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Puppenbraut: Psychothriller (German Edition)

Puppenbraut: Psychothriller (German Edition)

Titel: Puppenbraut: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: May B. Aweley
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in den Himmel, behauptete sie. Seine neue Familie wollte aber nach dem Tod in den Himmel kommen.
     
    Also gingen sie jeden Sonntag nach dem Frühstück in die Kirche, wo er immer ganz furchtbar still sein sollte, während ihm seine Pflegemutter seit jener Hochzeit immer zur Beruhigung sanft das Knie streichelte. Der verlegene Junge lächelte dann, weil er wusste, was ihn am Abend erwartete. Es war ihr süßes Geheimnis!
     
    Damals, er war vielleicht sechzehn, nahmen ihn seine Eltern zu einer Hochzeit mit. Er konnte nicht erahnen, wie wunderschön der Tag für ihn sein würde! Die Braut war noch so blutjung und so sexy! Ihr anzügliches Lächeln, das sie ihm andauernd schenkte, galt nur ihm. Diese Gewissheit erregte ihn!
     
    Seelenverwandt waren sie beide! Mit jedem Kuss, den sie dem Bräutigam gab, war er sich einer Sache sicher. Seine sollte sie werden!
     
    An jenem Abend trank er übermäßig viel. Wie durch Schleier bekam er mit, wie sich seine Pflegeeltern gezofft hatten. Es ging vermutlich wieder mal um nichts, doch der hohe Alkoholpegel benebelte ihnen die Sinne. Erbost verschwand sein Pflegevater von der Feier, ohne sich darum zu sorgen, wie seine Familie nach Hause finden würde. Wo er anschließend die Nacht verbrachte, verriet er niemals.
     
    Daran, wie ein Taxi sie beide nach Hause brachte, konnte er sich im Nachhinein nicht erinnern. Dafür erstaunlich detailliert an die Szene, wie er seine Mutter zärtlich umarmte und jede Stelle ihres wundervollen Körpers zärtlich liebkoste. Er erinnerte sich an ihren Duft. Wie sie leise stöhnte, als er in sie eindrang. An diesem Abend erschien sie ihm so anmutig wie die junge Braut im weißen Kleid, die ihn für einen Versager von Mann abblitzen ließ! Seine Mutter war in dieser Nacht seine Braut.
     
    Diese Art Liebe von seiner Pflegemutter wurde ihm immer zuteil, wenn der Pflegevater mal wieder beruflich abwesend war. Doch so traumhaft wie an jenem Hochzeitstag wurde es nie wieder.
     
    Kurz nach seinem siebzehnten Geburtstag gab es den Unfall. Erneut nahm ihm der Alkohol das, was er am meisten liebte. Doch einen kleinen Schatz behielt er trotzdem! Den Gedanken an eine Nacht, in der er seine Braut liebte! Nun war die Zeit gekommen, sie wieder zu finden!

KAPITEL 13
     
    Sonntag. Sechster Tag nach der Entführung.
     
    Der helle Strahl der aufgehenden Sonne weckte Doreen Bertani aus einem erstaunlich ruhigen Schlaf. Sie fühlte sich seltsam. Einfach gar nicht. Weder gut noch schlecht. Vielleicht konnte man das Gefühl mit einer Empfindung beschreiben, die man hatte, wenn man wusste, dass in wenigen Stunden ein Tornado durch das eigene Haus fegen würde. Angespannte Ruhe vor der wütenden Zerstörung.
     
    Unfähig, sich zu bewegen, streifte sie sich die Haare aus dem Gesicht und horchte. Außer Raffaellas ruhigem Atem konnte sie keine anderen Geräusche wahrnehmen. Auch an ihren Traum konnte sie sich nicht entsinnen. Es war, als hätte ihn jemand restlos aus dem Gedächtnis gelöscht. Genaugenommen konnte sie sich an gar nichts erinnern, außer, dass sie beide gestern sehr viel Wein getrunken hatten, weshalb sie auch leichte Kopfschmerzen verspürte.
     
    ‘Was ist heute für ein Tag?’, überlegte sie angestrengt, als ob sie einfach selbst das vergessen hätte. Langsam schien die Erinnerung wiederzukommen. „Ach, ja! Sonntag, der Tag im Zoo!“, flüsterte sie plötzlich, überrascht von dieser Erkenntnis. Hektisch streifte sie sich erneut mit beiden Händen die Haare vom Gesicht, als wollte sie damit die Schlafreste wegwischen, und stand geräuschlos auf, um Ell nicht zu wecken.
     
    Doreen schlich sich in die Küche und füllte Leitungswasser in ein Glas. Gedankenversunken öffnete sie das kleine, hängende Schränkchen mit den Kaffeetassen und fischte nach einer Schmerztablette. Die Medikamente verstauten sie ganz oben hinter dem Porzellan, seit Cassy noch ein Baby gewesen war. Mit der Zeit wurde das Versteck zur Gewohnheit. So sahen sie selbst heute keinen Grund, es zu ändern.
     
    Den ersten Schluck nahm Doreen ohne die Tablette ein. Das Wasser schmeckte so hervorragend erfrischend, dass sie das Glas hastig ausleerte. Erneut füllte sie es auf. Diesmal nahm sie die Arznei ein. Bevor sie den Schaltknopf des Kaffeeautomaten betätigte, fuhr sie ihren Ersatz-Computer hoch. Komischerweise folgte sie auch am Wochenende dem gleichen Rhythmus des Alltags. Selbst im Zustand fehlender Ansprechbarkeit konnte sie diesen mit detailgetreuer Präzision ausführen.

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