Puppengrab
meine Monster auszufechten?« Sie hielt inne. »Ist es wegen deiner Frau?«
»Lieber Himmel, Beth.« Er ließ die Hände fallen. »Wie kommst du denn darauf?«
Vielleicht magst du noch ein wenig darüber nachdenken. Lass mich dann wissen, wie du dich entschieden hast.
»Ich habe nachgedacht, das ist alles. Wie du es wolltest.«
»Über meine Frau?«
»Über uns. Und die Tatsache, dass wir beide eine Vergangenheit haben. Du kennst meine …«
»Alles davon?«
Autsch. Sie reckte das Kinn vor. »Sehr viel mehr, als ich von deiner weiß.«
Beth wartete ab, während er offensichtlich darüber nachdachte, wie viel er ihr von seiner Vergangenheit offenbaren wollte. Eine Sekunde lang war es fast komisch, der Inbegriff eines männlichen Dilemmas: Wie viel musste man quatschen, um eine Frau ins Bett zu kriegen? Doch als der Augenblick verflogen war und ihr klar wurde, dass Neil nicht beabsichtigte, sich ihr zu öffnen, trotz der Ehrlichkeit, die er wiederum ihr abverlangte, war sie überrascht, wie tief sie das traf. »Also dann«, sagte sie und ging in Richtung ihres Schlafzimmers.
»Ich hatte eine Tochter«, sagte Neil.
Beth blieb stehen. »O mein Gott.« Sie drehte sich um und starrte ihn an, doch das schien er gar nicht zu bemerken. Sein Blick hing an einem Stück Plastik fest, eine Haarspange mit einer lavendelfarbenen Schleife, die schon bessere Zeiten gesehen hatte.
»Ihr Name war Mackenzie. Sie war fast drei Jahre alt.«
»O nein«, flüsterte sie. »Was ist geschehen?«
Er kam zum Sofa herüber, setzte sich und spielte mit der Haarspange zwischen seinen Fingern. »Ich habe damals fürs FBI an einem Kidnapping-Fall gearbeitet. Es ging um eine Collegestudentin namens Gloria Michaels. Sie war Bankes’ erste Leiche.«
Beth regte sich nicht.
»Ich war wegen des Gloria-Falls schon einen Monat unterwegs gewesen. In der Zeit tauchte ein alter Freund von Heather auf – Brad. Er hatte sich gerade von seiner Frau getrennt.« Neil seufzte. »Ich weiß bei Gott, dass da keine Bettgeschichte zwischen den beiden lief, das weiß ich ganz sicher. Aber Heather war Krankenschwester, und Brad war drogenabhängig. Crack, Crystal Meth, Heroin. Heather hat mir nichts davon gesagt.«
»Sie wusste, dass du dir sonst Sorgen machen würdest.«
»Sie wusste, dass ich den Mistkerl sofort verhaftet hätte.« Er holte tief Luft. »Ich hatte einen Typen namens Anthony Russell für den Mord an Gloria drangekriegt – der falsche Mann, aber das habe ich damals nicht gewusst. Ich war gerade auf dem Weg nach Hause, als er entkam. Heather sagte, sie bräuchte mich, doch sie sagte mir nicht, weshalb. Ich habe ihr gesagt, dass sie allein klarkommen müsse, bis ich mit Russell fertig war.«
»Und hast du ihn gefunden?«
»Fast drei Wochen später, ja. Aber zu diesem Zeitpunkt war Brad bereits völlig hinüber. Entzugsdelirium, Blackout, Halluzinationen. An einem Abend hat Heather ein paar Medikamente aus der Klinik mitgehen lassen, um sie ihm zuzustecken. Sie wollte ihm helfen. Kenzie saß in ihrem Autokindersitz und schlief.« Ein Muskel zuckte an seinem Kiefer. »Brad war gerade am Dealen, als Heather herangefahren kam. Der Dealer ist ausgetickt und fing an zu schießen.«
Beth konnte kaum atmen. Tränen strömten Neil aus den Augen.
»Kenzie ist nicht mehr aufgewacht. Ein Querschläger ist durch ihre Brust gejagt.« Eine ganze Weile saß er stumm da und bewegte bloß die Finger seiner rechten Hand. Ballte sie zur Faust und öffnete sie wieder und wieder. Beth hatte ihn schon öfter dabei beobachtet, wenn ihn etwas plagte. Sie kniete sich vor ihn und nahm seine Hand in ihre. Die Berührung schien ihn zurückzuholen. Er blickte auf seine Hand. »Mit der habe ich durch eine Wand geboxt, als ich davon erfuhr«, erklärte er. »Jetzt wird sie von ein paar Metallplatten und -schrauben zusammengehalten.«
»Hast du ihn je aufspüren können? Den Drogendealer, meine ich.«
»Ja.« Das Wort war wie ein Eisdolch. Er deutete auf die Narbe in seinem Gesicht. »Dabei ist das hier herausgekommen.«
»Ist er … tot?«
»Nein, ich war nicht allein. Diese verdammte Geneviève Standlin hat dafür gesorgt, dass mich eine Armada von FBI -Agenten begleitete.« Es war klar, was das hieß:
Wäre
er allein gewesen, wäre es anders für den Dealer ausgegangen. »Er muss noch drei Jahre absitzen, dann wird er entlassen.«
»Oh, Neil. Was ist mit Heather und …«
»Brad? Er beging Selbstmord. Und Heather … Sie hat mir nie verziehen, dass ich
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