Puppengrab
Schädel ein wenig in seiner Hand kreisen. »Und dann kam das hier.« Er fuhr mit einem Finger den Riss entlang. »Das war Sheridan. Bei dir zu Hause. Er hat Jenny getreten. Er hatte es verdient zu sterben.«
Bankes hielt den Blick unverwandt auf Jennys Schädel gerichtet und achtete nicht auf seine Umgebung. Bewegung. Jetzt mehr als eine. Sie spürte, dass da jemand war. O Gott, da draußen
war
jemand.
Bankes’ Blick fiel auf Beth. Er war dunkel vor Zorn. »Du hast Jenny verletzt und dann auf unschuldig und reizend getan. Du hast diese Drecksblumen gepflanzt. Eine oscarreife Vorstellung, Beth, so gut wie Mutter. Hörst du, wie sie singt?«
Er beugte sich näher zu ihr heran, und sie zuckte zusammen.
»Mutter hasst es am meisten, wenn ich eine Schlampe ficke. Es erinnert sie an Grandpa, und dann hört sie auf zu singen.« Er starrte Beth an, und man sah fast nur noch das Weiß seiner Augäpfel. »Und jetzt«, fuhr er fort und suchte nach etwas in seiner Tasche, »bist du dran.«
Er zog fünf neue Kassetten heraus, die alle mit
Beth
beschriftet waren.
»Sie sind da«, sagte Copeland und winkte Neil heran. »Sie dürfen zuhören, aber ich habe das Sagen, klar?« Neil nickte. In diesem Augenblick hätte er allem zugestimmt. »Das Aufklärungsteam hat sie entdeckt. Es besteht Sichtkontakt.«
Neil bekam einen Ohrenstöpsel und konnte mithören. Er wagte kaum zu atmen.
»Sie befinden sich in einem Baumhaus«, flüsterte eine Stimme, die einem Mann namens Wexler gehörte, den Neil kaum kannte. »Ein Hochstand, vermute ich. Der Verdächtige hat eine Achtunddreißiger. Die Frau liegt am Boden.«
»Am Boden?«, fragte Neil. Sie waren nicht nah genug dran, um mehr zu erkennen. Nur eine Handvoll Agenten war an den Hunden vorbei tiefer in den Wald eingedrungen. Der Rest stand am Rand des Geländes und erwartete Copelands Befehle. Der Angriff sollte mit allen Einheiten auf einmal erfolgen, um den Überraschungsmoment auf ihrer Seite zu haben.
»Sie blutet, und ihre Kleidung ist zerrissen«, berichtete Wexler. »Ich kann nicht sagen, wie schwer sie verletzt ist. Aber es sieht nicht gut aus.«
Neil schloss die Augen, als das Adrenalin in ihm hochwallte. Konzentrieren. Aus reiner Gewohnheit berührte er seine . 45 er und sehnte sich nach dem Scharfschützengewehr, das er die letzten neun Jahre mit sich herumgetragen hatte.
»Oh, scheiße«, sagte Wexler. »Er ist auf ihr.«
»Was?«
»Er fährt mit dem Lauf der Waffe über ihren Hals und die Brüste. Mann, ich glaube, er will sie sich vornehmen.«
»Können Sie schießen?«, fragte Copeland.
»Nicht aus dieser Position, zu viele Bäume. Herrgott. Er berührt sie. Sie versucht, sich ihm zu entwinden – sie ist aber gefesselt …«
Neil riss sich das Mikro aus dem Ohr und stürmte vorwärts. Copeland und Harrison packten ihn und stießen ihn gegen einen Baumstamm.
»Sheridan!«, flüsterte Copeland und packte ihn fester.
»Ich muss da hin«, sagte Neil. »Er wird sich zu Tode erschrecken, wenn er mich lebend sieht. Das wirft ihn aus der Bahn.«
»Es wird ihn
wütend
machen, sonst nichts«, schoss Harrison zurück. »Haben Sie Wexler zugehört, Mann? Bankes bedroht Ihr Mädchen mit einer Waffe, verflucht noch mal.«
»Für ihn bin ich
tot.
Ich kann da hineingehen und ihm eine Scheißangst einjagen. Dafür sorgen, dass er den Verstand verliert.«
»Welchen Verstand?«, knurrte Copeland und hielt Neil am Aufschlag seines Hemds fest. »Der ihn seine Pläne mit Beth über Bord werfen lässt, damit er ihr gleich eine Kugel durch den Kopf jagt? Um Himmels willen, lassen Sie mich das gefälligst mit dem Team erledigen.« Copeland starrte ihn so lange an, bis Neil schließlich nickte, dann trat er einen Schritt zurück. Er berührte das Mikro in seinem Ohr.
»Wexler«, sagte er, »wir kommen jetzt.« Er wechselte die Frequenz und wandte sich an das gesamte Team. »Hier Copeland. Der Verdächtige hält die Frau in einem Hochstand fest und drückt ihr seine Waffe an die Kehle. Sexueller Übergriff im Gange. Bei drei stürmen wir los. Niemand schießt, ich wiederhole,
nicht schießen!
«
Er blickte Neil an und holte tief Luft. »Eins … zwei …«
Die Waffe glitt kühl und hart über ihren Hals. Beth wand sich und bereute es im nächsten Augenblick. Sogar diese kleine Reaktion brachte Bankes zum Lächeln. Nicht reagieren. Nicht weinen. Nur
denken.
Sie hätte schwören können, dass jemand da war, aber was, wenn sie sich irrte? Sie konnte nicht einfach hier
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