste sie ganz oft weinen, doch er mochte das nicht. Zoey hatte Angst, dass er sie schlug.
Doch diesmal lächelte er nur. „Zeig dein hübsches Gesicht her, mein Schatz!“ Er betrachtete sie, wie ihre Mutter, wenn sie sich mal wehgetan hatte. „Oje... Das sieht nicht schön aus. Das tut mir leid. Du darfst aber nicht so laut schreien. Dann werde ich immer so furchtbar böse! Ich kann aber nichts dafür!“ Alles in dem Kind schrie lautlos vor Angst: ‘Ich will zu meiner Mommy!‘ Vergebens! Niemand konnte das kleine Mädchen hören. Am wenigsten diejenige, nach der sein Herz rief.
Als er gestern nachlässig die Tür zu diesem Raum offen gelassen hatte, war sie heimlich in das andere Zimmer geschlichen. Sie wollte weg, doch die Eingangstür war versperrt. Alle Fenster hatten Gitter. In dem Zimmer, wo er „seine Braut“ sonst immer eingesperrt hatte, gab es nicht einmal ein Fenster. Die meiste Zeit lag Zoey auf einer alten Pritsche und hatte nur zwei Porzellanpuppen zum Spielen. Sonst gar nichts, außer einem Nachttopf.
Aber auch das andere Zimmer war ungewöhnlich leer. Es gab dort nur einen Tisch mit zwei Stühlen, eine Couch und einen Fernseher, den er manchmal nach oben mitnahm, wenn er etwas länger weg war. ‘Manchmal abends und immer morgens’, vermutete Zoey. Dann konnte sie endlich frei weinen, weil sie immerzu ständig an ihre Eltern denken musste. Noch immer hatte sie kein Geschenk für Mamas Geburtstag! Darüber würde ihre Mutter bestimmt furchtbar sauer sein. Auch, dass sie gestern nicht nach Hause gekommen war. Oder war das vorgestern? Sie konnte sich nicht erinnern. Aber vielleicht hatte er recht? Vielleicht hatte ihre Mutter wirklich keine Zeit mehr für sie, jetzt, wo Daddy nach Hause gekommen war. Vielleicht hatte sie dem Mann wirklich gesagt, er solle auf sie achtgeben?
„Hier, eine Salbe für dich, von der Arbeit mitgebracht! Und auch ein paar Gummibärchen. Du magst sie doch so sehr!“ Freundlich schaute er Zoey an. „Na los! Nimm dir doch welche! Und ich schmiere dir die Salbe ins Gesicht! Beim nächsten Mal musst du mehr aufpassen, dass du mich nicht so wütend machst, in Ordnung? Ich will dir nicht wehtun! Ich liebe dich doch so sehr!“ Erneut rannen ihr Tränen über die Wangen, die sie nicht mehr aufhalten konnte. Sie wischte sie sofort weg, während er fortfuhr: „Wir sind füreinander bestimmt, mein Schatz. Das wird auch deine Mutter einsehen müssen! Ihre Tochter wird bald erwachsen!“ Seine Stimme klang feierlich. Das kleine Mädchen nahm die Gummibärchen in die Hand und schaufelte sie gierig in den Mund. Ihre Mutter schimpfte zwar immer, wenn sie das tat, doch sie hatte entsetzlichen Hunger!
KAPITEL 8
Freitag. Vierter Tag nach der Entführung.
Doreen Bertani wachte abrupt aus einem Albtraum auf. ‘Fünf Uhr’, dachte sie entsetzt und drehte sich im Bett um. Doch egal, wie sie sich drehte oder wendete, sie fand
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