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Puppenmord

Titel: Puppenmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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wirklich, Herr im Himmel?«
    »Auf einer Sandbank«, sagte Gaskell.
    In der Kajüte hantierte Eva herum. Es war nicht viel Platz zum Herumhantieren da, aber sie machte das beste daraus. Sie räumte die Kojen auf, legte das Bettzeug in die Kästen darunter, schüttelte die Kissen auf und leerte die Aschenbecher. Sie fegte den Boden, polierte den Tisch, putzte die Fenster, wischte die Regale staub und machte überhaupt alles so nett und ordentlich wie nur möglich. Und ihre Gedanken wurden in der Zeit immer ungeordneter und konfuser, so daß, als sie fertig war und jeder Gegenstand in Reichweite an Ort und Stelle stand und die ganze Kajüte gründlich aufgeräumt war, sie gründlich durcheinander und sich über fast alles im unklaren war.
    Pringsheims waren wirklich so kultiviert und reich und klug und sagten die ganze Zeit gescheite Sachen, aber sie zankten sich dauernd und gerieten sich auch wegen jeder Kleinigkeit in die Haare, und um ehrlich zu sein, sie waren ziemlich unpraktisch und kannten nicht mal die primitivsten Grundsätze der Hygiene. Gaskell ging aufs Klo und wusch sich hinterher nicht die Hände, und der Himmel wußte, wann er sich das letzte Mal rasiert hatte. Und wie sie das Haus im Rossiter Grove verlassen hatten, ohne nach der Party sauberzumachen, und das ganze Wohnzimmer voller Tassen und Zeugs. Eva war ganz schön entsetzt gewesen. In so einem Durcheinander hätte sie ihr Haus nie zurückgelassen. Genau das hatte sie Sally gesagt, aber Sally hatte gemeint, wie unspontan sie doch sei, und sie hätten das Haus ja sowieso nur für diesen Sommer gemietet, und es sei typisch für ein mannorientiertes Gesellschaftssystem zu erwarten, eine Frau ginge ein Vertragsverhältnis als Haussklavin ein. Eva versuchte, ihren Gedanken zu folgen und fühlte sich schuldig, weil sie's nicht konnte und weil es offenbar unter aller Würde war, häuslich und fleißig zu sein, und sie war's.
    Und dann war da noch, was Henry mit dieser Puppe gemacht hatte. Es sah Henry so gar nicht ähnlich, sowas zu machen, und je länger sie darüber nachdachte, desto weniger ähnlich sah es ihm. Er mußte betrunken gewesen sein, aber auch dann ... und ganz nackt? Und wo hatte er die Puppe her? Sie hatte Sally gefragt und mit Entsetzen erfahren, Gaskell fahre total auf Plastik ab und schwärme einfach dafür, mit Judy kleine Spielchen zu machen, und Männer seien nun mal so, und deshalb seien die einzigen Beziehungen von Bedeutung die zwischen Frauen, denn Frauen hätten es nicht nötig, ihre Männlichkeit durch irgendeinen offenen Akt haltlos sexueller Gewalttätigkeit zu beweisen, nicht wahr? Aber da hatte sich Eva schon wieder in einem Labyrinth aus Worten verheddert, die sie nicht begriff, die aber wichtig klangen, und sie hatten eine weitere Tast-Therapie-Sitzung abgehalten.
    Und das war nun auch wieder so was, worüber sie sich nicht im Klaren war. Tast-Therapie. Sally hatte gesagt, sie sei noch immer gehemmt, und gehemmt zu sein sei ein Zeichen von gefühls- und empfindungsmäßiger Unreife. Eva schlug sich mit ihren gemischten Gefühlen in dieser Sache herum. Einerseits wollte sie nicht gefühls- und empfindungsmäßig unreif sein, und wenn ihre Abneigung dagegen, nackt in den Armen einer Frau zu liegen, sich geben könne, und nach Evas Meinung schlug eine Medizin desto besser an, je widerlicher sie schmeckte, dann war sie ganz sicher dabei, ihr psycho-se-xuelles Verhaltensmuster in Riesensprüngen zu verbessern.
    Andererseits war sie überhaupt nicht überzeugt davon, daß die Tast-Therapie wirklich angenehm sei. Nur mit einer bemerkenswerten Willensanstrengung konnte sie ihre Abneigung dagegen überwinden, und selbst dann blieben noch unterschwellig Zweifel, ob's richtig sei, sich so sinnlich berühren zu lassen. Das war alles sehr verwirrend, und um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, nahm sie nun auch noch die Pille. Eva hatte sehr heftig protestiert und betont, Henry und sie hätten immer schon ein Baby haben wollen und nie eins bekommen, aber Sally hatte unbedingt darauf bestanden.
    »Eva-Baby«, hatte sie gesagt, »bei Gaskell weiß man nie. Manchmal kriegt er monatelang kein krummes Fädchen gerade und dann, peng, ist er plötzlich der Platzhirsch persönlich. Dann ist er überhaupt nicht wählerisch.«
    »Aber ich meine, du hättest gesagt, es liefe so toll zwischen euch«, sagte Eva.
    »Na ja, sicher. Alle Jubeljahre mal. Wissenschaftler subli-mieren halt und G lebt nur für seinen Kunststoff. Und wir möchten doch nicht,

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