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Puppenspiel - Inspektor Rebus 12

Puppenspiel - Inspektor Rebus 12

Titel: Puppenspiel - Inspektor Rebus 12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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zugegen gewesen war? Ob er, oder sie (ihr fiel wieder ein, dass Bain ihren Mangel an Unvoreingenommenheit moniert hatte), Zeuge gewesen war, wie Siobhan den Zettel an sich genommen hatte? Vielleicht... Der Gedanke ließ sie erschaudern. Allerdings war die Beerdigung in sämtlichen Medien groß angekündigt worden. Durchaus möglich, dass Quizmaster auf diese Weise davon erfahren hatte. Außerdem gab es im näheren Umkreis von Junipers nur diesen einen Friedhof; und da hatte es nahe gelegen, anzunehmen, dass man Flip dort bestatten würde.
    Nur dass nichts von alledem wirklich erklärte, weshalb Siobhan sich so verhielt, wie sie es tat, und sich allein einer solchen Gefahr aussetzte. Sie unternahm im Grunde genommen genau einen jener Alleingänge, die sie Rebus so oft vorgehalten hatte. Vielleicht verdankte sie den entscheidenden Anstoß aber auch Grant, jenem Grant, der sich in seinen eleganten Anzügen und mit seiner künstlichen Sonnenbräune als echter »Gruppenspieler« gezeigt und die Polizei als Pressesprecher glänzend verkauft hatte.
    Genau auf dieses Spiel wollte sie sich aber unter gar keinen Umständen einlassen.
    Natürlich hatte sie sich auch früher schon hier und da kleinere Freiheiten genommen, doch damit hatte es dann auch sein Bewenden gehabt. Mitunter ein kleiner Verstoß gegen die Vorschriften, nichts Gravierendes, nichts wirklich Karriereschädigendes, und dann war sie jedes Mal wieder ins Glied zurückgekehrt. Nein, sie war, anders als Rebus, keine geborene Außenseiterin, trotzdem fühlte sie sich auf seiner Seite des Zaunes deutlich wohler, wollte nicht so werden wie Grant oder Derek Linford, die ständig nur taktierten und sich bei den Vorgesetzten, Leuten wie Colin Carswell, anbiederten.
    Eine Zeit lang hatte sie gehofft, sich Gill Templer zum Vorbild nehmen zu können, doch inzwischen war Gill genau wie all die anderen. Sie kannte auch bloß ihre eigenen Interessen und sonst nichts. Gill hatte sich schon fast auf das Niveau eines Carswell begeben und gelernt, ihre Gefühle sorgfältig unter Verschluss zu halten.
    Sollte diese Art der Selbstverleugnung eine unverzichtbare Voraussetzung des beruflichen Erfolgs sein, dann wollte Siobhan lieber darauf verzichten. Das war ihr auch schon klar gewesen, als Gill sich damals bei dem Essen im Hadrian's in allerlei Andeutungen ergangen hatte.
    Möglich, dass sie sich hier draußen genau das beweisen wollte: dass sie allein zurechtkam. Vielleicht ging es ihr in Wahrheit nicht mal so sehr um das Spiel oder um Quizmaster, sondern einzig um sich selbst.
    Sie setzte sich im Auto so, dass sie den Laptop direkt vor sich hatte. Das Gerät war schon online, seit Siobhan in den Wagen gestiegen war. Keine neuen Nachrichten, also fing sie selbst an zu tippen:
    Erscheine zur vereinbarten Zeit am vereinbarten Ort. Siobhan.
    Sie klickte auf »Senden«.
    Dann fuhr sie den Laptop herunter, zog das Verbindungskabel aus dem Computer und schaltete das Handy aus. Die Batterie musste sowieso mal wieder aufgeladen werden. Sie verstaute beides unter dem Beifahrersitz und sorgte dafür, dass die Geräte von außen nicht zu sehen waren: Sie musste die Leute ja nicht gerade dazu animieren, den Wagen aufzubrechen. Dann stieg sie aus und vergewisserte sich, dass alle Türen abgeschlossen waren und das kleine rote Kontrolllämpchen der Alarmanlage ordnungsgemäß blinkte.
    Noch knapp zwei Stunden bis zu dem Treffen; blieb ihr also noch etwas Zeit, die es totzuschlagen galt. Jean Burchill hatte mehrmals versucht, Professor Devlin anzurufen, ihn allerdings nicht erreicht. Deshalb verfasste sie schließlich ein kurzes Schreiben, in dem sie ihn bat, sich bei ihr zu melden, und beschloss, es persönlich bei ihm vorbeizubringen. Im Taxi dachte sie darüber nach, wieso sie es so eilig hatte, und es wurde ihr klar, dass sie einfach keine Lust mehr hatte, sich noch länger mit diesem Kennet Lovell zu beschäftigen. Tagsüber raubte der Mann ihr bloß ihre Zeit, und vergangene Nacht hatte sie sogar von ihm geträumt: hatte gesehen, wie er an Leichen herumschnippelte und unter dem Fleisch sorgfältig gehobelte Bretter zum Vorschein brachte, während ihre Arbeitskollegen zugeschaut und applaudiert hatten und die Vorführung sich in eine Art Bühnenshow verwandelte.
    Wenn sie mit ihrer Lovell-Recherche vorwärts kommen wollte, brauchte sie unbedingt einen Beweis dafür, dass der Mann sich wirklich als Amateurtischler betätigt hatte. Ohne einen solchen Beleg war sie mit ihrem Latein am Ende.

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