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Puppenmord

Titel: Puppenmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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Erst die Ankunft des dunkelblauen Lieferwagens entschied die Angelegenheit.
    »Das ist eine motorisierte Mordzentrale«, erklärte Peter Fenwick. »Offenbar hat irgendein Irrer eine Frau in einem der Bohrlöcher verbuddelt.«
    Die Neue Linke, die sich in einer Ecke versammelt hatte und darüber diskutierte, warum wohl so eine Menge paramilitärische Faschistenschweine mit der Sache zu tun habe, stieß einen Seufzer erleichterten Bedauerns aus, äußerte aber weiterhin Zweifel.
    »Nein, im Ernst«, sagte Fenwick, »ich habe einen von ihnen gefragt, was sie da täten. Ich dachte, es wäre irgendwo 'ne Bombenalarmübung.«
    Dr. Cox, der Leiter der Naturwissenschaften, bestätigte das. Sein Dienstzimmer ging direkt auf das Loch. »Es ist zu schrecklich, um darüber nachzudenken«, murmelte er, »immer, wenn ich aufsehe, denke ich, wie sie wohl hat leiden müssen.«
    »Was meinen Sie, was sie in diese Umschläge stecken?« fragte Dr. Mayfield.
    »Beweisstücke«, sagte Dr. Board mit sichtlicher Genugtuung. »Haare, Hautfetzen und Blutflecke. Der übliche triviale Bodensatz des Gewaltverbrechens.«
    Dr. Cox eilte aus dem Zimmer, und Dr. Mayfield sah angewidert drein. »Wie ekelhaft«, sagte er, »ist es nicht möglich, daß da ein Irrtum vorliegt? Ich meine, warum sollte jemand hier eine Frau ermorden wollen?«
    Dr. Board nippte an seinem Kaffee und sah ihn nachdenklich an. »Ich kann mir jede Menge Gründe vorstellen«, sagte er heiter. »In meinem Abendkurs sind mindestens ein Dutzend Frauen, die ich freudigen Herzens totschlagen und in Löcher schmeißen würde. Sylvia Swansbeck zum Beispiel.«
    »Wer es auch war, er muß gewußt haben, daß sie heute den Beton reinschütten«, sagte Fenwick. »Mir sieht's so aus, als hätt's mit der Schule zu tun.«
    »Einer unserer Schüler mit wenig Gemeinschaftssinn vielleicht«, schlug Dr. Board vor, »ich nehme an, man hatte noch keine Zeit nachzuprüfen, ob von den Kollegen jemand vermißt wird.«
    »Wahrscheinlich stellt sich heraus, daß es nichts mit der Schule zu tun hat«, sagte Dr. Mayfield. »Irgendein Irrer...«
    »Immer langsam, Sie müssen die Tatsachen sehen«, unterbrach Dr. Board, »es war doch offenbar ein bißchen Berechnung mit dabei. Wer auch immer der Mörder war ... ist, er hat das ziemlich sorgfältig geplant. Was mich stutzig macht, ist, warum er auf die arme Frau nicht Erde geschaufelt hat, so daß sie nicht mehr zu sehen war. Möglicherweise hatte er es vor, wurde aber gestört, ehe er es ausführen konnte. Einer jener kleinen verhängnisvollen Zufälle.«
    In der Ecke des Lehrerzimmers saß Wilt und trank seinen Kaffee im Bewußtsein, daß er als Einziger nicht aus dem Fenster sah. Verdammt nochmal, was sollte er tun ? Das Vernünftigste wäre, zur Polizei zu gehen und zu erklären, er habe versucht, eine aufblasbare Puppe loszuwerden, die er von jemandem bekommen habe. Aber würde man ihm glauben? Wenn's nichts weiter war als das, warum hatte er sie mit Perücke und Kleidern ausstaffiert? Und warum hatte er sie aufgeblasen gelassen? Warum hatte er das Ding nicht einfach weggeworfen? Er wiederholte sich gerade die Pros und Kontras dieser Fragen, als der Leiter der Maschinenbauabteilung reinkam und verkündete, die Polizei wolle ein neues Loch neben dem alten bohren, statt sich durch den Beton zu graben.
    »Möglicherweise können sie da ein paar Stückchen von ihr sehen, die zur Seite rausragen«, erklärte er. »Offenbar hatte sie einen Arm in die Luft gestreckt, und mit dem vielen Beton, der auf sie draufgefallen ist, besteht die Möglichkeit, daß dieser Arm an die Seite gepreßt worden ist. So geht's viel schneller voran.«
    »Ich sehe keinen Grund zur Eile«, sagte Dr. Board, »ich könnte mir vorstellen, daß sie recht gut erhalten ist in dem ganzen Beton. Mumifiziert, würde ich sagen.«
    Wilt in seiner Ecke bezweifelte das ziemlich. Mit zwanzig Tonnen Beton auf dem Ast hatte wohl selbst Judy, die eine außerordentlich biegsame Puppe gewesen war, dem Druck kaum widerstehen können. Sie war geplatzt, so sicher wie das Amen in der Kirche, und somit fände die Polizei nichts weiter als den leeren Plastikarm einer aufblasbaren Puppe. Sie würden sich kaum die Mühe machen, eine geplatzte Plastikpuppe auszugraben.
    »Und noch eins«, fuhr der Maschinenbauleiter fort, »falls der Arm herausragt, kann man Fingerabdrücke abnehmen.«
    Wilt lächelte in sich hinein. Das war nun was, was sie bei Judy bestimmt nicht fänden, Fingerabdrücke! Fröhlicher

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