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Puppenmord

Titel: Puppenmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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alljährliches Rückzugsgefecht zugunsten von Wilt lieferte.
    »Setzt sich ein?« schnaubte der Leiter der Nahrungsmittelkunde. »Setzt sich ein wofür? Für die Abtreibung, den Marxismus oder die wilde Ehe ? Eins von den dreien ist es aufjeden Fall. Ich bin noch keinem Lehrer der Allgemeinbildung über den Weg gelaufen, der kein Spinner, Perverser oder rotglühender Revoluzzer gewesen wäre, und ein Gutteil war alles auf einmal.«
    »Hört, hört«, sagte der Leiter des Maschinenbaus, auf dessen Drehbänken mal ein durchgeknallter Student mehrere Rohrbomben gedreht hatte.
    Mr. Morris setzte sich zur Wehr. »Ich gebe zu, daß ein oder zwei Lehrer politisch ein bißchen ... äh ... übereifrig gewesen sind, aber mich ärgert die Beschuldigung, daß ...«
    »Lassen wir doch das Allgemeine und kommen wir wieder auf Wilt zurück«, sagte der Stellvertretende Direktor. »Sie sagten eben, er setze sich ein.«
    »Er braucht eine Ermunterung«, sagte Mr. Morris. »Meine Güte, der Mann ist jetzt zehn Jahre bei uns und immer noch bloß Hilfslehrer.«
    »Genau das meine ich ja mit seinem fehlenden Schwung«, sagte der Leiter der Englischabteilung. »Wenn er die Beförderung verdient hätte, wäre er mittlerweile längst Hauptlehrer.«
    »Ich muß sagen, ich bin derselben Ansicht«, sagte der Leiter der Geografie. »Jeder, der bereit ist, sich zehn Jahre mit Gasinstallateuren und Klempnern herumzuschlagen, ist offenbar ungeeignet, einen Verwaltungsposten zu bekleiden.«
    »Müssen wir denn immer einzig und allein aus Verwaltungsgründen befördern?« fragte Mr. Morris müde. »Wilt ist zufällig ein guter Lehrer.«
    »Wenn ich nur eben eine Feststellung machen darf«, sagte Dr. Mayfield, der Leiter der Soziologie, »in diesem Augenblick wird es langsam zu bedenken unumgänglich, daß angesichts der bevorstehenden Einführung des neuen Unterrichtszweiges »Städtebau und Dichtung des Mittelalters«, dessen vorläufige Genehmigung durch den Rat Nationaler Wissen-14 schaftlicher Entscheidungen wenigstens prinzipiell in Aussicht stellen zu dürfen ich mich glücklich schätze, man besser eine stabile Lehrkörpersituation hinsichtlich der Hauptlehrerstellen aufrechterhalten sollte, indem man die Stellen Kandidaten mit Spezialkenntnissen in besonderen Bereichen akademischer Forschung zuweist, als daß man ...«
    »Wenn ich eben mal für einen Moment unterbrechen darf, ob nun zur rechten Zeit oder nicht«, sagte Dr. Board, der Leiter der Modernen Fremdsprachen, »so wollen Sie damit sagen, wir sollten die Haupdehrerstellen lieber hochqualifizierten Spezialisten vorbehalten, die nicht unterrichten können, als Hilfslehrer ohne Doktortitel zu befördern, die es können?«
    »Wenn Dr. Board mir fortzufahren gestattet hätte«, sagte Dr. Mayfield, »hätte er dem entnehmen können, daß ich zu sagen im Begriff ... «
    »Das bezweifle ich«, sagte Dr. Board, »von ihrem Satzbau mal ganz abgesehen .. .«
    Und so wurde nun schon das fünfte Jahr hintereinander Wilts Beförderung vergessen. Die Berufsschule für Geisteswissenschaften und Gewerbekunde von Fenland wuchs. Immer neue Leistungskurse sprossen aus der Erde, und immer mehr Schüler mit immer weniger Voraussetzungen strömten heran, um von immer mehr Lehrern mit immer größeren Fähigkeiten unterrichtet zu werden, bis eines Tages die Berufsschule nicht mehr bloß einfach eine Berufsschule sein, sondern sich zu einer Berufsfachschule mausern würde. Das war der Traum jedes Abteilungsleiters, und dabei blieben Wilts Selbstachtung und Eva Wilts Hoffnungen auf der Strecke.
    Wilt erfuhr die Neuigkeit vor dem Mittagessen in der Kantine.
    »Tut mir leid, Henry«, sagte Mr. Morris, als sie sich mit ihren Tabletts in die Schlange stellten, »das ist diese verdammte miserable Wirtschafslage. Sogar die Modernen Fremdsprachen mußten eine Kürzung schlucken. Sie haben bloß zwei Beförderungen durchgebracht.«
    Wilt nickte. So hatte er es kommen sehen. Er war in der verkehrten Abteilung, in der verkehrten Ehe und im verkehrten Leben. Er trug seine Fischstäbchen zu einem Tisch in der Ecke hinüber und aß allein. Um ihn herum erörterten andere Kollegen aus dem Lehrkörper ihre Aufstiegsaussichten und wer im nächsten Jahr im Schulausschuß säße. Sie gaben Mathe, Wirtschaftskunde oder Englisch, Fächer, die etwas galten und wo Beförderung was Leichtes war. Allgemeinbildung galt nichts, und Beförderung kam nicht in Frage. So einfach war das. Wilt aß zu Ende und ging zu den Nachschlagewerken

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