Puppenspiel - Inspektor Rebus 12
ebenfalls.« Rebus sah zum Himmel hinauf. »Dürfte ohnehin bald anfangen zu regnen.«
Gurt nickte. »Dann bis bald.«
»Ja, beim nächsten Mordopfer sehen wir uns bestimmt«, entgegnete Rebus. Dann drehte er sich um und ging davon. Dabei sah er im Geist den Seziersaal vor sich, die Holzblöcke, auf die der Kopf der Verstorbenen gelegt wurde. Die kleinen Rinnen, durch die die Körpersäfte abflössen. Die Instrumente und die Glasbehälter für die Gewebeproben... Dann fielen ihm die Glasgefäße wieder ein, die er im Schwarzen Museum gesehen hatte, und diese merkwürdige Mischung aus Horror und Faszination. EinesTages, vielleicht schon sehr bald, würde er selbst auf diesem Tisch liegen, und vielleicht hatten ja an dem Tag zufällig Gurt und Gates Dienst. Und dann würden sie an ihm ihre Dienstpflicht erfüllen, wie es hinter ihm in der Kirche soeben die Geistlichen taten. Im Übrigen konnte er nur hoffen, dass der Gottesdienst wenigstens teilweise auf Latein gehalten wurde: Denn Leary hatte die lateinische Messe geliebt, trug Rebus ganze Passagen auswendig daraus vor, auch wenn dieser davon kein Wort verstand.
»Mensch, zu deiner Zeit hat man in der Schule doch noch Latein gelernt«, hatte Leary einmal gesagt.
»Vielleicht in den besseren Schulen«, hatte Rebus erwidert. »Da, wo ich war, hat man gelernt, wie man richtig mit Holz und Metall umgeht.«
»Dann habt ihr euch im Religionsunterricht also hauptsächlich mit den Grundfragen der Schwerindustrie befasst, was?«, hatte Leary gesagt und sich mit dröhnendem Gelächter köstlich über sein eigenes Bonmot amüsiert. Diese Dinge würde Rebus niemals vergessen. Learys tadelndes Zungen-schnalzen, wenn Rebus nach Auffassung des Geistlichen wieder einmal etwas vollständig Idiotisches gesagt hatte; das übertriebene Stöhnen, das der Mann von sich gegeben hatte, wenn er aus seinem Stuhl hatte aufstehen müssen, um noch ein paar Flaschen Guinness aus dem Kühlschrank zu holen.
»Ach, Conor«, sagte Rebus und senkte den Kopf, damit die Passanten seine Tränen nicht sehen konnten. Siobhan sprach am Telefon mit dem Farmer.
»Schön, mal wieder was von Ihnen zu hören, Siobhan.«
»Eigentlich wollte ich Sie um einen Gefallen bitten, Sir. Tut mir Leid, falls ich Ihre wohlverdiente Ruhe störe.«
»Zu viel Ruhe tut auch nicht gut, wissen Sie«, sagte der Farmer lachend, um sie glauben zu machen, dass er bloß scherzte. Doch ihr entging nicht, dass noch etwas anderes in den Worten mitschwang.
»Tja, man muss halt immer aktiv bleiben.« Sie war über ihre eigenen Worte konsterniert. Klang wie aus dem Kummerkasten einer mittelmäßigen Zeitschrift.
»Ja, so sagt man wohl.« Wieder lachte er; diesmal noch gezwungener. »Und welche neue Freizeitaktivität würden Sie mir vorschlagen?«
»Na, ich weiß nicht recht.« Siobhan rutschte unruhig auf
ihrem Stuhl hin und her. Eigentlich hatte sie sich das Gespräch etwas anders vorgestellt. Grant Hood saß auf der anderen Seite des Schreibtischs. Er hatte sich Rebus' Stuhl ausgeliehen, der auffallend an das ehemalige Sitzmöbel des Farmers erinnerte. »Vielleicht Golf?«
Grant legte skeptisch die Stirn in Falten und überlegte, worüber zum Teufel die beiden da sprachen.
»Mein Motto war schon immer: dann lieber gleich einen richtigen Spaziergang«, sagte der Farmer.
»Ja. Spazieren gehen tut Ihnen bestimmt gut.«
»Gut, dass Sie mich daran erinnern.« Jetzt klang der Farmer wirklich gereizt. Siobhan war allerdings nicht ganz klar, wie oder warum sie ihn gekränkt hatte.
»Also, weshalb ich eigentlich anrufe...«, sagte sie.
»Am besten schießen Sie gleich los, bevor ich meine Joggingschuhe anziehe.«
»Es handelt sich um eine Art Rätsel.«
»Meinen Sie ein Kreuzworträtsel?«
»Nein, Sir. Es geht um unsere Ermittlungen. Philippa Balfour hat wahrscheinlich an einem Rätselspiel teilgenommen. Deshalb bemühen wir uns nachzuvollziehen, was genau es damit auf sich hat.«
»Und was kann ich für Sie tun?« Er hatte sich inzwischen wieder einigermaßen beruhigt und klang sogar interessiert.
»Also, das Rätsel lautet: A corny beginning, where the mason´s dream ended. Wir haben uns überlegt, ob mit Mason ein Freimaurer gemeint sein könnte.«
»Und dann hat Ihnen jemand erzählt, dass ich Freimaurer bin?«
»Ja.«
Der Farmer schwieg einen Moment. »Augenblick, bitte, ich muss mal kurz was zum Schreiben holen«, sagte er schließlich. Dann ließ er sie das Rätsel wiederholen und notierte sich den Wortlaut.
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