Puppengrab
die Öffentlichkeit zugänglich und es kann hingehen, wer mag?«
»Sie sind für die Öffentlichkeit zugänglich, aber es gibt Mailinglisten, Aufzeichnungen über Geschäftsabschlüsse und solche Sachen. Neil, worum geht es dir eigentlich?«
»Etwas Geduld, Süße. Leg dich noch nicht schlafen, ich werde dir alles berichten, wenn ich nachher bei dir bin. Es ist alles in Ordnung.« Er legte auf und blickte Copeland an. »Sie ist nicht in San Francisco gewesen, aber sie wollte ursprünglich hinfahren und war in letzter Minute verhindert. Am Memorial Day und am Labor Day, als sich Bankes für ein verlängertes Wochenende freigenommen hat, hat sie Ausstellungen in Chicago und Dallas besucht.«
»Okay«, sagte Copeland, der bereits zu Brohaugh hinübersah. »Prüfen Sie die Verkehrsverbindungen von Seattle in diese Städte am Wochenende. Wir wissen, dass er auf keiner Passagierliste von Fluggesellschaften auftaucht, aber prüfen Sie alles andere – Züge, Busse, Leute, die getrampt sind, und checken Sie auch, ob es an besagten Tagen Autoentführungen gegeben hat. Besorgen Sie mir alle Besucherlisten der Ausstellungen und halten Sie nach Margaret Chadburnes Namen Ausschau.«
Rick stand auf. »Wenn er Beth seit so langer Zeit schon beobachtet, was hat er dann über sie gelernt?«
»Alles«, antwortete Standlin. »Wofür sie sich interessiert, wer ihre Freunde sind, wo sie am verletzlichsten ist.«
»Abby.« Neils Herz erstarrte zu Eis.
»Nein«, erwiderte Standlin. »Er kann nicht wissen, wo sie ist. Und selbst wenn er es wüsste, dann würde er momentan noch nicht versuchen, sie zu kriegen. Das würde dem Ganzen ein zu schnelles Ende bereiten. Er würde sich die Tochter bis zum Schluss aufheben.«
Die Eisschicht um sein Herz wuchs. Neil kam sich vor wie ein Athlet, der mitten während eines Wettkampfs aufs Spielfeld lief, ohne zu wissen, worum es ging, wie die Regeln lauteten oder wer gegen wen antrat.
Doch ihn durchfuhr ein Gedanke. »Würde Bankes Anerkennung für seine Taten haben wollen?«
»Vielen Serientätern gefällt die Vorstellung, viel klüger als die Polizei zu sein«, sagte Standlin. »Sie wollen sich im Fernsehen bewundern.«
»Wie wäre es, wenn wir O’Ryan eine Pressemitteilung herausgeben ließen, in der wir sagen, dass wir einen Anruf von dem Stalker aufgezeichnet haben?«
»Und zwar vom ›Jäger‹«, ergänzte Standlin und schnippte mit den Fingern. »Wir müssen ›Jäger‹ hineinschreiben, denn es wird ihn wütend machen, dass wir den Falschen benennen und schon wieder danebenliegen. Dann wird er uns erst recht zeigen wollen, was er drauf hat.«
»Eben«, sagte Neil ungeduldig. »Soll Bankes doch über die Fernsehnachrichten erfahren, dass jemand die Verantwortung für einen seiner Morde übernommen hat.«
»Er ist zu schlau, um auf eine Nachrichtenmeldung im Fernsehen hereinzufallen«, widersprach Harrison, der auf der Kante seines Stuhls saß. »Wir sollten es aussehen lassen, als hätten wir irgendwo eine undichte Stelle – als hätte diese Information nie an die Öffentlichkeit gelangen dürfen.«
»Dann muss es an O’Ryan vorbei passieren«, schlug Rick vor. »Jemand sollte einem Nachrichtenjournalisten die Information zuschanzen, und anschließend muss es für alle so aussehen, als versuchte das FBI fieberhaft, die undichte Stelle zu stopfen.«
Copeland schloss die Augen. Zweifelsohne überdachte er das Ausmaß an schlechter PR , das ihnen dieser Plan bescheren würde.
»Ich könnte das übernehmen«, schlug Neil vor. »Dann kommt es nicht aus Ihren eigenen Reihen.«
Copeland rieb sich über das Kinn. Er sah nicht gerade glücklich aus. »Okay, Sie und Standlin denken sich etwas aus. Aber dann gehen Sie wieder zu Denison und fragen Sie, ob sie sich daran erinnert, Bankes – oder Chadburne – auf weiteren Ausstellungen begegnet zu sein. Können wir ihren privaten Anschluss, ihre Nummer bei der Arbeit und ihr Handy auf einen unserer Apparate schalten und ihn ihr geben, so dass sie bei allen Anrufen selbst drangehen kann?«
»Dafür brauche ich ungefähr eine Stunde, je nachdem, wen ich bei der Telefongesellschaft erwische«, sagte Brohaugh.
»Warten Sie«, protestierte Neil. »Ich dachte, dass Agent Carter die Anrufe entgegennimmt. Ich will nicht, dass Beth noch einmal mit dem Scheißkerl sprechen muss.«
Copeland warf ihm einen Blick zu, der selbst erwachsene Männer zusammenschrumpfen ließ. »Pech. Und da wir gerade dabei sind: Bringen Sie ihr bei, wie man
Weitere Kostenlose Bücher