Puppenbraut: Psychothriller (German Edition)
legen. Amy Andrews sah sehr abgemagert aus. Der Aufenthalt in der Klinik und die Sorgen um ihr Kind hatten, wie ein bösartiger Zauberpinsel, Tränensäcke unter ihre Augen gemalt. Zweifelsohne war Zoeys Mutter noch die attraktive Frau, die Doreen vor einem halben Jahr kennengelernt hatte. Doch die grausamen Erlebnisse der jüngsten Geschichte hatten Spuren hinterlassen.
„Ist das... ist das meine Überraschung, Ell?“ Sie wandte sich ihrer Ehefrau zu. „Ich bin tief gerührt!“
„Nein! Nicht nur... Zoey kommt auch gleich!“ Den letzten Satz wisperte die Psychologin leise. Schließlich war dies das erste Treffen zwischen den beiden, nach dem sich Doreen so sehr sehnte. Cassy sprang ihre Raffaella an, als hätte sie nichts von all dem mitbekommen, und küsste sie ausgiebig.
„Kannst du mir ein Eis kaufen? Bitte, bitte, Mommy!“, bettelte sie.
Ihr Gesicht strahlte, als sie auch eine nickende Zustimmung von Doreen erhielt. Immerhin war es noch recht kalt draußen.
„Wisst ihr was? Wir suchen Zoey und ihren Daddy und versuchen, beide zu einem Eis zu überreden. Ich würde die Kleine gern noch kurz auf das Treffen vorbereiten, während ihr euch etwas austauschen könnt. Wie wär’s damit?“ Da beide Frauen keine Widerworte äußerten, entfernte sich Raffaella mit Cassy in Richtung der Cafeteria.
„Wie geht es euch?“ Doreen durchbrach die unangenehme Stille.
„Langsam wird das wieder!“ Amys Stimme klang ausgeglichen, als würde sie jedes einzelne Wort abwägen.
‘Warum konnte ein einziges, krankes Schwein diese wunderbare Menschen so zerstören?’, dachte Ree.
„Vor einem Monat zog sogar Larry wieder bei uns ein! Ich glaube, wir brauchen ihn beide jetzt ganz dringend. Zoey ist sehr glücklich darüber und verbringt viel Zeit mit ihrem Vater. Es wird noch lange dauern, bis die Geister der Vergangenheit verstummen. Selbst, wenn die große Bestie schon längst tot ist.“
Doreen schluckte. „Auch ich hätte ihn am liebsten zu Tode gequält! Eine Zeit lang fand ich es ungerecht, dass das FBI mir die Möglichkeit dazu genommen hatte. Doch dann schrieb ich meine ganze Wut nieder und vergrub diesen Brief. Wir können Vergangenes nicht ungeschehen machen, wir können nur dafür sorgen, den richtigen Weg in die Zukunft zu finden.“
„Zoey hat lange therapeutische Begleitung hinter sich gebracht. Ich denke, dass sie nach deinem Vorbild heute ‘ihren Brief’ tief vergraben möchte. Sie wollte dich sehen, auch wenn die schrecklichen Erinnerungen erneut hochkommen werden. Ich denke, es ist wichtig für sie. Und ebenso für dich, Doreen. Was du und Ell für uns getan habt.... Das werden wir nie zurückgeben können. Du und deine Frau, ihr habt uns unser Leben zurückgegeben! Wie kann ich euch je ‘Danke’ sagen?“ Amys Augen wurden glasig vor Rührung.
„Auch wenn ich den Verlauf dieser Geschichte von Anfang an gekannt und auch wenn es für mich schlimmer geendet hätte, wäre mein Verhalten nicht anders gewesen, Amy. Du hast einen tapferen Engel! Und ein gutes Ende gab es auch, wenn man das so sagen kann. Zoey lebt! Nur unter uns: Dem NYPD gelang es zur gleichen Zeit, die Urheber der organisierten Kinderpornografie im Boerum Park auszuheben. Bei diesem angeblich kinderfreundlichen Kioskbesitzer, Dexter Gardener, und seiner ‘freundlichen’ Nachmittagsbegleitung, Oliver Bradley, wurde die Berufung erneut abgelehnt. Sie werden den Gefängniskameraden noch lange erhalten bleiben, wie es aussieht. Darüber hinaus wird morgen mein Artikel erscheinen. Sie dachten, es würde nicht auffallen, wenn sie verwahrloste Kinder von der Straße in die Hütte im Wald einluden, um zweideutige Filme für ein wenig Essen zu drehen. Dank einer jungen Angestellten von Gardener wurden sie gefasst, noch ehe sie untertauchen konnten.“
Die beabsichtigte Ablenkung brachte keinen großen Erfolg. Es würde noch viel Zeit vergehen, bis sich Amys Gedanken nicht ununterbrochen um die Ungerechtigkeit drehen würden, die ihrer Tochter widerfahren war. Die Wunden, die man ihr mit einer einzigen Untat zugefügt hatte, waren einfach noch zu frisch.
„Ich mache mir solche Vorwürfe!“ Diesmal konnte Amy die Tränen nicht mehr unterdrücken. Sie liefen über die Wangen ihres Gesichts, das noch vor einem halben Jahr vor Panik um ihren Schatz unfähig zu weinen war. Doreen umarmte die Mutter, deren Tochter man ihrer unbeschwerten Kindheit brutal beraubt hatte. Es gab keine
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