Puppengrab
Pulsschlag durch ihren Körper.
Du bist jetzt nicht mehr allein.
Sie hatte ihm irgendwann geglaubt und sich schließlich dafür verflucht. Das Alleinsein hatte ihr gar nicht so weh getan, weil sie es nicht mehr anders gekannt hatte. Doch jetzt war sie aus der Abgeschiedenheit ihrer Welt getreten und hatte mit Neil zusammen sein wollen, wenn ihnen auch nur ein paar Tage – und Nächte – vergönnt gewesen waren. Und jetzt war es zur Qual geworden.
Wieder war sie allein und ging einer Zukunft entgegen, über die sie nicht nachdenken wollte, nicht ohne den Mann, der ihr Anker geworden war.
Es gibt mehr als einen Menschen auf der Welt, der Ihnen helfen möchte.
O Gott.
Beth lenkte den Wagen auf den Seitenstreifen und hielt an. Sie schloss die Augen. Und traf eine Entscheidung.
Oh, Abby, bitte. Hoffentlich begehe ich keinen schrecklichen Fehler.
Ihre Tränen waren versiegt, als Beth endlich eine Tankstelle entdeckte. Grover’s. Ein heruntergekommenes Gebäude in den bewaldeten Hügeln von Pennsylvania kurz hinter dem Ortsausgang von Sampson, an der Kreuzung zweier Bundesautobahnen. Sie brauchte ein Telefon.
Um Special Agent Copeland anzurufen.
Ein einzelner Wagen stand auf dem Grundstück, ein alter, zerbeulter Ford LTD , dicht vor das Gebäude auf dem Gehsteig geparkt. Ein Angestellter, ein Wagen. Beth blickte sich um. Die Toiletten waren von außen zugänglich, es gab einen Eisautomaten und einen Zeitungsstand. Aber kein Telefon.
Beth verließ ihren Wagen, zitternd. Laut Wetterbericht im Radio war die Außentemperatur auf ungefähr vierzehn Grad gefallen und schlug ihr wie ein eiskalter Nordwind entgegen. Sie ging über den kiesbestreuten Parkplatz. Eine Glasscherbe schnitt ihr in die linke Fußsohle, woraufhin sie einen Schritt nach rechts machte, um dem auszuweichen, was vermutlich eine zerbrochene Flasche war, aber sie hatte kein Glück und trat auch mit dem rechten Fuß in Scherben. Es war allerdings nicht ganz so schlimm, da sie dieses Mal vorsichtiger aufgetreten war.
Beth betrat den Gehsteig, der besser beleuchtet war, und streckte die Hand nach dem Türgriff des Verkaufsraums aus. Die andere Hand lag locker auf ihrer Handtasche, deren Riemen auf ihrer Schulter lag. Evans Waffe befand sich darin. Sie betete, dass sie sie nicht jetzt einsetzen müsste. Sie würde sich ein Telefon suchen, Special Agent Copeland alles erzählen und den Rest das FBI erledigen lassen.
Du bist jetzt nicht mehr allein.
Sie öffnete die Tür und spähte vorsichtig in den Verkaufsraum. Die Kassentheke war nur drei Meter entfernt und erleuchtet. Darauf stand eine geöffnete Flasche Aquafina und daneben eine Süßigkeitenverpackung. Der Tankwart war nirgendwo zu sehen.
Dann stachen Beth gleich zwei Dinge auf einmal ins Auge. Ein dunkler, roter Fleck, der hinter dem Tresen an der Wand klebte und in einer ekligen Spur nach unten verlief. Und eine Verpackung, sie stammte von einem Reese’s Erdnussbutter-Cup.
[home]
52
L
auf.
Sie wollte losrennen, doch ihr Körper wurde zurückgerissen. Ein Schrei entrang sich ihrer Kehle, noch bevor sie nach dem Arm griff, der sich um ihren Hals legte.
Nein, nein. Greif nicht nach meinem Arm. Nimm deinen Handballen.
Doch diese Einsicht kam zu spät. Der Typ hinter ihr grunzte und stolperte nach hinten, zog sie dabei mit sich. Beth verlor das Gleichgewicht und riss ihn mit sich zu Boden. Ihre Handtasche fiel ihr von der Schulter. Sie wollte danach greifen. Die Waffe, ihre Waffe …
Die Waffe steckt in deiner Handtasche, wenn du sie brauchst.
Bankes lag höhnisch grinsend auf ihr. Sein Gewicht wog wie ein Felsbrocken, und ihre Hüfte schmerzte heißglühend, nachdem sie beide daraufgefallen waren. Sie konnte kaum Luft holen.
Denk nach.
»Ah, Beth«, sagte er und setzte sich rittlings auf sie. »Wie in alten Zeiten.«
Nein. Es hatte sich etwas geändert. Sie war jetzt stark. Vorbereitet. Sie hatte jahrelang trainiert. Sie kannte sämtliche Techniken der Selbstverteidigung.
Sie rammte ihm ihre Stirn in die Nase.
»Arrgh!«, stöhnte er und rollte zur Seite. Beth schob ihn von sich, kam mühsam auf die Füße und wollte losrennen. Lauf weg.
Bleib. Du darfst nie glauben, dass dein letzter Schlag wirklich der endgültige war, bis du sicher weißt, dass dein Gegner am Boden ist. Sonst besteht die große Gefahr, dass du
…
Fump.
Sie spürte die Kugel, noch bevor der Schmerz kam. Als hätte sie jemand kräftig von hinten angerempelt. Beth fiel zu Boden, und der Kies scheuerte
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