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Puppenmord

Titel: Puppenmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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einem Buch. »Und das ist auch Ihres?«
    Wilt warf einen Blick auf »Bleakhaus«. »Das steht doch drin, nicht wahr?«
    Inspektor Flint schlug den Buchdeckel auf. »Tatsächlich«, sagte er und tat erstaunt, »tatsächlich.«
    Wilt starrte ihn an. Es hatte keinen Sinn, noch weiter den Schein zu wahren. Das beste war, er brächte es schnell hinter sich. Sie hatten das verdammte Buch im Gepäckkorb des Fahrrads gefunden, und die Notizen mußten ihm auf der Baustelle aus der Tasche gefallen sein.
    »Sehen Sie, Inspektor«, sagte er, »ich kann alles erklären. Es ist wirklich ganz einfach. Ich bin auf die Baustelle gegangen . . .«
    Der Inspektor erhob sich. »Mr. Wilt, wenn Sie bereit sind, eine Erklärung abzugeben, sollte ich Sie vielleicht aufmerksam machen . ..«
    Wilt ging zu der Mordzentrale runter und gab in Anwesenheit eines Polizeistenographen eine Erklärung ab. Daß er in den blauen Lieferwagen hineinstieg, aber nicht wieder rauskam, wurde mit Interesse von den Lehrern, die im Gebäude der Naturwissenschaftler unterrichteten, von den Schülern in der Kantine und von fünfundzwanzig weiteren Kollegen vermerkt, die aus dem Fenster des Lehrerzimmers gafften.

- 9 -
    »Dies verfluchte Scheißding!« sagte Gaskell, als er ölver-schmiert neben dem Motor der Jacht kniete, »man möchte doch meinen, selbst in diesem steinzeitlichen Königreich sollten sie einen anständigen Motor bauen können. Das Mistding hier muß für die Arche Noah gemacht worden sein.«
    »Am Arsche Noahs«, sagte Sally, »und hör bloß auf, die gekrönten Häupter zu verarschen, Eva ist eine Reginaphile.«
    »Eine was?«
    »Eine Reginaphile. Monarchistin. Kapier schon. Sie ist der Königin fleißiges Arbeitsbienchen, also sei nicht so antibritisch. Wir wollen doch nicht, daß sie genauso wie der Motor aufhört zu arbeiten; vielleicht ist es nicht die Kupplung.«
    »Wenn ich doch bloß das Vorderteil abbekäme, da könnte ich dir's sagen«, sagte Gaskell.
    »Und was sollte das nutzen? Kannst du dir hier 'ne neue kaufen?« sagte Sally und ging in die Kajüte, wo Eva sich fragte, was sie zum Abendbrot kochen sollte.
    »Ölgötzkeil bastelt immer noch am Motor rum. Er sagt, es ist die Kupplung.«
    »Kupplung?« sagte Eva und wurde rot.
    »Oh Gott Baby, Kupplung, nicht Verkupplung. Sie verbindet was miteinander.«
    »Was denn?«
    »So wie der Schenkelknochen ans Kniegelenk gekuppelt ist, so ist die Kupplung irgendwie mit dem Kolben verbunden, und wie jeder weiß, sind Kolben Penissymbole. Der mechanisierte Sexersatz der Männer. Die Außenbordmotormacke.
    Nur ist der hier zufällig ein Innenborder, genau wie seine Eier, die nie runtergerutscht sind. Wirklich, Gaskell ist dermaßen rückschrittlich.«
    »Ich kapier überhaupt nichts«, sagte Eva.
    Sally legte sich in die Koje und zündete sich eine Zigarre an. »Das ist es ja, was ich an dir liebe, Eva. Du bist so unwissend. Unwissenheit ist wundervoll. Meine habe ich verloren, als ich vierzehn war.«
    Eva schüttelte den Kopf. »Diese Männer«, sagte sie verächtlich.
    »Er war alt genug, um mein Großvater zu sein«, sagte Sally. »Er war mein Großvater.«
    »Oh nein, wie entsetzlich.«
    »Nein, nicht richtig«, sagte Sally lachend, »er war Künstler. Mit Bart. Und sein Kittel roch nach Farbe, und er hatte so ein Atelier und wollte mich unbedingt nackt malen. Ich war ja so unschuldig damals. Er sagte zu mir, ich sollte mich auf die Couch legen, und rückte meine Beine zurecht. Immer rückte er meine Beine zurecht, dann trat er zurück, guckte mich an und malte. Und eines schönen Tages, als ich da so lag, kam er und bog meine Beine zur Seite und küßte mich, und dann warerauf mir drauf und sein Kittel rutschte hoch und . . .«
    Eva saß da und hörte völlig hingerissen zu. Sie konnte sich alles ganz genau vorstellen, sogar den Farbgeruch im Atelier und die Pinsel. Sally hatte so ein aufregendes Leben geführt, so ereignisreich und so romantisch, wenn auch irgendwie schauerlich. Eva versuchte sich zu erinnern, wie sie mit vierzehn gewesen war, als sie noch nicht mal mit Jungs ausging, und Sally lag da schon mit einem berühmten Künstler in dessen Atelier auf der Couch.
    "»Aber er hat dich vergewaltigt«, sagte sie schließlich. »Warum hast du's nicht der Polizei gemeldet?«
    »Der Polizei? Ach, du Dummerchen. Ich war auf so 'ner entsetzlich vornehmen Schule. Die hätten mich sofort nach Hause geschickt. Klar, sie waren progressiv und so, aber ich hätte nicht ausgehen dürfen, und mich

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